Waco 6 – Western. G.F. Waco
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»Faules Volk«, flucht er bissig. »Euch zeige ich es noch, Brian – hast du Geld?«
»Geld?« echot Brian zynisch. »Faß mal einem nackten Mann in die Tasche. Ich habe nichts. Woher sollte ich denn auch?«
»Und du Lemuel?« forscht der Alte wild. »Hardison..., eh, ich habe Durst.«
»Den habe ich auch«, erwidert Hardison mürrisch. »Nur würde ich Wasser trinken und mir was zu essen kaufen, hätte ich einen Dollar. Bin abgebrannt.«
»Verfluchtes Hundeleben«, giftet der Alte. »Soll ich trocken liegen, bis wir die Rinder verkauft haben?«
Er schielt zum Haus, aber seine Frau klappert in der Küche mit den Töpfen. Sie ist des festen Glaubens, daß Dimp mit seinen Söhnen in den Bergen wirklich Holz geschlagen hat. Aus den Stämmen müssen Bretter geschnitten werden, denn der Scheunenanbau fällt ohne Flickarbeit in sich zusammen. Es ist ein Wunder, daß Dimp Madock überhaupt etwas an der Ranch tut. Die Ranch gehört im Grunde Hardison, Lemuel und Clarissa Madock. Ihr Vater hat sie einmal aufgebaut. Dennoch bestimmt der Teufel Dimp hier, als sei sie sein Eigentum.
Fluchend wendet sich Dimp um und geht zum Haus.
»Er hat nichts zu saufen«, knurrt Brian finster, als er in der Küche verschwindet, »Hoffentlich spielt er nicht wieder verrückt. Ohne seinen verdammten Fusel spuckt er Gift und Galle. Na los, machen wir weiter. Er wird schon friedlich sein.«
*
Lemuel rennt in langen Sätzen zum Haus hinüber. Aus der Küchentür dringt das wüste Brüllen des Alten, der nach dem Mittagessen noch friedlich geschlafen hat. Irgend etwas kracht schwer, und dann meldet sich durch das gellende Hohngelächter Claire Madocks entsetzte Stimme weinerlich:
»Dimp, Dimp, das darfst du nicht tun. Es ist Clarissas Geld. Das Kind hat es sich zusammengespart. Dimp, laß es liegen. Dimp, ich bitte dich...«
»Du verdammte Hexe!« brüllt Dimp, der Teufel, in höchster Wut. »Kein Geld im Haus, was? Verdammte Lügnerin, fort mit dir!«
Einem Klirren folgt Claire Madocks Aufschrei. In diesem Moment erreicht Lemuel die Küche. Auf den ersten Blick sieht der dreiundzwanzigjährige Lemuel Madock seine Mutter neben dem Wohnzimmertisch am Boden liegen. Das Zimmer macht den Eindruck, als hätte eine Granate eingeschlagen. Der Schrank steht weit offen.
»Hexe, Lügnerin!« tobt der Alte in Clarissas kleiner Kammer. Die Kammer liebt neben dem Wohnraum, und die Tür steht offen. »Kein Geld im Haus – der Teufel soll dich holen, du vertrocknete Wüstendistel!«
In Lemuel schießt die wilde Wut hoch.
Mit zwei Sätzen springt Lemuel in den Wohnraum, dann an seiner Mutter vorbei und auf die Kammertür zu.
Ich packe ihn mir, denkt Lemuel grimmig. Einmal ist es genug. Ich werde ihm...
Und mehr denkt er nicht. Er hat sich durch das Fluchen des Alten bluffen lassen. Als er durch die Tür springt, sieht er den alten mit eiskalten Augen schon bereitstehen. Dimp Madock hat einen Schemel in beiden Fäusten. Im nächsten Augenblick schlägt der Alte den Schemel Lemuel über den Kopf.
»Willst du was?« knirscht der Alte heiser. »Dir helfe ich, du Taugenichts. Da hast du dein Teil!«
Lemuel sieht ein Feuerwerk und bricht in die Knie. Er ist halb benommen, bekommt einen Tritt unter die Rippen und fliegt rücklings in den Wohnraum. Wie aus weiter Ferne hört er noch den gellenden Aufschrei seiner Mutter, dann wird ihm schwarz vor Augen.
