Im Sonnenwinkel Classic 41 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Weil sie leidet«, meinte Stella.
»Was du immer denkst, Schatzilein«, bemerkte Jörg nachsichtig. »Ich möchte jedenfalls nicht, dass du mit ihr Trübsal bläst. Du sollst fröhlich sein.«
*
Trübsal wurde nicht geblasen, aber Katja blieb sehr nachdenklich und besinnlich. Doch Stella brauchte darüber nicht lange zu rätseln, denn Katja erzählte ihr, warum sie sich Gedanken machte. Von Jan sprach sie allerdings nur nebenbei.
Stella war sehr enttäuscht, dass die Freundin nicht länger bleiben wollte, aber sie sah auch ein, dass sie den kranken Onkel Sebastian nicht enttäuschen wollte.
»Warum willst du denn so schnell wieder wegfahren, Katja?«, fragte Bambi. »Gefällt es dir bei uns im Sonnenwinkel nicht?«
»Doch, es gefällt mir sehr gut, und ich habe noch niemals so viele liebe Menschen beisammen gesehen«, erwiderte Katja. »Aber mein Onkel ist sehr krank, und wenn ich einen Anruf bekomme, muss ich fahren.«
Der Anruf von Jan kam, aber er hatte einen anderen Grund, als Katja erwartet hatte.
Heinz war nicht gekommen. Er hatte telegrafiert, dass er Tropenfieber hätte. Man hörte es aus Jans Stimme heraus, dass er Zweifel hegte, und Katja hegte ebenfalls welche. Seinem Vater ginge es etwas besser, sagte Jan dann noch, aber er würde sie sehr vermissen.
Das war Grund genug für Katja, ihren Besuch im Sonnenwinkel abzubrechen. Sie musste versprechen, wiederzukommen. Stella wollte noch einige Wochen bleiben, bis sie sich ganz erholt hatte, während Jörg in England ein passendes Heim für sie suchen wollte.
Katja packte ihren Koffer. Stella sah ihr dabei zu.
»Heinz Roden ist doch nicht der Grund, dass du so schnell heimfährst?«, fragte sie.
»Nein, Stella, du musst es mir glauben. Heinz hat keine Bedeutung für mich.« Sie machte eine Pause und schöpfte tief Atem. »Vielleicht werde ich Jan heiraten«, sagte sie.
»Seinen Bruder?«, fragte Stella staunend. »Warum das? Du hast kaum über ihn gesprochen.«
»Es gibt auch noch nicht viel zu erzählen. Es ist Onkel Sebastians innigster Wunsch.«
Stella runzelte die Stirn.
»Und nur deshalb willst du ihn heiraten?«, fragte sie bestürzt.
»Jan ist sehr sympathisch, ganz anders als Heinz. Es muss doch nicht immer Liebe sein. Man geht damit so leicht in die Irre.«
»Du redest so weise. Mit neunzehn Jahren sollte man das nicht tun, Katja.«
»Ich bin fast zwanzig, und außerdem könnte ich es mir recht gut vorstellen, mit Jan verheiratet zu sein.«
Sie lauschte ihren eigenen Worten nach und spürte verwundert, dass sie innerlich von ihnen überzeugt war.
»Eine Ehe ohne Liebe kann ich mir einfach nicht vorstellen«, sagte Stella.
»Die Liebe kommt vielleicht von selbst, wenn man sich versteht. Jan ist sehr ernst. Er würde nichts tun, wovon er nicht überzeugt ist.«
In Stella blieben Zweifel zurück. Sie sprach auch mit Jörg darüber.
»Ob sie ihn nicht nur aus Trotz heiratet?«, überlegte sie.
»Dann würde mir der Mann jetzt schon leid tun«, entgegnete Jörg. »Aber eigentlich ist Katja nicht solch ein Mädchen. Sie hat Charakter. Sonst wäre sie ja auch nicht deine Freundin.«
»Katja ist richtig sentimental, was ihren Onkel Sebastian anbetrifft. Ich glaube, sie hätte allen Erfahrungen zum Trotz auch diesen Heinz geheiratet, wenn dies der Wunsch ihres Onkel Sebastians wäre.«
»Aber er scheint, nach allem, was ich jetzt gehört habe, auch keine sonderlich gute Meinung von seinem Sohn Heinz zu haben«, bemerkte Jörg. »Na, warten wir es ab, was daraus wird.«
*
Katja fuhr gleich zu der efeuumrankten Villa. Diesmal öffnete Jan ihr die Tür. In seinen Augen war ein tiefes Leuchten, als sie ihm die Hand entgegenstreckte.
»Ich dachte nicht, dass du so schnell kommen würdest«, bemerkte er. »Hatte ich dir nicht gesagt, dass es Vater etwas bessergeht?«
»Doch, du hast es mir gesagt, aber du hast auch gesagt, dass er mich vermisst. Ist Lalli nicht da?«, fragte sie dann, weil sie unter seinem Blick verlegen wurde.
»Sie kauft ein. Das will sie sich nicht nehmen lassen. Das Gemüse, das ich heimbringe, ist ihr nicht gut genug. Vater schläft jetzt.«
»Dann wollen wir ihn nicht stören.«
Katja sprach sich Mut zu, und es ging viel besser, als sie dachte.
»Du wolltest eine Antwort von mir haben, Jan«, sagte sie. »Oder hat es sich geändert?«
»Nein, wie kommst du darauf?«, fragte er gepresst.
Die innere Erregung drückte sich in ihrem Mienenspiel aus. Jan umfasste ihre Schultern mit festem Griff.
»Was willst du mir für eine Antwort geben, Katja?«, fragte er rau.
»Ja«, erwiderte sie schlicht.
Seine Lider senkten sich. Ganz behutsam zog er sie an sich. Sie spürte, wie seine Hände auf ihrem Rücken bebten.
»Du machst mich sehr glücklich«, flüsterte er dicht an ihrem Ohr.
Ihr Atem stockte. Es klang so unendlich zärtlich, wie er es sagte. Seine Lippen streichelten ihre Wange, und augenblicklich wurde ihr ganz schwindelig.
»Ich wünsche mir so sehr, dass du es nie bereust«, sagte Jan, und dann küsste er sie.
Heinz hatte sie auch geküsst, und in ihrer Verliebtheit hatte sie sich dabei wie auf Wolken gefühlt. Jetzt blieb sie mit den Füßen fest auf dem Boden, aber ein unerklärliches Gefühl der Geborgenheit erfüllte sie, das sie in den Armen von Heinz nicht empfunden hatte. Jäh wurde sie sich bewusst, dass sie an seinen Gefühlen immer Zweifel hegte. Aber Jan küsste sie nicht so, wie man ein Mädchen küsste, das man nur gern hatte.
Auch dies wurde ihr bewusst.
»Du kennst mich noch so wenig«, stammelte sie, als er sie freigab.
»Es kommt nicht auf die Tage an«, bemerkte er gedankenverloren. »Ich kannte dich als kleines Mädchen, Katja, und irgendwie bist du so geblieben. Erinnerst du dich noch, wie du einmal Wiesenblumen gepflückt hattest und ich sagte, dass der Strauß sehr hübsch sei?«
Sie forschte in ihren Erinnerungen und sah diesen Augenblick plötzlich deutlich vor sich.
»Du kannst sie haben«, hatte sie zu Jan gesagt. Jetzt sagte sie: »Du warst schon ein Mann damals.«
»Einundzwanzig, und du warst gerade neun, Katja«, erwiderte er. »Der Altersunterschied