Butler Parker 174 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Wie kann eine Sekretärin sich hier eine Apartment-Wohnung leisten?« fragte die ältere Dame erstaunt.
»Möglicherweise sind die Einkünfte entsprechend«, erwiderte der Butler und hielt. Der Weg vom Straßenrand bis hinüber zum Eingang wurde von einem Baldachin überspannt. Und in der geöffneten Tür machte Parker Hazel Swinton aus, die einen Hosenanzug trug.
Parker entdeckte aber auch einen älteren Herrn, der einen kleinen Cairn-Terrier ausführte und gerade den Baldachin kreuzte. Dieser ältere Herr trug einen einfachen Staubmantel und einen Traveller-Hut. Er hielt eine Zeitung unter dem linken Arm, die zu Boden glitt. Der ältere Herr bückte sich, nahm die Zeitung hoch und klemmte sie sich recht umständlich wieder unter den linken Arm. Dabei wandte er sich ein wenig um und richtete es so ein, daß die vorstehende Zeitung unter dem Arm in eine ganz bestimmte Richtung wies.
Damit wußte Josuah Parker Bescheid.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die andere Straßenseite und entdeckte dort neben einem parkenden Wagen einen Mann, der Handschuhe trug und damit beschäftigt war, eine Golfschlägertasche in einen japanischen Kleinwagen zu schieben.
Am Steuer dieses Wagens saß ein Mann mit Sonnenbrille.
»Darf man Mylady noch um einen Moment Geduld bitten?« fragte Parker, der bereits in die Innentasche seines schwarzen Zweireihers griff und eine Gabelschleuder hervorzog, die aus schwarz lackiertem Stahl bestand. Aus einer der vielen Westentaschen holte der Butler anschließend eine mehrfach durchlöcherte Plastikkapsel. Er legte dieses seltsame Geschoß in die Lederschlaufe, die mit beiden Gummisträngen verbunden war, zog sie straff durch – und ließ die Kapsel hinüber in den japanischen Kleinwagen zischen.
Hier angekommen, zerplatzte die Glasampulle in der Plastikkapsel und gab eine wasserklare Flüssigkeit frei, die sich sofort mit dem Sauerstoff der Luft zu einem flüchtigen Gas verband.
Das Resultat war frappierend.
Hustend und gestikulierend sprang der Fahrer aus dem Kleinwagen und riß sich die Sonnenbrille vom Gesicht. Parker entdeckte dahinter ein ihm nicht unbekanntes Gesicht. Er hatte es genau mit jenem Untersetzten zu tun, den er im Waschraum des Hospitals dazu überredet hatte, sich auf den gekachelten Boden zu legen.
Der Mann mit der Golftasche wurde kaum weniger irritiert.
Er warf sie weg und rannte hinter seinem Fahrer her, der in einer Seitengasse verschwand. Nur sein Husten war noch laut und deutlich zu vernehmen.
»Was ist denn, Mister Parker?« fragte Lady Agatha, die kaum etwas von diesem Zwischenfall mitbekommen hatte, der sich innerhalb weniger Sekunden ereignete.
»Aus gegebenem Anlaß sah meine Wenigkeit sich gezwungen, Mylady, zwei Gangster dazu zu bringen, das sogenannte Weite zu suchen«, antwortete Josuah Parker höflich und ließ die Gabelschleuder wieder in der Innentasche seines Zweireihers verschwinden.
»Zwei Gangster?« Sie schüttelte den Kopf. »Haben Sie sich da auch nicht getäuscht, Mister Parker?«
»Mister Pickett war so freundlich, entsprechende Hinweise zu geben«, redete der Butler weiter und deutete auf den älteren Herrn, der mit seinem Cairn-Terrier geduldig neben einer Straßenlaterne stand.
