Die Kleinbürger. Оноре де Бальзак

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Die Kleinbürger - Оноре де Бальзак

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sowohl wegen des Hauses, als auch wegen der Stellung des Herrn Bürgermeisters.

      Das große, zwischen Vorhof und Garten gelegene Wohnhaus zeichnete sich durch den gleichzeitig zierlichen und vornehmen Stil Ludwigs XIII. aus, der so eigenartig zwischen dem Ende der entarteten Renaissance und der Großartigkeit des frühen Stils Ludwig XIV. steht. Man sieht diesen Übergangsstil bei vielen Monumentalbauten. Das mächtige Ornament der Fassaden wie das an der Sorbonne, die nach den Regeln der griechischen Ordnungen hergestellten Säulen erscheinen zuerst bei diesen Bauwerken.

      Ein ehemaliger Kleinhändler, ein erfolgreicher Schwindler, war der Nachfolger des kirchlichen Leiters einer Institution geworden, die einstmals das Economat genannt wurde, und die der Generalverwaltung des alten französischen Klerus unterstand, eine Gründung, die dem weitblickenden Genius Richelieus zu verdanken war. Der Name Thuillier öffnete diesem die Türen des Salons, in dem auf rotem Sammet mit Goldverzierungen inmitten kostbarer Chinoiserieen die arme Frau thronte, die mit ihrem ganzen Gewicht schwer auf der Brust der Prinzen und Prinzessinnen bei den populären Bällen im Schlosse lastete.

      »Gibt das nicht der ›Karikatur‹ recht?« sagte eines Tages lächelnd eine Hofdame zu einer Herzogin, die einen Lachausbruch nicht zurückhalten konnte, als sie die aufgedonnerte Zélie erblickte, die mit Diamanten beladen, rot wie eine Klatschrose und in ein golddurchwirktes Kleid eingeschnürt, vorwärts rollte, wie eine Tonne in ihrem früheren Laden.

      »Werden Sie mir vergeben können, schönste Frau,« sagte Thuillier, der sich heranschlängelte und dann die Pose Numero zwei seines Repertoirs von 1817 annahm, »dass ich diese Einladung auf meinem Schreibtisch liegen ließ, im Glauben, sie sei schon abgesandt? ... Sie war zu heute abend; komme ich etwa schon zu spät ...?«

      Zélie sah ihren Mann an, der herantrat, um Thuillier zu begrüßen, und antwortete dann:

      »Wir wollen eigentlich einen Landsitz besichtigen und dann ›auf gut Glück‹ in einem Restaurant speisen, aber wir werden darauf verzichten, und zwar um so lieber, als es, meiner Meinung nach, scheußlich gewöhnlich ist, am Sonntag aus Paris wegzufahren.«

      »Wir wollen einen kleinen Tanz mit Klavierbegleitung für die Jugend veranstalten, wenn wir zahlreich genug sein werden, was ich annehme; ich habe die Zusage von Phellion, dessen Frau mit Frau Prou befreundet ist, dem Nachfolger ...« »Der Nachfolgerin« unterbrach ihn Frau Minard. »Ach gewiss!« erwiderte Thuillier, »es ist ja die Nachfolgerin, wie man Frau Bürgermeisterin sagt, des Fräuleins Lagrave, einer geborenen Barniol.« »Muss man Toilette machen?« fragte Frau Minard. »Aber nicht doch!« rief Thuillier aus, »meine Schwester würde schön mit mir schelten. Nein, nein, wir sind ja in Familie! Zur Zeit des Kaiserreichs, gnädige Frau, lernte man sich beim Tanzen kennen ... In dieser großen Zeit stellte man einen guten Tänzer ebenso hoch, wie einen guten Soldaten ... Heutzutage legt man mehr Wert auf das Materielle ...«

      »Sprechen wir nicht über Politik«, sagte der Bürgermeister lächelnd. »Der König ist ein großer Mann, ich bin ein Bewunderer unsrer Zeit und der Verfassung, die wir uns gegeben haben. Der König weiß übrigens recht gut, was er tut, wenn er die Industrie sich entwickeln lässt: er kämpfte Leib an Leib mit England, und wir schädigen dieses mehr durch unsern fruchtbringenden Frieden, als es die Kriege der Kaiserzeit getan haben ...«

      »Was für einen Deputierten würde Minard abgeben!« rief Zélie naiv aus; »er übt sich vor uns im Reden, und Sie werden uns bei der Wahl unterstützen, nicht wahr, Thuillier?«

      »Sprechen wir nicht über Politik«, entgegnete Thuillier; »wir erwarten Sie um fünf Uhr ...« »Kommt der kleine Vinet auch?« fragte Minard; »der war doch sicher Celestes wegen erschienen.« »Der kann schon Trauer anlegen«, erwiderte Thuillier; »Brigitte will von ihm überhaupt nicht reden hören.«

      Zélie und Minard wechselten einen Blick voller Zufriedenheit.

