Dr. Daniel Classic 42 – Arztroman. Marie Francoise
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Thiersch und ich haben seinerzeit gemeinsam studiert, allerdings hat er mich schnell überrundet. Er machte sein Examen schon ein paar Jahre früher als ich, und seine Doktorarbeit ist bis heute unerreichbar. Er ist wirklich ein exzellenter Arzt.«
Doch Holger war noch immer nicht vollends beruhigt. »Na ja, das ist in München, aber wenn nun etwas Akutes passiert. Ich meine… wenn Elisa auf die Schnelle einen Arzt braucht.«
Professor Stresemann schmunzelte. »Du machst dir tatsächlich ziemliche Sorgen um deine Schwester. Allerdings völlig unnötig, das versichere ich dir. Elisa wird mit Sicherheit keinen Arzt brauchen, und wenn doch… Dr. Metzler, der Chefarzt der Steinhausener Waldsee-Klinik, hat bei Professor Thiersch gelernt, ebenso der dortige Oberarzt Dr. Scheibler, und Dr. Daniel war sei-nerzeit auch Assistenzarzt unter Thiersch. Deiner Schwester wird es also zumindest in medizinischer Hinsicht an nichts fehlen.« Er zeigte ein schelmisches Lächeln. »Das einzige, was ihr fehlen wird, ist der Komfort, an den sie gewöhnt ist. Der Gröber-Hof ist nun mal kein Grand-Hotel, aber ich bin sicher, er wird Elisa sehr gut tun, auch mal etwas anderes kennenzulernen.«
*
Trixi Sägmüller hatte das Gefühl, als könnte sie die gefängnisähnliche Situation keine Sekunde mehr ertragen, doch aus dem Zimmer im ersten Stockwerk gab es kein Entrinnen. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster, in der Hoffnung, irgend etwas zu entdecken, was ihr eine Flucht ermöglichen würde. Sicher, ihrem Zimmer gegenüber stand ein mächtiger Apfelbaum, aber die Entfernung zu den ersten kräftigen Ästen war einfach zu groß. Schließlich war Trixi ja kein Eichhörnchen.
»Ich will diesen Michel nicht heiraten«, murmelte sie verzweifelt. »Er wird mir mein Leben zur Hölle machen. Und ich bin doch noch so jung…«
Michels lieblose Worte hallten ihr noch immer in den Ohren. »Die werde ich mir schon erziehen. Wenn sie jedes Jahr ein Kind austragen muß, wird ihr die Kratzbürstigkeit schnell vergehen.«
Trixi vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte hilflos auf. Sie verstand nicht, warum ihr Vater plötzlich ihr gegenüber so gnadenlos war. Sicher, er war immer streng gewesen, aber jetzt…
Wie ein Schreckgespenst sah Trixi ihre Zukunft vor sich. Sie würde in diesem Zimmer eingesperrt sein bis zu ihrem Hochzeitstag, und danach… die Frau eines rücksichtslosen Mannes, der ihr jedes Jahr eine Schwangerschaft aufzwingen würde.
Der sich im Schloß drehende Schlüssel riß sie aus ihren trüben Gedanken. Rasch sprang sie auf und lief zur Tür.
»Papa, bitte, laß mich ’raus!« flehte sie, doch Vitus Sägmüller hatte nur einen Teller Suppe hineingeschoben und die Tür dann gleich wieder verriegelt.
»Kommt nicht in Frage«, erklärte er barsch. »Du bleibst gefälligst da drinnen!«
»Papa, das kannst du doch nicht mir mir machen!« Trixis Stimme überschlug sich beinahe, dabei wußte sie doch genau, daß jedes Wort vergebens sein würde. Seit Wochen bettelte sie ihren Vater nun schon darum, sie endlich herauszulassen.
»Du siehst ja, daß ich das kann«, entgegnete Vitus Sägmüller. »Du bist verlobt, Trixi! Glaubst du allen Ernstes, da lasse ich zu, daß du dich mit anderen Männern herumtreibst?« Er schwieg kurz. »Glaub ja nicht, daß es mir leichtfällt, so streng zu dir zu sein, aber diese Hochzeit muß stattfinden – um jeden Preis.« Wieder machte er eine Pause. »Heute nachmittag kannst du für eine Stunde herauskommen, wenn du mit Michel das Aufgebot bestellst.«
Das Aufgebot! Trixi erschrak zutiefst. Das bedeutete ja, daß sie in vier Wochen würde heiraten müssen. Andererseits könnte ihr auf dem Weg zum Standesamt möglicherweise doch noch die Flucht gelingen.
