Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Was mochte da noch alles auf St. Johann und seinen Pfarrer zukommen?
*
Mit klopfendem Herzen hielt Richard Anzinger auf dem Parkplatz des Hotels ›Zum Löwen‹ und stieg aus. Er warf einen Blick in die Runde, und was er sah, gefiel ihm. Ein hübsches, kleines Dorf, fernab der Großstadt mit all ihrem Lärm und Hektik. Ruhe und Beschaulichkeit strahlte der Ort aus. Der Kaufmann ging erwartungsvoll durch die Eingangstür.
Auf der Fahrt hierher hatte er sich hundertmal gefragt, wie es sein würde, wenn er ihr gegenüber stand. Würde er es wirklich wagen, sich ihr zu offenbaren?
Richard war Wolfgang unendlich dankbar. Der Freund hatte seine Verbindungen spielen lassen und innerhalb kürzester Zeit den Aufenthaltsort der Sängerin in Erfahrung gebracht. Einem anderen wäre dies wahrscheinlich nie gelungen. Wolfgang Winkler jedoch, der auch in der Musikbranche einen Namen als ›Starfotograf‹, im wahrsten Sinne des Wortes, hatte, kannte genug Leute, die ihm einen Gefallen schuldeten. Und so konnte er einem bis über beide Ohren verliebten Richard Anzinger beim Abendessen im ›Münchener Hof‹, den Ort nennen, wohin die Sängerin sich geflüchtet hatte.
Das junge Madel am Emfang begrüßte ihn freundlich und bestätigte die Zimmerreservierung. Seine Sekretärin Ilse Brandner hatte es gleich am Morgen telefonisch gebucht. Der Hausdiener brachte Richard Anzinger nach oben. Als er sein Zimmer betrat – es hieß ›Enzianzimmer – hatte er keine Ahnung, daß die Frau, die er so sehr anbetete, im Zimmer gegenüber wohnte.
Am liebsten hätte er den Hausdiener sofort nach Maria Devei befragt, doch er unterließ es. Er hoffte darauf, sie beim Abendessen, unten im Restaurant, zu treffen. Zunächst ging er ins Bad und erfrischte sich. Für das Abendessen war es noch zu früh. Richard beschloß, ein wenig auszuruhen.
Später wachte er durch das Klappen einer Tür auf dem Flur auf. Er war also doch eingeschlafen. Seit dem Morgen hatte er nichts mehr gegessen und verspürte allmählich Hunger. Wie er es gewohnt war, zog er sich zum Essen um und ging hinunter ins Restaurant.
Sepp Reisinger begrüßte den neuen Gast und führte ihn an einen freien Tisch. Er stand in einer Ecke, und man konnte von dort aus das ganze Lokal überblicken. Richard ließ sich die Speisekarte bringen, bestellte einen trockenen Sherry als Aperitif, und ließ sich Zeit mit der Auswahl. Schließlich wählte er ein Wildgericht. Während er auf das Essen wartete, ließ er seinen Blick durch das Restaurant schweifen, so wie er es schon beim Betreten getan hatte. Von Maria Devei war nichts zu sehen.
Schade, dachte er. Ob sie vielleicht schon gegessen hat? Vielleicht ließ sie sich die Mahlzeiten ja auch auf dem Zimmer servieren.
Das Essen war köstlich, und Richard ließ es sich schmecken. Allmählich wurde es immer voller, doch die Sängerin war nicht unter den Neuankömmlingen. Um sich abzulenken, hatte Richard in den ausliegenden Zeitschriften geblättert. Es war schon gegen zehn, als er sich erhob. Daß Maria Devei jetzt noch herunterkommen würde, daran glaubte er nicht mehr. Er sollte besser schlafen gehen, der Tag war anstrengend.
Auf dem Treppenabsatz begegnete ihm Sepp Reisinger. Der Wirt trug ein Tablett mit benutztem Geschirr darauf. Er kam von dem Flur, auf dem Richards Zimmer lag.
Sepp trat beiseite, um den Gast durchzulassen, und wünschte eine gute Nacht. Richard nickte ihm freundlich zu.
»Sie haben ja richtig viel zu tun«, sagte er. »Wenn selbst der Chef mit anpacken muß.«
»Das ist eigentlich eine Ausnahme«, antwortete Sepp Resinger.
