Heidi. Johanna Spyri

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Heidi - Johanna Spyri

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ist jetzt acht Jahre alt und kann nichts und weiß nichts, und du willst es in keine Schule und in keine Kirche schicken, das haben sie mir gesagt unten im Dörfli, und es ist meiner einzigen Schwester Kind. Ich hab’ es zu verantworten.“

      „Schweig!“ donnerte der Öhi. „Nimm’s und verdirb’s! Komm mir nie mehr vor die Augen mit ihm, ich will’s nie sehen mit dem Federhut auf dem Kopf und Worten im Mund wie dich heut’!“ Der Öhi ging mit großen Schritten zur Tür hinaus.

      „Du hast den Großvater bös gemacht“, sagte Heidi und blitzte mit seinen schwarzen Augen die Tante wenig freundlich an.

      „Er wird schon wieder gut, komm jetzt“, drängte die Dete,

      „Ich komme nicht“, sagte Heidi.

      „Was sagst du?“, fuhr die Dete auf. „Sei doch nicht so dumm und störrisch wie eine Geiß! Du hast’s gehört, dass der Öhi gesagt hat, wir sollen ihm nicht mehr vor die Augen kommen, er will es nun haben, dass du mit mir gehst.“

      „Kann ich auf der Stelle wieder umkehren und heimkommen Heut’ Abend?“, fragte Heidi.

      „Du kannst wieder heim, wann du willst. Heut’ gehen wir bis nach Mayenfeld hinunter, und morgen früh sitzen wir in der Eisenbahn, und mit der bist du nachher im Augenblick wieder daheim, das geht wie geflogen.“ Die Dete hatte Heidi an die Hand genommen; so gingen sie den Berg hinunter.

      An der Geißenpeterhütte sagte Heidi bestimmt: „Ich muss der Großmutter Bescheid geben, damit sie nicht auf mich wartet.“

      Aber gerade das wollte die Base nicht und beschwichtigte das Kind, es sollte jetzt nur schnell kommen, dass sie nicht noch zu spät kämen. Es könnte ja dann sehen, wie es ihm gefallen werde in Frankfurt, so dass es gar nie mehr fort wolle von dort. Und wenn es doch heim wolle, so könne es ja gleich gehen und dann erst noch der Großmutter etwas mit heimbringen, was sie freue. Das war eine Aussicht für Heidi, die ihm gefiel. Ohne Widerstreben ging es nun mit.

      „Was kann ich der Großmutter heimbringen?“, fragte es nach einer Weile.

      „Etwas Gutes“, sagte die Tante, „so schöne, weiche Weißbrötchen, da wird sie Freud’ haben daran; sie kann ja doch das harte, schwarze Brot fast nicht mehr essen.“

      „Ja, sie gibt es immer wieder dem Peter und sagt: ‚Es ist mir zu hart’; das habe ich selber gesehen“, bestätigt das Heidi. „So wollen wir geschwind gehen, dann kommen wir vielleicht heut’ noch nach Frankfurt, dass ich bald wieder da bin mit den Brötchen.“

      Heidi fing nun so zu rennen an, dass die Base mit ihrem Bündel auf dem Arm fast nicht mehr nachkam. Aber sie war sehr froh, dass es so rasch ging.

      Jetzt begann die blinde Großmutter ihre Tage wieder mit Seufzen, und nicht einer verstrich, an dem sie nicht klagend sagte: „Ach, mit dem Kind ist alles Gute und alle Freude von uns genommen, und die Tage sind so leer! Wenn ich nur noch einmal das Heidi hören könnte eh’ ich sterben muss!“

      Im Hause Sesemann in Frankfurt saß das kranke Töchterlein in dem bequemen Rollstuhl. Klara hatte ein blasses, schmales Gesichtchen, aus dem blaue Augen herausschauten, die in diesem Augenblick auf die große Wanduhr gerichtet waren. Mit ziemlicher Ungeduld in der Stimme fragte das Mädchen: „Ist es denn immer noch nicht Zeit, Fräulein Rottenmeier?“

      Fräulein Rottenmeier führte schon seit mehreren Jahren die Wirtschaft und hatte die Oberaufsicht über das ganze Dienstpersonal Herr Sesemann und Frau waren als Künstler auf Reisen, überließen daher dem Fräulein Rottenmeier das ganze Haus, nur mit der Bedingung, dass das Töchterchen in allem eine Stimme haben solle und nichts gegen dessen Wunsch geschehen dürfe.

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