Butler Parker Box 12 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Rander konnte sich nur mühsam auf dem Sitz halten, als Butler Parker den Wagen vor einer Tankstelle stoppte.
»Ihre Erlaubnis, Sir, voraussetzend, möchte ich Marty Galbert eine Warnung zukommen lassen«, sagte er, »in wenigen Minuten werde ich zurück sein.«
Rander nickte und zündete sich eine Zigarette an. Er sah seinem Butler nach, der steif und würdevoll hinüber zu einem großen Wohnwagen-Trailer ging, in dem ein Schnellimbiß untergebracht war. Seinem Butler schien die Hetzjagd nichts ausgemacht zu haben.
»Ich muß leider vermelden«, sagte Parker nach seiner schnellen Rückkehr, »daß Marty Galbert nicht zu erreichen war. Seine Mutter, mit der zu sprechen ich die Ehre hatte, konnte nicht sagen, wo ihr Sohn sich zur Zeit aufhält.«
»Vielleicht war er auch hinter uns her. Denken Sie an sein Motorrad!«
»Dann, Sir, dürfte das Leben des jungen Mannes nicht mehr das wert sein, was man im Volksmund Pfifferling nennt!«
»Das Wohnhaus der Eltern«, sagte Parker und ließ seinen Wagen ausrollen. Er deutete durch das geöffnete Tor hinüber auf das Landhaus, in dem im Erdgeschoß einige Lichter brannten.
»Wollen wir hier auf Galbert warten?« fragte Rander.
»Darf ich mir den Rat erlauben, Sir, daß vielleicht Sie diesen Teil der Arbeit übernehmen? Ich würde den Wagen ein wenig weiter vom Tor weg abstellen.«
»Und Sie? Ah, ich verstehe.« Rander nickte. »Sie wollten sich um das Mädchen kümmern, ja?«
»Dies, Sir, ist in der Tat meine Absicht«, gab Parker zurück, »nach Lage der Dinge muß sie in einem benachbarten Haus wohnen. Sie kam, als ich mich in der Badehütte befand, aus dem Strauchwerk am Ende des Grundstücks.«
»Keine Experimente, Parker!«
»Sie können sich fest auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen, Sir!« Parker lüftete verabschiedend seine schwarze Melone, legte sich den Bambusgriff seines Regenschirmes über den linken Unterarm und lustwandelte davon.
Rander verriegelte von innen die Wagentüren und wartete. Er sah gerade noch, daß Parker äußerst ungeniert durch das Tor des Galbert-Grundstückes ging und richtete sich auf eine längere Wartezeit ein.
Wieder einmal verwünschte er Parkers Leidenschaft, sich mit der Unterwelt und dem Verbrechen zu messen. Wie ein Magnet Eisenfeilspäne anzieht, so zog Parker Verbrechen an. Er stolperte förmlich über Ungesetzlichkeiten und ließ sich keine Möglichkeit entgehen, echte Gangster vor den Richter zu bringen.
Mike Rander war von dieser Haltung irgendwie angesteckt worden. Einmal hing das mit seinem Beruf als Anwalt zusammen, zum anderen ging auch Rander einem Abenteuer niemals freiwillig aus dem Weg.
Gewiß, er schimpfte zwar von Fall zu Fall wie ein Rohrspatz und schwor, sich diesmal nicht zu beteiligen. Doch im Endeffekt stand er immer an der Seite seines Butlers.
Finanziell völlig unabhängig, wurde sein Anwaltsbüro in der City von Chikago von erstklassigen Mitarbeitern geleitet. Rander konnte sich die Fälle aussuchen, die ihn interessierten. Und er konnte für Wochen mit seinem Butler verreisen, wenn es die Lage erforderte. Seine juristisch voll ausgebildeten Mitarbeiter nahmen dann die Routinefälle wahr, die unaufschiebbar waren.
Rander, ins Sinnieren gekommen, richtete sich plötzlich steil auf. Er sah das Rotlicht eines Polizeiwagens und dann den Wagen selbst, der schnell näherkam, dann aber zielsicher auf das Galbert-Grundstück einbog.