Diesen Gedanken verwarf Trixi allerdings ganz schnell wieder, als sie von ihrem Vater aus dem Zimmer geholt wurde, denn Michel nahm sie gleich am Treppenabsatz in Empfang. Seine Hand legte sich wie ein Schraubstock um ihren Arm, und ehe sie sich versah, saß sie schon in seinem blitzenden Sportwagen
»Na, hat dich der Stubenarrest inzwischen ein bißchen gezähmt?« fragte Michel spöttisch.
Wütend funkelte Trixi ihn an. »Nein! Auf diese Weise könnt ihr mich nicht kleinkriegen, das schwöre ich euch! Immerhin steht es mir frei, bei der Hochzeit noch vor dem Standesbeamten nein zu sagen!«
Michel bedachte sie mit einem kurzen Blick. »Das wirst du doch nicht wagen. Dein Vater prügelt dich windelweich, wenn er auch nur ahnt, daß du so etwas vorhaben könntest.« Er legte eine Hand auf ihren Arm. »Komm schon, Trixi, du tust ja so, als würdest du zu einer lebenslangen Kerkerstrafe verurteilt. Du sollst mich doch nur heiraten. Jedes andere Mädchen aus dem Ort würde vor Freude deswegen einen Luftsprung machen.«
»Dann nimm dir doch ein anderes Mädchen!« fuhr Trixi ihn wütend an. »Warum muß ausgerechnet ich es sein?«
»Weil du die Tochter vom Sägmüller bist«, antwortete Michel ohne zu zögern. »Mein Vater und ich können keine Konkurrenz gebrauchen.«
Verständnislos starrte Trixi ihn an. »Was soll das heißen?«
»Ach, komm, so dumm bist du doch auch nicht.« Michel hielt sein Auto am Straßenrand an, dann wandte er sich Trixi zu. »Zwei Drittel der Bauernhöfe hier im Ort sind in meinem Besitz beziehungsweise in dem meines Vaters.«
Fassungslos schüttelte Trixi den Kopf. »Aber… der Seiler, der Brückner…«
Michel zeigte ein herablassendes Lächeln. »Die arbeiten als Pächter auf den Höfen, die ihnen einmal gehört haben. Normalerweise könnten wir den Sägmüller-Hof genauso einkassieren, denn dein Vater steht bei uns ja ganz schön in der Kreide.« Er zuckte die Schultern. »Aber außer dir gibt es hier leider keine Bauerntochter, die das Format hätte, um Penzkoferin zu werden. Außerdem ist eine Hochzeit doch eine ausgesprochen angenehme Art, um in den Besitz des zweitschönsten Hofes im Tal zu kommen.«
Zornig funkelte Trixi ihn an. »Wenn ich das meinem Vater erzähle, dann kannst du die Hochzeit ein für allemal vergessen! Er wird die Schulden zurückzahlen und…«
Michel grinste. »Irrtum, mein Täubchen. Deinem Vater ist es nämlich weit lieber, mein Schwiegervater zu werden, als womöglich nur noch als Pächter auf seinem eigenen Hof zu arbeiten.«
»Meine Güte, was bist du nur für ein mieser Kerl«, erklärte Trixi angewidert. »Normalerweise würde ich mich eher umbringen, als dich zu heiraten.«
*
Mit sieben Koffern hielt Elisa Bogumil auf dem Bergbauernhof der Gröbers Einzug.
»Was hat mir Professor Stresemann bloß angetan!« stöhnte sie und griff mit den Fingerspitzen theatralisch an ihre Schläfen. »Da sitze ich die nächsten vier Wochen buchstäblich am Ende der Welt!«
»Sie können ja wieder fahren, wenn es Ihnen bei uns nicht gefällt«, entgegnete Sepp Gröber in seiner direkten Art.
Völlig entgeistert starrte Elisa ihn an. »Was erlauben Sie sich! Wissen Sie nicht,