Dr. Daniel Classic 42 – Arztroman. Marie Francoise
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»Nicht schlecht«, urteilte er dabei, und auch die anderen Familienmitglieder schlossen sich seiner Meinung an.
»Also schön«, erklärte der alte Gröber, als er das Blatt wieder in den Händen hielt. »Dann gebe ich die Anzeige gleich noch auf.«
»Das kann ich auch machen«, bot sich Martin an, doch sein Vater winkte ab.
»Der Maxl muß neu beschlagen werden«, meinte er. »Den nehme ich bei der Gelegenheit auch gleich mit hinunter.«
»Weiß der Schmied Bescheid?« fragte Martin, weil er wußte, daß sein Vater es mit rechtzeitigem Anmelden nicht so genau nahm. Irgendwie lebte er eben doch noch in einem anderen Zeitalter, in dem auf feste Termine kein allzu großer Wert gelegt worden war.
»Nein, aber für mich nimmt sich der Bernhuber immer Zeit«, entgegnete der alte Gröber, dann stand er auf und verließ die Stube. Mit kraftvollen Schritten ging er in den Pferdestall hinüber, und dabei hätte ihm niemand seine fünfundsiebzig Jahre angemerkt. Jetzt führte er den stämmigen Haflinger-Wallach Maxl heraus und wandte sich talwärts, denn obwohl mittlerweile eine breite Privatstraße von Steinhausen zum Gröberhof hinaufführte, zog der Bauer den steilen Abstieg vom Kreuzberg immer noch vor. Es war anstrengend, vor allem, weil er das Pferd aus dem schmalen, abschüssigen Weg kurz halten mußte, aber schließlich hatte er es dann doch geschafft.
Er passierte den Parkplatz, der zur Villa des Gynäklologen Dr. Robert Daniel gehörte, dann wollte er den Weg zur Schmiede einschlagen.
»Ja, Gröber-Bauer, finden Sie auch mal wieder nach Steinhausen herunter?« fragte Dr. Daniel, der gerade aus dem Haus trat.
Der alte Gröber blieb stehen und zog am Zügel.
»Brrr, Maxl!« befahl er, dann wandte er sich Dr. Daniel zu und lächelte. »So schön es auf meinem Hof auch ist – gelegentlich muß ich mich eben doch immer mal unter die Leute mischen.«
»Das meine ich aber auch«, bekräftigte Dr. Daniel, dann sah er den Bauern prüfend an. »Glücklich schauen Sie ja nicht gerade aus. Es gibt doch hoffentlich keine Probleme auf dem Hof.«
Der alte Gröber seufzte. »Wie man’s nimmt, Herr Doktor. Wissen Sie, so ein Bergbauernhof will schon bewirtschaftet werden, und gerade in letzter Zeit sind die finanziellen Erträge doch merklich zurückgegangen.«
»Ja, das habe ich schon von verschiedenen Seiten gehört«, stimmte Dr. Daniel zu. »Aber die Familie wird der Gröber-Hof doch sicher ernähren können.«
»Natürlich! Im Moment sind wir auch noch weit von den roten Zahlen entfernt, aber ich will nicht erst bis zum letzten Augenblick warten.« Er seufzte wieder. »Wir haben uns halt jetzt entschlossen, Feriengäste aufzunehmen. Das machen ja schon sehr viele, und ein Urlaub auf dem Bauernhof kommt vor allem bei Familien mit Kindern sehr gut an.«
»Nicht nur das, Gröber-Bauer«, entgegnete Dr. Daniel. »Die Menschen haben den Wert der Natur inzwischen wieder schätzen gelernt. Und gerade unser Steinhausen ist schon eine Reise wert. Wenn Sie nur an die schönen Wanderwege denken und den idyllischen Waldsee.«
Der alte Gröber nickte ohne große Begeisterung. »Das ist ja alles richtig, Herr Doktor, aber zumindest für mich ist es eine arge Umstellung. Wenn ich mir vorstelle, daß Fremde in meinem Hof aus und ein gehen werden. Immerhin gehört mir der Hof schon in der vierten Generation, und unsere Familie war immer allein dort oben.«
Dr. Daniel konnte den Mann gut verstehen. Mit fünfundsiebzig Jahren stellte man sich nicht so einfach auf eine neue Situation ein. Und obwohl Dr. Daniel selbst eigentlich nicht davon betroffen war, ertappte er sich bei dem fast wehmütigen Gedanken, daß es auf dem Gröber-Hof ab jetzt sicher weniger gemütlich sein würde.