Der junge Anwalt wußte damit, daß ein gewisser Marty Galbert zumindest schwer verunglückt war, falls er überhaupt noch lebte.
Das scharf konzentrierte Lichtbündel der Kugelschreiber-Taschenlampe entdeckte im Gesträuch eine Art Trampelpfad, der den Hügel hinaufführte.
Dies mußte der Weg sein, den Judy genommen hatte. Parker schaltete das Licht wieder aus und blieb solange stehen, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann tastete er sich mit der Spitze seines Universal-Regenschirms weiter vor, bis er den Strauchgürtel durchschritten hatte. Der Trampelpfad endete vor einer übermannshohen Ziegelmauer, in die aber eine schmale Mauerpforte eingelassen war.
Diese Pforte war verschlossen.
Josuah Parker ließ sich dadurch aber keineswegs aus dem Konzept bringen. Er bemühte sein kleines Spezialbesteck, führte einen schmalen Spezialhaken in das Schloß und brauchte etwa anderthalb Sekunden, bis das Schloß freiwillig jeden weiteren Widerstand aufgab und sich öffnen ließ.
Parker durchschritt die schmale Pforte, zog sie hinter sich zu und blieb einen kurzen Moment abwartend stehen. Dieses fremde Terrain wollte er erst nach eingehender Erkundung betreten. Er wußte ja nicht, welche Überraschungen ihn erwarteten.
Er befand sich, wie er schnell herausfand, in einem zweiten, parkähnlich großen Garten, in dem im Hintergrund ein moderner Bungalow zu erkennen war, in dem hinter einigen Fenstern Licht brannte. Parker ging gemessen auf diesen Bungalow zu, hinter dessen Mauern und Glasfronten er immerhin ein junges Mädchen Judy vorzufinden hoffte.
Parker sollte sich tatsächlich nicht getäuscht haben.
Gewiß, es war ihm ungemein peinlich, so ohne weiteres und ohne Erlaubnis in diesem fremden Garten zu lustwandeln, aber auf der anderen Seite glaubte er mit Sicherheit, einiges für diese Judy noch tun zu können.
Der Bungalow war L-förmig angelegt. Im kurzen Teil brannte hinter den herabgelassenen Jalousetten Licht. Parker blieb vor diesem Fenster stehen und hatte das Glück, daß die Jalousette nicht ganz geschlossen war.
Judy, die einen weißen Bademantel trug, lag auf einer breiten, sehr niedrigen Couch und blätterte lustlos und offensichtlich in einem Magazin. Sie schaute in fast gleichmäßig kurzen Abständen auf ihre Armbanduhr und schien Besuch oder bestimmte Nachrichten zu erwarten.
Parker klopfte leicht gegen die Scheibe.
Judy schoß förmlich hoch, horchte, stand vollends auf und lief schnell zum Fenster. Sie zog die Jalousette hoch und öffnete eine fensterhohe Tür.
Sie prallte zurück, als Parker aus der Dunkelheit in den Lichtkreis trat und höflich seine schwarze Melone lüftete.
Judy wollte sofort wieder die Tür schließen, doch der Universal-Regenschirm des Butlers, der sich zwischen Tür und Rahmen schob, hinderte sie daran.
»Ich werde nur kurz stören«, sagte Parker höflich und würdevoll, »mir scheint, daß es für Sie wichtig ist, wenn Sie mich empfangen.«
Sie starrte ihn wütend an. Ihre Überraschung und Angst hatten sich bereits wieder gelegt. Dann schnaufte sie gereizt, trat zurück und hatte nichts dagegen, daß Parker nähertrat.
»Machen Sie es kurz«, sagte sie.
»Wenn Sie gestatten, Miß Judy, möchte ich vorher die Jalousette schließen.« Ohne ihre Erlaubnis abzuwarten, dichtete der Butler das Fenster nach außen ab. Er achtete darauf, daß man nicht mehr in das Zimmer hineinsehen konnte.
»Ich möchte Ihnen kommentarlos mitteilen, Miß Judy, daß gewisse Motorradfahrer vor etwa fünfundvierzig Minuten versucht haben, meinen Herrn und meine bescheidene Wenigkeit umzubringen!«