»Pickett?« fragte sie überrascht. »Das soll Mister Pickett sein?«
»Er machte ein wenig Maske, Mylady«, erklärte der Butler, »woher er allerdings den Terrier hat, entzieht sich der Kenntnis meiner Wenigkeit.«
»Und wo ist nun mein Schützling?« wollte die Detektivin wissen und blickte wieder zum Eingang des Apartmenthauses hinüber.
»Miß Hazel Swinton scheint die Geduld verloren zu haben, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »oder aber man hat sie gezwungen, sich ins Haus zurückzuziehen.«
»Ich werde dem umgehend auf den Grund gehen«, versprach die ältere Dame energisch, »Sie dürfen mich begleiten, Mr. Parker, ich möchte Ihnen wieder mal eine Freude machen.«
*
Sie stand neben dem Fahrstuhl und blickte Parker und Lady Simpson unsicher an. Der Butler erkannte sofort, daß sie unter starkem seelischen Druck stand.
»Nur keine Angst, meine Liebe«, dröhnte Lady Agathas Stimme, die die Vorhalle füllte, »ich bin bei Ihnen, es wird Ihnen nichts passieren.«
»Können wir zu mir ins Apartment fahren?« bat sie leise.
»Und wo wäre das, Miß Swinton?« fragte Parker.
»In der zweiten Etage«, gab sie zurück. »Sind Sie verfolgt worden, Sir?«
»Selbst wenn, Kindchen«, schaltete Lady Simpson sich sofort ein, »das würde keine Rolle spielen. Vertrauen Sie sich mir an.«
Hazel Swinton betrat den Fahrstuhl, Lady Agatha und Parker folgten. Der Butler drückte den Zielknopf und blickte dann Hazel Swinton gelassen an. Sie wich seinem Blick aus und wurde noch nervöser.
»Wer wartet in Ihrem Apartment darauf, Mylady und meine Wenigkeit in Empfang nehmen zu können?« fragte der Butler dann.
Sie öffnete weit die Augen und geriet in Panik.
»Handelt es sich um mehrere Personen?« fügte der Butler hinzu.
»Um zwei Männer«, räumte sie ein.
»Die in Ihrem Apartment warten? Oder sollten die Herren sich bereits in der Nähe des Fahrstuhls aufgebaut haben?«
»Sie sind im Apartment«, gab sie leise zurück. »Bitte, verstehen Sie mich, ich muß einfach mitspielen, sonst...«
»Sie werden erpreßt, Miß Swinton?«
»Sie haben mich völlig in der Hand«, gestand sie, »und ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Man sollte sich ausgiebig unterhalten, Miß Swinton, sobald einige kleine Hindernisse aus dem Weg geräumt sind«, schlug Parker vor. Der Fahrstuhl hatte inzwischen sein Ziel erreicht. In der Mechanik der Tür war leises Fauchen und Rumpeln zu vernehmen. Die Tür wollte sich öffnen.
Parker aber war vorsichtig.
Er hatte bereits den Knopf für die nächste Etage gedrückt und veranlaßte die Tür dadurch, sich wieder fest zu schließen. Eine Sekunde später setzte der Fahrstuhl sich erneut in Bewegung und fuhr weiter. In der dritten Etage angekommen, stieg Parker aus dem Fahrstuhl, ohne sich weiter um die beiden Frauen zu kümmern. Er ging zum Treppenhaus und blickte hinunter.
Seine Vorsicht hatte sich bereits ausgezahlt.
Er entdeckte einen jungen Mann in Jeans und Lederweste, der sich beeilte, in die dritte Etage zu kommen. Er zog sich am Treppengeländer zusätzlich hoch, um schneller zu werden. Eine Automatik in seiner linken Hand war mit einem überlangen, modernen Schalldämpfer versehen.
Butler Parker machte kurzen Prozeß.
Er benutzte seinen altväterlich gebundenen Regenschirm als eine Art Speer. Mit dem bleigefüllten Bambusgriff voran warf er das Regendach gezielt nach unten