Klienten kennenlernen – Diagnosen dynamisch utilisieren. Krzysztof Klajs

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Klienten kennenlernen – Diagnosen dynamisch utilisieren - Krzysztof Klajs Hypnose und Hypnotherapie

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erklärte Herr B., sie seien nicht zufrieden, da sich die Therapie nicht damit befasse, womit sie sich eigentlich befassen sollte, nämlich, das aggressive Verhalten der Kinder zu ändern. Die Therapeutin schlug vor, über eine Familientherapie nachzudenken, bei der man das Verhalten der Kinder besser berücksichtigen könne. Energisch bestand Herr B. darauf, seine Frau stimmte schweigend zu. Sie begaben sich zur nächsten Spezialistin, diesmal gemeinsam mit den Kindern. Nach drei Sitzungen war für die Familientherapeutin klar, dass das Verhalten der Kinder nicht von der Entwicklungsnorm abwich und dass das, was der Vater als unerträgliche Aggression beschrieben hatte, ein gemäßigter Ausdruck von rebellischem Verhalten war, typisch für das Alter des Sohnes.

      Die Kinder waren beliebt und hatten Freunde. Sie zeigten recht gute schulische Leistungen und seitens der Schule gab es keinerlei Beanstandungen. Im Verhalten der Kinder gab es nichts, was einer Veränderung bedurfte. Herr B., der sich als Ehemann über seine Frau und als Vater über seine Kinder beklagt hatte, war nach fast zehn Sitzungen bei drei verschiedenen Therapeuten genauso unzufrieden, wie während der ersten Sitzung seiner Einzeltherapie. Aufgrund seiner Tendenz, seine Aufmerksamkeit nach außen zu richteten, war er auch mit allen weiteren Therapeuten unzufrieden.

      In der Paartherapie haben wir es häufig damit zu tun, dass die Aufmerksamkeit beider Partner nach außen (auf den Partner) gerichtet ist. Therapiesitzungen mit solchen Paaren sind für gewöhnlich konfliktgeladen und schwierig. Die Partner beschuldigen sich gegenseitig und schieben sich die Verantwortung zu. Die Anspannung und die intensiven Emotionen führen zu einer schnellen Eskalation, wobei sich beide Partner gegenseitig aufputschen. Erkennt der Therapeut rechtzeitig die betreffende Kategorie, kann er die Aufmerksamkeit beider Personen nach innen lenken und somit verhindern, dass der Konflikt während der Therapie eskaliert. Der Mann trinkt, weil seine Frau jeden seiner Schritte kontrolliert und dadurch solch unerträglichen Stress erzeugt, dass es nicht zum Aushalten ist. Die Frau kontrolliert ihren Mann deshalb, weil er trinkt und sie ihn demzufolge nicht aus den Augen lassen kann. Der Mann betrügt seine Frau, weil sie gefühlskalt ist, sie hingegen ist gefühlskalt, weil er sie betrügt. Solch typische Situationen sind Ausdruck davon, dass beide Partner ihre Aufmerksamkeit nach außen richten.

      In einem Aphorismus von Julian Tuwim (2011) wird eine Person, die ihre Aufmerksamkeit nach außen richtet, sehr treffend beschrieben: »Ein Mann steht für gewöhnlich sehr lange unter dem Eindruck, den er auf eine Frau gemacht hat.«

      Aufmerksamkeit, die nach außen gerichtet ist, lässt sich auch bei Personen beobachten, die von ihrer Umgebung völliges Verständnis, Fürsorge oder Unterordnung verlangen. Eine nach innen gerichtete Aufmerksamkeit ist wiederum mit Selbstbeschuldigungen und einem übersteigerten Schuldgefühl verbunden, was häufig bei Depressionen auftritt. Diese Ausrichtung der Aufmerksamkeit ist auch charakteristisch für Personen mit Anorexie, die sich intensiv auf ihren Körper und vor allem auf dessen Aussehen konzentrieren, dem sie eine gewaltige Bedeutung beimessen, bis hin zu einer übersteigerten Wertigkeit.

      Die Richtung der Aufmerksamkeit – nach außen oder nach innen – ist eine häufig angewendete diagnostische Kategorie und stellt einen klare Hinweis für die Behandlungsstrategie sowie für den Aufbau von Suggestion und Hypnoseinduktion dar. Einer Person, deren Aufmerksamkeit nach innen gerichtet ist, und die demzufolge mehr auf sich selbst als auf andere hört, wird es viel leichter fallen, mit dem Therapeuten zusammenzuarbeiten, wenn er vorwiegend indirekte Botschaften oder Metaphern verwendet. In diesem Fall hilft es auch, wenn sich der Therapeut auf die individuellen Erfahrungen des Klienten beruft. Personen, deren Aufmerksamkeit nach außen gerichtet ist, reagieren dagegen besser auf direkte Botschaften. Erickson betonte, wichtig es sei, ganz genau zu beobachten, in welcher Weise eine Person darauf reagiert, was andere Menschen sagen. Er bezeichnete das als »reaktionsbereite« Aufmerksamkeit (»response attentivenesse«, vgl. Rossi, Erickson-Klein a. Rossi 2010e, p. 16).

