Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 39
»Hat Ihr Besuch einen besonderen Grund?«
Sebastian nickte.
»So könnte man sagen. Ich bin in einer besonderen Mission hier.«
»Aber setzen’s sich erst mal«, forderte die Sennerin ihn auf. »Mögen S’ a Glaserl Milch?«
»Gerne, Maria. Herzlichen Dank.«
Im gleichen Augenblick trat Christel über die Schwelle der Sennerhütte. Lächelnd begrüßte sie Sebastian. Allerdings schien das Lächeln mehr erzwungen, als gewollt.
»Nanu, Madel, täusch’ ich mich, oder seh’ ich da einen traurigen Blick in deinen Augen?« fragte Pfarrer Trenker.
Christel setzte sich neben ihn auf die Bank.
»Hat es ’was mit dem Tobias zu tun?«
Das Madel schaute überrascht auf.
»Woher wissen Sie…?«
»Na, woher wohl? Von ihm natürlich«, lachte Sebastian. »Der Tobias hockt d’runten im Tal und schaut genauso traurig wie du.«
»Na, der hat’s g’rad nötig!«
Maria Hornhauser war gerade mit dem Glas Milch herausgekommen und hatte die letzten Worte mitgehört.
»Der Bursch’ hat’s doch faustdick hinter den Ohren«, schimpfte sie.
Sebastian bedankte sich für die Milch.
»Wie meinst’ denn das?« fragte er. »Ich kenne den Tobias nur als ehrlichen und fleißigen Burschen.«
»Der ein Madel wegen eines anderen sitzenläßt, obwohl sie verlobt sind. Von dem Kind ganz zu schweigen.«
»Das Kind? Welches Kind?«
»Jenes, das Lore Inzinger unter ihrem Herzen trägt. Hat der Herr Hofer nix davon gebeichtet?«
Marias Augen sprühten Feuer, während Sebastian ratlos von einer zur anderen sah. Christel schlug die Hände vor ihr Gesicht und schluchzte.
Du lieber Himmel, dachte der Geistliche, was ist denn das für ein Durcheinander?
»Also, wenn das wahr wäre, dann hätte Tobias mir bestimmt davon erzählt«, sagte er. »Er hat mir gesagt, wie sehr er dich liebt und dich vermißt, Christel. Er hat so vieles gesagt, was mich überzeugt, daß der Bursche es absolut ehrlich mit dir meint. Und was die Sache mit der Lore angeht…, da ist das letzte Wort noch net gesprochen.«
Beim Abendessen, das Pfarrer Trenker diesesmal alleine einnahm – Max hatte außerhalb zu tun, und Frau Tappert weilte zu Besuch bei einer Freundin – überdachte Sebastian die ganze Sache. Ihm wurde immer klarer, daß der Schlüssel zu dieser vertrackten Angelegenheit bei Lore Inzinger liegen mußte. Diesen Schlüssel mußte er finden. Er war gespannt auf den Besuch im Hotel ›Zum Hirschen‹.
*
Dr. Wiesinger drückte den Knopf der Gegensprechanlage. Sie war der einzig moderne Einrichtungsgegenstand in der Praxis des Dorfarztes. Toni hatte sie angeschafft, um nicht immer zur Tür laufen zu müssen, wie der verstorbene Arzt es noch getan hatte.
»Frau Brunner, den nächsten Patienten bitte«, sagte er in das Mikrophon.
Die Tür zu seinem Sprechzimmer öffnete sich, und zu Tonis Erstaunen kam Veronika Erbling herein – die gefürchtetste Klatschtante von ganz St. Johann.
Die Witwe Erbling war die Frau des verstorbenen Postbeamten Johann Erbling. Jedermann im Dorfe wußte: Wollte man, daß sich etwas schnell herumsprach, dann brauchte man es nur Vroni Erbling unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertrauen, und konnte sicher sein, daß spätestens einen Tag später das ganze Dorf bestens informiert war.
Toni konnte sich nicht erinnern, die Witwe mehr als zwei-, dreimal in seiner Praxis gesehen zu haben, seit er diese übernommen hatte. Er wußte, daß die Frau zu den besten Kunden des alten Brandhuber gehörte. Als sie ihn aufsuchte, da geschah es auch eher aus Neugier, als daß ihr wirklich etwas gefehlt hätte. Jetzt aber kam sie mit langsamen Schritten und gequältem Gesichtsausdruck herein.
»Grüß’ Gott, Herr Doktor, ich brauche Ihre Hilfe«, begrüßte sie den Arzt.
Toni stand auf und ging ihr entgegen. Stützend führte er sie zu dem Stuhl vor seinem Tisch.
»Grüß’ Gott, Frau Erbling. Was fehlt Ihnen denn?«
Vroni Erbling trug seit dem Tod ihres Mannes – der immerhin schon sechs Jahre zurücklag – nur noch schwarze Kleidung, und ein schwarzer Hut verbarg den größten Teil der schlohweißen Haare. Auf der spitzen Nase saß eine runde Nickelbrille. Dahinter blitzten zwei Augen, mit denen sie den Arzt fixierte.
»Eigentlich wollt’ ich’s von Ihnen wissen«, sagte sie mit einer unangenehm hohen Stimme. »Sie sind doch der Doktor – oder net?«
Toni Wiesinger verkniff sich eine Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag.
»Natürlich, Frau Erbling«, antwortete er statt dessen. »Ich hab’ auch bloß fragen wollen, welcher Art Ihre Beschwerden sind.«
»Der Ischias ist’s. Was denn sonst«, lautete die Antwort. »Ansonsten bin ich kerngesund.«
»Sehen Sie, und genau das kann ich net wissen. Sie kommen ja sonst net in meine Praxis.«
Er setzte sich auf seinen Stuhl und blätterte in einem Karteiordner.
»Tja, ich habe noch gar keine Krankenakte über Sie«, sagte er schließlich. »Also brauch’ ich erstmal ein paar Angaben von Ihnen.«
»Angaben? Was für Angaben?« fuhr die Witwe auf. »Hören S’, Herr Doktor, ich brauch nur eine Salbe, die die Schmerzen lindert. Dafür schreiben S’ mir ein Rezept, und das bezahl’ ich gleich.«
»Bitte sehr, wie Sie wünschen. Ich wußte gar net, daß Sie privat versichert sind.«
»Das ist noch von meinem verstorbenen Gatten«, sagte sie, und hob stolz das Haupt. »Der war nämlich Beamter.«
»Aha«, nickte Toni Wiesinger und schrieb das Rezept aus. »Seit wann haben’S denn die Schmerzen schon? Gewiß net erst seit heut’, oder? Warum kommen S’ denn erst jetzt?«
»Eigentlich hab’ ich ja sonst eine ganz besond’re Salbe, die mir wunderbar hilft. Nur, im Moment, da… na ja, ist ja auch net so wichtig…«
»Sie meinen, der Herr Brandhuber kann im Moment net liefern«, meinte der Arzt und freute sich, daß Vronis Gesicht rot anlief.
Die Witwe nahm das Rezept entgegen und stand auf.
»Ich zahl’s vorn’.«
»Ist recht«, nickte Toni. »Übrigens, ich glaub net, daß die Salbe viel hilft. Wenn’s wirklich der Ischias ist, dann ist da ein wichtiger Nerv betroffen. Da brauchen S’ eine Spritze, viel Wärme und Bettruhe. Aber das