Attentäter Null. Джек Марс
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Doch Eines war ganz klar: Saras Problem war schlimmer, als Maya bemerkt hatte. Sie dachte, dass ihre jüngere Schwester nur ein wenig experimentiert hatte, und dass die Beinahe-Überdosis an Pillen nur ein Unfall war. Doch das Gegenteil war der Fall. Sara war eine genesende Süchtige. Und es gab nichts, was Maya tun konnte, um ihr zu helfen. Sie wusste nichts über Abhängigkeiten.
Doch stimmt das wirklich?
Sie erinnerte sich plötzlich an eine Nacht, etwa zwei Wochen zuvor, als sie ihre Zimmerpartnerin geweckt hatte, weil sie um ein Uhr nachts aus dem Fitnessstudio kam. Die verärgerte Kadettin hatte ihr halb schlafend etwas zugemurmelt, das wie ,Fitness Junkie’ klang. Und dann war Maya noch eine weitere Stunde wachgeblieben, um zu lernen, nur damit sie um sechs Uhr morgens joggen gehen konnte.
Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr wurde sie sich bewusst, dass sie sehr wohl über Abhängigkeit Bescheid wusste. War sie nicht davon abhängig, sich zu beweisen? Hatte sie nicht ihren Rausch in ihrem eigenen Erfolg gefunden?
Und ihr Vater war trotz des ganzen Tumults der letzten zwei Jahre wieder zu seinem Beruf zurückgekehrt. Sara vermisste den chemischen Rausch, sowie Maya Erfolg brauchte und ihr Vater den Nervenkitzel der Jagd suchte - vielleicht waren sie einfach nur eine Familie voller Abhängiger.
Aber Sara ist die Einzige, die es zugegeben hat. Vielleicht ist sie die Klügste von uns allen.
„Hey.” Maya lehnte sich zu ihr herüber und legte ihre Hand auf Saras. „Du kannst das schaffen. Du bist stärker, als du glaubst. Und ich glaube an dich.”
Sara lächelte halb. „Da bin ich aber froh, dass einer das tut.”
„Ich rede mit Papa”, bot Maya ihr an. „Mal sehen, ob er sich nicht ein bisschen entspannt, dir etwas Freiraum gibt -”
„Nein,” unterbrach sie Sara. „Papa ist nicht das Problem. Er geht toll mit mir um, vielleicht viel besser, als ich es verdient habe.” Ihr Blick schweifte über den Boden. „Ich bin das Problem. Weil ich ganz genau weiß, dass wenn ich hundert Dollar in der Tasche hätte und hinkönnte, wo ich wollte, er mich wieder abholen müsste. Und das nächste Mal kommt er vielleicht nicht rechtzeitig an.”
Mayas Herz brach, als sie offensichtliche Qual in den Augen ihrer Schwester bemerkte und wusste, dass es nichts gab, was sie tun könnte, um zu helfen. Sie hatte nur leere Worte der Ermutigung, die bedeutungslos waren, um ihre Probleme zu lösen.
Plötzlich fühlte sie sich ganz fehl am Platz in dieser fremden Küche. Sie hatten zusammen so viel durchgestanden. Aufgewachsen. Um ihre Mutter getrauert. Ihren Vater entdeckt. Familienurlaub und Flucht vor Mördern. Die Art von Dingen, von denen man annahm, dass sie zwei Menschen einander näherbrachten, eine unzerbrechliche Verbindung schafften, hatten stattdessen die leere Stille erzeugt, die sich in dem Raum zwischen ihnen aufblähte.
Würde es jetzt immer so sein? Würde das Mädchen vor ihr immer unerkennbarer werden, bis sie nur noch Fremde waren, die zufällig verwandt waren?
Maya wollte etwas sagen, irgendwas, um sich davon zu überzeugen, das sie falsch lag. Sich gemeinsam an einen glücklichen Moment erinnern. Oder sie Mäuschen nennen, ihren Spitznamen aus der Kindheit, den sie wer weiß wie lange schon nicht mehr benutzt hatte.