      »Wenn man bedenkt, dass man sich unsres Sohnes wegen mit solchen Leuten gemein machen muss!« rief Zélie aus, als Thuillier, den der Bürgermeister hinausbegleitet hatte, auf der Treppe war. ›Ach, du willst Deputierter werden!‹ sagte Thuillier zu sich, als er die Treppe hinunter ging. ›Mit nichts haben diese Krämer genug! Mein Gott, was würde Napoleon sagen, wenn er die Regierung in den Händen dieser Leute sähe! ... Ich, ich bin doch wenigstens Verwaltungsbeamter! ... Was ist das für ein Konkurrent! Was wohl la Peyrade dazu sagen wird!‹

      Der ehrgeizige Vizechef lud noch die Familie Laudigeois zum Abend ein und begab sich dann zu Colleville, um zu bitten, dass Celeste recht hübsche Toilette mache. Er fand Flavia ziemlich nachdenklich vor; sie zögerte mit der Zusage, aber Thuillier besiegte ihre Unentschlossenheit.

      »Meine liebe alte und immer noch junge Freundin,« sagte er und fasste sie um die Taille, denn sie waren allein im Zimmer, »ich will kein Geheimnis vor Ihnen haben. Es handelt sich für mich um eine schwerwiegende Sache ... Ich will nicht mehr sagen, ich kann Sie nur bitten, ganz besonders liebenswürdig zu sein gegen einen jungen Mann ...«

      »Gegen wen denn?«

      »Gegen den jungen la Peyrade.«

      »Und weshalb, Karl?«

      »Mein Schicksal liegt in seiner Hand, und im übrigen ist er ein genialer Mensch. Oh, ich verstehe mich darauf ... Er hat so etwas!« sagte Thuillier und machte dabei die Bewegung eines Zahnarztes, der einen Backzahn auszieht. »Man muss ihn an uns fesseln, Flavia! ... Aber wir dürfen ihn durchaus nichts merken lassen und ihm nicht verraten, was für eine Macht wir ihm zutrauen ... Ich werde ihm gegenüber nach dem Grundsatz handeln: Zug um Zug.«

      »Soll ich also ein bisschen mit ihm kokettieren?«

      »Ja, aber nicht zu sehr, mein Engel«, erwiderte Thuillier mit geckenhafter Miene.

      Und er entfernte sich, ohne zu merken, in welches Erstaunen Flavia versetzt worden war.

      ›Er ist eine Macht, dieser junge Mensch,‹ sagte sie sich. ›Nun, wir wollen abwarten.‹

      Sie legte also ihren Haarschmuck von Marabufedern an und ihr hübsches grau- und rosafarbenes Kleid, das ihre zarten Schultern unter der schwarzen Mantille sehen ließ, und sorgte dafür, dass Celeste ihr kurzes seidenes Kleid mit einem Brustschleier und einer Halskrause in breiten Falten anzog, und machte ihr eine Frisur à la Berthe. Um viereinhalb Uhr war Theodosius schon auf dem Posten; er hatte eine nichtssagende, beinahe untertänige Miene aufgesetzt und redete mit süßer Stimme, als er zunächst mit Thuillier in den Garten ging.

      »Mein lieber Freund, ich habe keinen Zweifel, dass Sie siegen werden, aber ich empfinde das Bedürfnis, Ihnen nochmals tiefstes Stillschweigen anzuempfehlen. Wenn man Sie heute abend irgend etwas fragt, besonders in bezug auf Celeste, so geben Sie ausweichende Antworten und lassen Sie den Frager im Ungewissen, das müssen Sie ja damals im Büro gelernt haben.«

      »Einverstanden!« sagte Thuillier. »Aber wissen Sie irgend etwas Bestimmtes?«

      »Sie werden schon sehen, was ich Ihnen für einen Nachtisch zurechtgemacht habe. Seien Sie vor allem recht anspruchslos. Da kommen die Minards, die muss ich mir kaufen ... Führen Sie sie hierher, und dann verschwinden Sie.«

      Nach den Begrüßungen gab sich la Peyrade Mühe, neben dem Herrn Bürgermeister zu bleiben; und in einem geeigneten Moment nahm er ihn beiseite und sagte zu ihm:

      »Herr Bürgermeister, ein Mann von Ihrer politischen Bedeutung kommt nicht hierher, um sich zu langweilen, wenn er nicht eine Absicht dabei hat; ich maße mir kein Urteil über Ihre Beweggründe an, wozu ich auch nicht das geringste Recht hätte, und es ist nicht meine Aufgabe hier, mich in die Angelegenheiten der

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