Familie Dr. Norden Classic 39 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Familie Dr. Norden Classic 39 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 3
»Ich muß mich erst säubern, dann gehe ich zu Papa«, sagte sie leise.
Marie räusperte sich, dann konnte sie endlich sprechen. »Er hat eine Infusion bekommen. Dr. Norden war grad vorhin da. Er wußte nicht, daß du schon heute kommst, und ich habe es gar nicht geglaubt. Gebetet hab’ ich dafür, aber auch zweifeln müssen. Geh ins Bad, und komm dann in die Küche. Ich setze Teewasser auf und richte dir ein Essen her.«
»Dagegen habe ich nichts, Marie. Seit heute morgen habe ich nichts gegessen.«
Auch das war ihr grad erst bewußt geworden. Sie hatte ein leeres Gefühl im Magen und Durst auch.
Das Bad war nicht warm. Sie drehte die Heizung weiter auf. Das ganze Haus wirkte ungemütlich. Marie konnte nicht alles machen, und es war auch in den letzten Jahren nichts mehr erneuert worden. Viktoria war nicht die geborene Hausfrau, aber sie hatte Schönheitssinn und wollte es gemütlich haben. An Geld mangelte es ihrem Vater bestimmt nicht, sie fragte sich nur, ob er etwas herausrücken würde.
Nachdem sie sich erfrischt hatte, ging sie zu Marie in die Küche. Marie hatte schon ein Essen gerichtet. Anscheinend war es Sauerbraten, dazu Gemüse und Kartoffeln.
»Ich muß immer etwas parat haben, weil der Herr Professor nicht regelmäßig ißt, sondern nur, wenn er dazu aufgelegt ist. Und essen muß er, sonst kommt er ganz vom Fleisch.«
»Seit wann geht das so?« fragte Viktoria beklommen.
Marie zuckte die Schultern. »Ich versteh’ ja nichts davon. Zuerst war er ab und zu so merkwürdig, aber nicht krank, nur komisch geredet hat er dann, daß ich auch dachte, die Welt würde bald untergehen. Aber was kann ich machen, die Menschen machen doch alles selbst kaputt. Da wird mit den Autos gerast, und aus dem Radio und Fernsehen erfährt man lückenlos alles Schlechte aus der Welt. Da war dann noch so was mit einem Schaf, aus dem sie ein zweites gemacht haben, damit fing beim Professor alles an, wenn ich mich recht erinnere.«
»Du meinst das Schaf, das geklont wurde«, sagte Viktoria.
»Ich weiß nicht, was das heißt und wie das zustandekommt, aber der Professor hat gesagt, daß man das mit Menschen auch machen kann. Er hat noch Spaß gemacht und gemeint, es wäre gut, wenn wir eine zweite Marie hätten, damit nicht soviel Arbeit an mir hängenbleibt, aber ich arbeite lieber allein.«
»Es macht auch keiner so gut wie du«, sagte Viktoria ihr zum Trost. »Das Essen ist köstlich wie immer, Marie.«
»Es würde ja auch mehr Spaß machen zu kochen, wenn es gegessen wird, aber der Professor will kein Fleisch von anderen Viechern, nur vom Seithuber Michel, es ist wirklich nicht mehr einfach mit ihm. Aber vielleicht macht er sich wieder, wenn du jetzt zu Hause bist, Vicky. Du hast ihm halt arg gefehlt, wenn er es auch nicht sagt.«
»Ich geh’ jetzt mal zu ihm«, sagte Viktoria leise.
Vinzenz Romanus schlief.
Wie kann er nur so erschöpft sein, fragte sich Viktoria, als sie ihn betrachtete. Er ist wirklich keinen großen Belastungen ausgesetzt, wenn er sich nicht selbst Streß macht.
Machte er sich so viele Gedanken über den Fortbestand der Welt und der Menschen, daß er keine Ruhe mehr gefunden hatte, bis der Zusammenbruch gekommen war und er ärztlich behandelt werden mußte?