Als Brian in die Tür stürmt, bleibt er wie gelähmt stehen. Aus Augen, in denen irre Lichter funkeln, stiert ihm Dimp entgegen. Der Alte hat Lemuel hochgerissen und sein Messer gezogen. Er hält es an Lemuels Hals und starrt Brian und Hardison wie der leibhaftige Satan an.
»Wollt ihr auch was?« brüllt er ihnen entgegen. »Das denkt ihr euch so, was? Na, kommt doch, los, versucht mal, mich anzufassen. Was meint ihr, passiert dann, he? Lügengesindel, verkommenes Packzeug, euch bringe ich die Furcht noch bei. Los, weg da, ich will euch nicht mehr sehen.«
»Du... du verdammter Schurke!« schreit Brian zornbebend. »Was hast du da wieder angestellt, he? Laß ihn los!«
»Könnte dir so passen«, giftet der Alte. »Schert euch weg, sattelt meinen Gaul. Sie hat mich belogen wie immer, alle belügen mich hier, alle! Hatte doch Geld, wußte ich doch. Verschwindet, holt meinen Gaul, ich reite weg!«
»Oh, mein Gott, Brian, er hat dreißig Dollar genommen. Sie gehören Clarissa«, sagt Claire schluchzend am Boden. »Brian...«
Wenn der Alte vor jemandem Respekt hat, dann vor seinem eigenen Sohn.
»Schon gut, Ma«, brummt Brian finster. »In drei Wochen habe ich Geld, wir erwarten Rinder. Dann bekommt Clarissa es zurück. Du kannst gehen, Alter – hau ab!«
»Werde ich auch, werde ich. Bin froh, wenn ich euch nicht mehr zu sehen brauche«, brüllt Dimp und wartet, bis sie verschwunden sind und sein Pferd gesattelt haben. »Mich seht ihr vorläufig nicht wieder – Packzeug, verlogenes!«
Er schleudert Lemuel zu Boden und geht fluchend hinaus. Dann sitzt er auf und reitet davon.
»Ma, jetzt sehen wir ihn zwei Wochen nicht mehr wieder«, versucht
Brian seine Stiefmutter zu beruhigen. »Keine Sorge, er muß nun mal seinen Fusel haben.«
»O Gott, Brian, sieh dir Lemuels Kopf an«, stöhnt Claire Madock entsetzt. »Eines Tages bringt er uns noch um. Werde bloß nie so wie er, Brian, Junge.«
Nie so wie er, denkt Brian, ich... ich bin schon so, nur saufe ich nicht so viel. Ich bin ein Dieb und Mörder geworden. Weiß Gott, was passiert, wenn sie es einmal erfährt? Wenigstens haben Lemuel und Hardison kaum mal mitgemacht, die müssen immer dafür sorgen, daß wir ein Alibi haben. Der Alte mag sie nicht, sie sind nicht von seinem Blut. Dieser Teufel, er ist mein Vater, aber...
Vorläufig haben sie Ruhe vor Dimp. Weiß der Teufel, wie lange er sich jenseits der Grenze herumtreiben und saufen wird.
*
Lemuel Madock bleibt vor Schreck fast der Verstand stehen, als er den Alten um den bereits geflickten Schuppenanbau kommen sieht.
Dimp Madock sitzt schief im Sattel, er schwankt leicht, hält am Corral und stiert auf die Rinder. Dann lacht er meckernd vor sich hin und kommt grinsend auf Lemuel und Hardison zu.
»Na, ihr Strolche?« begrüßt er sie. »Hähä, gut gearbeitet, was? Euch ist doch die Zeit ohne mich nicht etwa lang geworden, was? Hähä, und die Rinder sind auch da.«
»Ja«, antwortet Hardison kurz. »Vorgestern hat Dalton sie gebracht. Wir sollten etwas vorsichtig sein, sagt er.«
Er sieht sich zum Haus um, aber seine Mutter ist im Waschhaus und kann nichts hören.
»Dimp, angeblich treibt sich Brennan, O’Learys Vormann, in dieser Gegend herum. Er soll alle Händler aufsuchen. Vielleicht kommt er her, was? Wir haben seit gestern nacht Wache gehalten und passen auch am Tag auf.«
»Aha – na, ist gut, also paßt auch weiterhin schön auf«, bestimmt