Bevor sie überhaupt etwas sagen konnte, rasselte der Türknauf hinter ihnen. Maya drehte sich um, als die Tür aufging, ihre Hände ballten sich instinktiv zu Fäusten an ihrer Seite. Ihre Nerven spannten sich immer noch an, wenn es um unerwartete Eindringlinge ging.
Doch es war kein Eindringling. Es war ihr Vater, der zwei Einkaufstaschen trug und scheinbar vorsichtige Schritte in die Küche tat, als er sie sah.
„Hallo.”
„Hallo Papa.”
Er stellte die Einkaufstaschen auf den Boden und ging einen Schritt auf sie zu, öffnete die Arme, doch hielt dann inne. „Darf ich...?”
Sie nickte einmal und er legte seine Arme um sie. Es war zuerst eine zögerliche Umarmung - doch dann bemerkte Maya seltsamerweise, dass er immer noch genauso roch. Es war ein überwältigend nostalgischer Duft, ein Duft aus ihrer Kindheit, der nach tausend weiteren Umarmungen roch. Und vielleicht war sie älter und vielleicht sah Sara anders aus, vielleicht war sie sich immer noch nicht ganz sicher, wer ihr Vater war und vielleicht standen sie an einem neuen Ort, den sie Zuhause nennen sollte, doch in diesem einen Moment fühlte sich nichts davon wichtig an. Der Moment fühlte sich an wie Zuhause und sie lehnte sich an ihn, drückte ihn fest an sich.
*
Maya zog die Glasschiebetür am Ende der Wohnung auf und sich einen Kapuzenpulli an, um sich vor der kühlen Nachtluft zu schützen. Die Wohnung hatte keinen Garten, aber es gab eine kleine Veranda, die mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen ausgestattet war.
Ihr Vater saß in einem von ihnen, nippte an einem Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Maya setzte sich auf den anderen und bemerkte, wie klar die Nacht war.
„Schläft Sara?” fragte er.
Maya nickte. „Sie ist auf der Couch eingedöst.”
„Das macht sie in letzter Zeit viel”, sagte er besorgt, „schlafen, meine ich.”
Sie erzwang ein kleines Lachen. „Sie hat schon immer viel geschlafen. Ich würde mir darüber nicht so viele Sorgen machen.” Sie zeigte auf das Glas in seiner Hand. „Bier?”
„Eistee.” Er grinste verlegen. „Seitdem ich wieder bei der Arbeit bin, trinke ich nicht mehr.”
„Und wie läuft es?”
„Nicht schlecht”, gab er zu. „Ich war in letzter Zeit bei keinen Einsätzen, weil ich mich um Sara kümmere und immer noch trainiere.”
„Ich wollte schon erwähnen, dass du abgenommen hast. Du siehst besser aus als...”
Als das letzte Mal, an dem ich dich sah, wollte Maya sagen, doch hielt sich zurück, da sie nicht die Erinnerung an diesen Besuch heraufbeschwören wollte, als sie Greg mitgebracht hatte, wütend wurde, hinausstürmte, ihn dort hinterließ und ihrem Vater sagte, dass sie ihn nie wieder sehen wollte.
„Danke”, sagte er schnell und dachte offensichtlich dasselbe. „Alles OK mit der Akademie?”
Sie hatte es ihm schon zuvor beim Abendessen erzählt, doch es schien, als ob er ihr nicht ganz glaubte - und sie erinnerte sich daran, dass es ein Teil seiner Arbeit war, Leute lesen zu können. Es hatte keinen Sinn, ihn anzulügen, doch das bedeutete nicht, dass sie alles erzählen musste.
„Ich möchte eigentlich nicht über die Akademie reden”, antwortete sie ihm gerade heraus. Sie wollte nicht darüber reden, wie manchmal Dinge aus ihrem Schließfach verschwanden. Oder wie Jungs ihr gemeine Sachen über den Innenhof zuriefen. Oder dass sie nicht das Gefühl loswerden konnte, dass dies erst der Anfang der Schikanen war. Dass je mehr sie versuchte, sie zu ignorieren, die Jungs bei West Point weitermachen würden.
„In Ordnung.” Ihr Vater räusperte sich. „Äh, es gibt da allerdings etwas, das ich erwähnen möchte. Ich hätte dich