Waco 4 – Western. G.F. Barner
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Die Peitsche fliegt, die Pferde prusten. Für eine Viertelstunde zockeln sie mit dem Wagen weiter. Und dann hebt der eine Gaul die Hufe steiler an, stolpert beinahe in das Erdloch, kommt aber noch darüber hinweg.
In diesem Augenblick sackt das linke Vorderrad in ein Loch. Ein Ruck geht durch den Wagen.
Das schrille Kreischen der Buchse, aus der der Sand jedes Fett gerieben hat und die sich auf der Achsenwelle schüttelnd dreht, verstummt mit einem Schlag.
Es kracht einmal und übertönt sogar das Heulen des Sturmes. Dann splittert es, und Abe denkt:
Das Rad, das Rad!
Mein Gott, jetzt ist es aus. Wir haben kein zweites, wir haben auch keinen Baum hier, gar nichts. Alles nach vorn laden, dann fahren wir auf drei Rädern, aber wie?
Er versucht erst gar nicht abzusteigen, er nimmt den Kopf zurück und kriecht weiter nach hinten. Dabei sieht er auf Rahel. Damals, denkt er, damals, als meine Frau bei dem zweiten Kind starb, das Kind tot, die Mutter tot, damals ist mir auch so zumute gewesen.
Das Gefühl ist in seinem Magen, ein dumpfes und nagendes Gefühl der Einsamkeit und der Verlorenheit.
Seine Frau hat nie viel Mut besessen. Sie war eine ängstliche Frau, die ihn immer gebraucht hat. Rahel ist aus Taylor-Holz geschnitzt, die verliert so schnell nicht den Kopf.
»Das Rad…«
»Ja!«
Sie schweigt einen Augenblick. Wird sie den Kopf verlieren?
»Können wir umladen, alles nach vorn?«
Sie hat schon überlegt und weiß gleich eine Lösung.
»Ja«, ruft er heiser. »Aber vorläufig hat alles keinen Zweck, ist das Wasserfaß heil?«
Auf einmal packt ihn die Angst.
Es könnte entzweigeschlagen worden sein.
»Junge, sieh nach dem Faß!«
Der Junge kriecht nach hinten. Er sagt nichts, er ist nur bleich wie der Tod und zittert jetzt. Dann schüttelt er den Kopf.
»Alles heil!« schreit er, um sich verständlich zu machen. »Vater, sitzen wir fest?«
»Scheint so. Die anderen können auch nicht weit gekommen sein«, ruft der Mann zurück. »Laroy hat ein zweites Rad dabei. Sie werden uns vermissen, sobald sich der Sturm gelegt hat und uns suchen kommen. So allein sind wir nicht! Kommt her, wir drehen den Schrank quer, dann machen wir uns im Wagen eine Hütte. Hoffentlich kommt der verdammte Sand nicht auch noch in die Kiste mit dem Essen, was? Faßt mal an!«
Er wirft einen Seitenblick auf Rahel. Sie ist ganz ruhig, sie handelt. Er könnte keinen klareren Kopf behalten, nicht in dieser Situation. Eigentlich verdankt er ihr eine Menge, denn sie hätte dreimal verheiratet sein können, aber sie ist bei ihm geblieben, seitdem Alda tot ist, und hat für den Jungen und für ihn gesorgt.
Na ja, denkt Abe, in drei, vier Tagen sind wir in Virginia City, dann geht es weiter nach Kalifornien. Sie bauen dort viel. Ich werde schon eine gute Arbeit als Zimmermann finden. Das habe ich gelernt. Und wenn nicht, nun, etwas Geld haben wir noch. Vielleicht mache ich mich auch selbständig. So ein kleines Sägewerk oder eine Zimmerei. Wenn ich die ersten Zehntausend verdient habe, dann soll Rahel eine anständige Summe davon bekommen. Sie muß mal einen guten Mann erwischen. In drei Tagen sind wir in Kalifornien, ich schaffe es schon mit dem Wagen.
Doch wann wird der Sturm nachlassen? Abe Taylor weiß es nicht, aber andere wissen es.
Jeder, der sich hier auskennt, weiß es.
*
In die Berge, in die Taylor gewollt hat, ist ein Mann geritten. Der Mann ist allein, er kommt von Conways Kutschen- und Frachtwagendepot in Lovelock. Er hat zwei Pferde bei sich.
Dieser Mann wartet das Ende des Sturmes ab.
Gar nicht weit von ihm, nur durch zwei Bergrücken getrennt, kauern vier andere Männer im Windschatten einiger Felsen oberhalb der Carson-Senke.
»Du«, sagt der eine Mann heiser unter der Decke heraus. »Wie lange noch?«
»Vier Stunden. Der Abend läßt ihn sterben!«
Er meint den Sturm.
An ihrem Platz ist es windgeschützt. Der Sand weht nur leicht, das fauchende Element tobt über ihnen in den fast baumlosen Stillwater-Bergen.
Der Mann ganz außen klappt eine Blechschachtel auf und schiebt sich ein Stück Kautabak in den Mund.
»Was denkst du über die drei?«
»Wenn sie schlau sind, dann sind sie zusammengeblieben.«
Das ist der vierte Mann.
Der zweite Mann nickt. Der dritte sagt: »Ich habe vier Männer gesehen.«
»Auswanderer.«
Das klingt so, als wenn ein Riese von einem Zwerg spricht, den er zertreten kann, sobald es ihm Spaß macht.
»Ich sage, sie sind so gefahren, als wären sie blutige Greenhorns in der Wüste«, meldet sich Nummer zwei.
»Hm, jeder halbwegs erfahrene Mann hätte den Schutz der Berge aufgesucht«, brummt der Priemer.
»Du sagst es. Sie sind mitten in den Sturm gefahren. Na, viel Spaß. Wenn die noch zusammen sind, dann esse ich meinen Hut!«
»Paß auf, daß du ihn vorher gut einweichst, hähä!«
Sie lachen alle vier und warten auf das Ende des Sturmes.
Jeder von ihnen trägt zwei Revolver, einer hat sogar noch zwei Schießeisen bei sich. Und wer in ihre Gesichter blickt, der wird in Zukunft um sie einen großen Bogen machen. Sie sehen ziemlich wild, verkommen und gemein aus.
*
Der Wind säuselt nur noch, der Himmel ist dunkel, hier und dort blinkt ein Stern. Aber von den anderen Wagen ist nichts zu sehen.
Nicht einmal der Mond ist da, an dem man sich orientieren könnte.
Abe Taylor nimmt ein Rad nach dem anderen ab, schmiert die Buchsen neu und macht die Splinte fest. Dann steigt er auf den Wagen zurück und sagt mürrisch: »Wir müssen uns umsehen, ich nehme mal das Pferd. Rahel, wir werden zuerst ein Feuer machen, das sehe ich dann immer. Vom Rad ist genug Holz da, den Weg zurück finde ich also immer. Die anderen können nicht weit sein, vielleicht entdecke ich sie doch noch. Und wenn nicht, der Morgen wird schon kommen, dann haben wir Sicht!«
»Weißt du denn nicht, wo wir sind?«
»Ganz sicher bin ich nicht«, erwidert Taylor und schiebt die beiden schweren Kisten mit dem Hausrat nach vorn in den Wagen. »Wir sind doch nach links gefahren, immer vor dem Wind her. Dann müßte der Weg dort drüben sein!«
Sie