*
»So ein Mist«, murmelte Trixi Sägmüller und starrte beinahe verzweifelt auf das Testblättchen, das sich rosa verfärbt hatte. Das bedeutete, daß sie schwanger war – schwanger von einem Mann, mit dem sie sich nur auf ein Abenteuer eingelassen hatte und der sicher nicht im Traum daran dachte, sie zu heiraten, nur weil sie jetzt ein Kind erwartete. Abgesehen davon, daß auch Trixi ihn gar nicht heiraten wollte. Sie hatte das ja nur aus Trotz getan – um sich ihrem plötzlich so herrschsüchtigen Vater zu widersetzen und auch um Michel Penzkofer zu vergraulen.
Letzteres würde ihr nun ja mit ziemlicher Sicherheit gelingen. Michel war ganz gewiß nicht der Mann, der eine Frau heiratete, die das Kind eines anderen unter dem Herzen trug. Mit ihrem Vater war die ganze Sache weniger einfach. Er würde sie gewissermaßen durch den Fleischwolf drehen, wenn er von der ganzen Geschichte erfuhr. Immerhin hatte er erst gestern gesagt, daß Trixi und Michel das Aufgebot bestellen sollten. Dabei begriff das junge Mädchen noch immer nicht ganz, weshalb ihr Vater es mit dem Heiraten plötzlich so eilig hatte. Noch vor ein paar Monaten war das überhaupt kein Thema gewesen, und jetzt…
»Was mache ich denn nur?« fragte sie sich verzweifelt.
»Trixi!« Die Stimme ihres Vaters klang scharf. »Komm sofort herunter!«
»Meine Güte, was ist denn jetzt schon wieder?« murmelte Trixi. Sie fühlte sich ganz entsetzlich, und das hing nicht nur mit der Angst vor ihrem Vater zusammen, sondern auch mit der Schwangerschaft. Fast den ganzen Tag wurde sie von heftiger Übelkeit gequält, und seit heute früh kamen nun auch noch so eigenartige Bauchschmerzen dazu.
»Windelweich sollte man dich prügeln!« erklärte Vitus Sägmüller wütend, kaum daß Trixi die Stube betreten hatte.
Woher kann er jetzt schon wissen, daß ich ein Kind erwarte? dachte Trixi erschrocken. Ich weiß es ja selbst erst seit einer Stunden.
»Was willst du damit erreichen, Trixi?«
Erst bei diesen Worten bemerkte sie, daß auch Michel Penzkofer hier war.
»Was meinst du, Michel?« fragte sie, obwohl sie genau wußte, wovon er sprach.
»Stell dich nicht so dumm!«
herrschte Vitus seine Tochter nun wieder an. »Michel hat gesehen, wie du mit dem Habenichts aus der Post herumgezogen bist.«
»Oliver ist kein Habenichts!« brauste Trixi auf. »Er ist ein netter Kerl, und ich habe doch wohl das Recht, mich mit anderen Männern zu unterhalten, auch wenn ich den da…«, mit einer abfälligen Handbewegung wies sie auf Michel, »… heiraten muß.« Provozierend sah sie Michel an. »Aber vielleicht will er mich jetzt ja gar nicht mehr.«
Michels Augen wurden kalt. »Wenn du dich nur mit ihm unterhalten hast – warum soll ich dich dann nicht mehr haben wollen! Oder hat es zwischen euch noch mehr als nur eine Unterhaltung gegeben?«
»Rate doch mal!« verlangte Trixi schnippisch, was normalerweise gar nicht ihre Art war.
»Was fällt dir ein, in einem solchen Ton mit deinem Verlobten zu reden!« fuhr Vitus seine Tochter an und gab ihr einen derben Stoß, der Trixi taumeln ließ. Im nächsten Augenblick stand Michel vor ihr und sah sie mit seinen kalten, blauen Augen durchdringend an.
»Hör zu, du Kratzbürste«, erklärte er mit leiser, drohender Stimme. »Ich weiß ganz genau, was du vorhast, aber ich versichere dir, daß es dir nicht gelingen wird. Unsere beiden Väter und ich sind uns einig, daß der Penzkopfer-Hof und der Sägmüller-Hof zusammenkommen müssen. Also, Trixi, du kannst dich vor der Hochzeit