Ich muß unbedingt mit Dr. Norden sprechen, dachte sie, und genau wissen, was mit Vater los ist.
Ob er ihre intensiven Gedanken spürte? Ganz plötzlich schlug er die Augen auf, blinzelte und lächelte.
»Du bist da, du bist wirklich bei mir, ich habe es nicht geträumt, meine Kleine.«
Da war nichts in seiner Stimme, in seinem Mienenspiel, was an seinem Verstand zweifeln ließ.
»Wie fühlst du dich, Papa?« fragte sie sanft.
»Jetzt fühle ich mich gut, sehr gut. Ich weiß überhaupt nicht, was mit mir eigentlich los war. Es war sicher diese tückische Grippe, dieser chinesische Virus, den sie nicht in den Griff kriegen können. Hast du damit auch Erfahrung, Vicky?«
»Ich bin Chirurgin, Papa, es werden keine Grippekranken operiert, wenn nicht ein dringender Notfall vorliegt.«
»Ich bin froh, daß du von dort fortgegangen bist, Vicky. Diese Klinik hat dir nicht gutgetan. Das soll keine Kritik an Degenhart sein. Hanno ist ein guter Arzt. Aber lassen wird das. Dr. Norden sagt, daß man dich an der Behnisch-Klinik brauchen kann, wenn du nichts anderes im Sinn hast.«
»Du hast doch hoffentlich nicht Werbung für mich betrieben, Papa«, sagte sie anzüglich.
»Wir haben nur so darüber gesprochen, weil Norden sich immer wieder nach dir erkundigt hat.«
Er spricht doch völlig normal, dachte Viktoria wieder. Wie kann man da auf den Gedanken kommen, daß er einen Psychiater braucht?
Aber später sollten ihr dann auch solche Gedanken kommen.
»Hast du schon Nachrichten gehört?« fragte er. »Was ist mit dem Meteor?«
»Ich weiß nichts von einem Meteor, Papa. Was soll mit ihm sein?«
»Er hat sich gespalten, wird trotzdem großen Schaden anrichten, wie ich es errechnet habe. Niemand kann es wegreden. Es wird starke Strahlungen geben. Lohnt es sich, die Menschheit zu retten, was meinst du, Vicky?«
»Ich glaube nicht an den Weltuntergang, Papa. Denkst du denn wirklich, du könntest die Welt retten?«
»Ich kann genau errechnen, wo die Meteoriten abstürzen. Dann wird es nicht lange dauern und sie werden hier landen.«
»Wer wird hier landen?«
»Die Marsbewohner. Wenn ich doch nur wüßte, ob sie als Freunde oder als Feinde kommen. Man sollte sich vorbereiten können.«
»Bis jetzt ist keine Invasion in Sicht, und ich hoffe, daß sie auch nicht kommt. Du solltest dich lieber mit etwas Positiverem beschäftigen.«
»Aber es ist positiv, wenn man weiterdenkt und nicht engstirnig alles negiert. Ich wünsche so sehr, daß du über die Enttäuschungen hinwegkommst, Vicky, du verdienst es, glücklich zu werden.«
»Es war keine Enttäuschung, Papa. Ich habe einen Fehler gemacht und wurde dafür bestraft, so sehe ich es.«
»Könnte es dir nicht helfen, wenn du dich aussprichst?«
»Nein, ich muß damit allein fertig werden, aber ich weiß noch nicht, wohin mein Weg führt.«
»Er hat dich heimwärts geführt, und ich bin froh darüber. Die Zeit heilt alle Wunden.«
Ob das auch für mich gilt, fragte sich Viktoria.
Sie hielt jedoch die Hand ihres Vaters mit einem behutsamen Griff umschlossen.
*
Viktoria brauchte nicht zu Dr. Norden zu fahren. Er kam jeden Tag vor der Sprechstunde, um seinem Patienten eine Injektion oder Infusion zu geben und war