Er machte ein wichtiges Gesicht und sah sich um, ob ihn womöglich noch jemand hören konnte.
»Wissen S’«, vertraute er dem Kaufmann an, »wir haben da eine bekannte Sängerin bei uns wohnen, die net wünscht, daß dies an die große Glocke gehängt wird. D’rum bedien’ ich selbst.«
»Tatsächlich? Eine bekannte Sängerin, sagen Sie?«
Richard bemühte sich, seiner Stimme einen unbefangenen Klang zu geben, obwohl sein Herz rasend klopfte.
Der Löwenwirt nickte.
»Bestimmt kennen S’ die Dame«, fuhr er fort. »Es ist Maria Devei. Sie wohnt Ihnen gegenüber, im Edelweißzimmer.«
Er entschuldigte sich mit dem Hinweis, unbedingt wieder hinunter zu müssen.
Richard Anzinger stand vor dem Edelweißzimmer und lauschte auf die Geräusche darin. Leise Musik erklang. Er wußte nicht, wie lange er dort gestanden hatte. Am liebsten hätte er angeklopft und Maria in die Arme geschlossen. Aber er wußte natürlich, daß es nicht ging. So blieb ihm nichts anderes übrig, als in sein Zimmer zu gehen und das Bild anzuschauen, das er seit gestern bei sich trug.
*
Toni Wiesinger und Sebastian saßen im Wohnzimmer des Pfarrhauses. Der junge Arzt war eben von einem späten Patientenbesuch gekommen und freute sich darauf, einen Schluck mit dem Geistlichen zu trinken. Pfarrer Trenker brachte das Gespräch auf Valentin Hofthaler und den Verkauf der Mühle.
»Davon weiß ich schon seit ein paar Tagen«, meinte Toni und berichtete von dem Krankenbesuch im Nachbarort.
»Ein unsympathischer Kerl, dieser Herr Hövermann«, sagte er. »Man sieht ihm förmlich an, daß er nur das Geld im Kopf hat. Dazu treibt er einen derartigen Raubbau mit seinem Körper, daß es zum Himmel schreit.
Der Arzt trank von dem ausgezeichneten Roten.
»Wird sich denn der Bau der Diskothek verhindern lassen?« fragte er.
Sebastian Trenker machte ein energisches Gesicht.
»Mit allen Mitteln werd’ ich dagegen ankämpfen. Eine Diskothek ist das letzte, was wir in St. Johann brauchen. Aber, wie ich den Bruckner-Markus kenn’, würd’ ihm so ein Laden gerad’ recht in den Kram passen. Der mit seinen Ideen vom Tourismusboom, der endlich auch hierher kommen müsse!«
Damit hatte der Geistliche ein Thema angeschnitten, das seit geraumer Zeit die Gemüter des kleinen Bergdorfes erhitzte. Bürgermeister Bruckner ließ nichts unversucht, das Fremdenverkehrsgeschäft in St. Johann anzukurbeln. Dabei schoß er oft übers Ziel hinaus. Sehr zum Leidwesen einiger Besonnener, die eher auf sanften Tourismus setzten, der keine gigantischen Hotelneubauten verlangte, oder gefährliche Eingriffe in die Natur. Zu diesen Leuten gehörte vor allem Sebastian Trenker, der oftmals Mühe hatte, die ausufernden Pläne des Bürgermeisters und dessen Fraktion in den Schranken zu halten.
»Also, meine Unterstützung haben S’, Hochwürden«, bekräftigte Toni Wiesinger seinen Standpunkt.
Dann beugte er sich vor.
»Sagen S’, was ist denn an dem Gerücht, daß eine berühmte Sängerin unter uns weilt?« fragte er. »Die Maria Erbling war heut’ morgen in der Praxis. Na, was sie g’wollt hat, können S’ sich denken – nix, außer den neuesen Tratsch verbreiten. Sie hat breit und lang von dieser Künstlerin geredet.«
Sebastian konnte es sich bildlich vorstellen. Maria Erbling war die Witwe des ehemaligen Poststellenleisters, und die gefürchteste Klatschtante von St. Johann. Wollte man eine Neuigkeit schnell unter die Leute bringen, so brauchte man es Maria nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertrauen und konnte sicher sein, daß kurze Zeit