      Die Aufmerksamkeit des Klienten kann darüber hinaus als fokussiert oder zerstreut, linear oder mosaikartig bezeichnet werden. Eine mosaikartige Aufmerksamkeit bedeutet, dass die Wirklichkeit aus Elementen zusammengesetzt wird, die gar nicht zueinander zu passen scheinen, was typisch für die Phase der Adoleszenz ist. In dieser Phase ist die Aufmerksamkeit stark nach außen gerichtet, weshalb auf Kränkungen seitens Gleichaltriger so empfindlich reagiert wird, die Meinung des Umfelds und die Position in der Gruppe so wichtig sind und die starke Überzeugung herrscht, Aussehen und Verhalten des Heranwachsenden wären für seine Umgebung von großer Bedeutung.

       2.3Das Verarbeiten von Ereignissen

      Diese Kategorie beschreibt, wie ein Individuum sich seine eigene und einzigartige innere Landkarte erstellt, die es dann im täglichen Leben nutzt. Sie lässt sich auf drei Ebenen beschreiben, die sich auf das Verarbeiten von Ereignissen beziehen:

      •Ereignisse erschaffen

      •Ereignisse verzerren (distorting)

      •Ereignisse ausblenden, ignorieren (deleting)

      Eine Person, die Ereignisse erschafft, ist beispielsweise ein Klient mit Angststörung. Der depressive Klient ignoriert (reduziert) Ereignisse und ein Klient mit der Diagnose Borderline tendiert dazu, Ereignisse zu verzerren.

      Die Wirklichkeit verzerrt wahrzunehmen ist auch typisch für Personen mit Essstörungen. Die meisten Personen mit Anorexie nehmen ihren Körper als schwerer und massiver wahr, als er es in Wirklichkeit ist, was sich entweder auf die gesamte Figur oder aber auf einzelne Körperregionen wie Oberschenkel, Po, Taille oder Bauch bezieht. Das ist aber nicht die einzige Dimension, in der sie die Wirklichkeit verzerrt wahrnehmen. Die Aufmerksamkeit dieser Personen lässt sich als gleichzeitig nach innen und nach außen gerichtet beschreiben. Sie ist nach innen gerichtet – so lässt sich das übermäßige Interesse am Aussehen des eigenen Körpers verstehen. Gleichzeitig aber ist die Aufmerksamkeit nach außen gerichtet, was bedeutet, dass diese Personen ihren Körper als etwas Getrenntes wahrnehmen, das im Konflikt mit der Psyche steht oder dieser zu Diensten sein soll und irgendwie außerhalb der Struktur des »Ich« existiert. Der Körper hat zur Verfügung zu stehen und seine Funktion ordentlich zu erfüllen. Er soll Blicke anziehen, Bewunderung hervorrufen oder Besorgnis erregen, abstoßen oder schützen, kann Rebellion oder Konkurrenz ausdrücken (Rojek i Opoczyńska-Morasiewicz 2014). Manchmal hört der Körper auf die Psyche, und manchmal rebelliert er, dann soll die Psyche auf den Körper hören. In der Wahrnehmung von Personen mit Anorexie aber ist der Körper unanfechtbar, sowohl nach außen als auch nach innen. Das bezeichnen wir als Trancelogik, die innere Logik steht in offenkundigem Widerspruch zur kartesischen Logik. Etwas ist so, aber gleichzeitig auch genau andersherum, was natürlich nicht möglich ist, aber eben subjektiv genau so wahrgenommen wird.

       2.4Trancelogik

      Diese Form der Verzerrung von Wirklichkeit erfahren Personen in Trance häufig. Praktizierende der klassischen Hypnose definierten dieses Phänomen als ein grundlegendes Merkmal von Trance. Trancelogik bedeutet, dass eine Person die Fähigkeit besitzt, logische Ungereimtheiten zu tolerieren, die außerhalb dieses besonderen Bewusstseinszustandes nicht akzeptabel wären. Personen, die sich in diesem Bewusstseinszustand befinden, nehmen solche Ungereimtheiten nicht einmal wahr (Lynn a. Rhue 1991). Einige Zitate, die Trancelogik beinhalten, sind in die Umgangssprache übergegangen: »Ich bin nicht abergläubisch, das bringt nur Unglück« oder »Ich mag keinem Club angehören, der mich als Mitglied aufnimmt«. In diesen Sätzen sind genau solche logischen Ungereimtheiten zu erkennen. Personen, die unter Zwängen leiden, wissen genau, dass die Tür, nachdem sie sie sieben Mal kontrolliert haben, nicht besser verschlossen ist, als nach der sechsten Kontrolle. Trotzdem wird noch einmal kontrolliert. Viele Klienten verweilen über Jahre hinweg in der symptomatischen Wahrnehmung der eigenen Trancelogik. Das ist einer von vielen Gründen, die Hypnose und deren

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