Klopfen mit Kindern. Michael Bohne

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Klopfen mit Kindern - Michael Bohne

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sie abends allein im Bett lag und Angst bekam. Sie rief daraufhin ihren Vater, der sofort zu ihr kam. Als sie ihm ihre Ängste schilderte, schlug er vor, dass man auch so einen tollen Trick anwenden könnte, um die Ängste zu verjagen. Finnja selbst könnte das sogar tun, indem sie bestimmte Stellen an den Händen, dem Kopf und dem Oberkörper beklopft, und – schwupp – bekommt die Angst selbst Angst und haut ab. Daraufhin erwiderte die kleine Finnja: »Nein, Papa, du sollst hierbleiben.« Finnja wollte also keine schnelle Hilfe zur Selbsthilfe, sondern Beziehung und Bonding, also die Nähe zum Vater. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, wie wichtig es auch bei Kindern ist, einen genauen Auftrag zu bekommen, welche Hilfe erwünscht ist. Wenn ein Kind Nähe sucht, dann ist es in diesem Moment eben nicht unbedingt wirklich offen für Selbsthilfe. Aber manchmal wollen Kinder ja gerade keine allzu große Nähe, oder es ist grad niemand da, der einen trösten oder einem helfen könnte, und da kann die Möglichkeit, sich alleine und selbst zu beklopfen, eine große Hilfe sein, wie z. B. in folgender Situation:

      Finnja, mittlerweile sieben Jahre alt, war mit ihren Eltern abends in einem italienischen Restaurant, als der Vater bemerkte, dass sie, anstatt in die Speisekarte zu schauen, sich selbst beklopfte. Als er sie fragte, was denn sei, äußerste sie: »Papa, guck weg, nicht jetzt bitte«, und klopfte (öffentlich) weiter. Nach der Bestellung fragte er sie nochmals, und sie äußerte dann, dass sie sich über sich selbst geärgert hatte. Finnja hatte das Klopfen also gegen ihren Ärger auf sich selbst genutzt, was ihr die Eltern so dezidiert gar nicht gezeigt hatten. Bislang war es ja immer nur um Ängste gegangen, wenn geklopft wurde.

      Zwei Jahre später gab es eine Situation in einem ausländischen Urlaubsort, wo Finnja ganz allein vom Seminarraum, in dem die Eltern einen Kurs besuchten, durch das Dorf zur Unterkunft zurückging. Finnjas Vater saß schon auf der Terrasse, da er vorausgegangen war, und sah nun, dass Finnja ohne jede Begleitung in Richtung Unterkunft auf ihn zukam. Sie war also ganz allein auch an den bellenden Windhunden vorbeigegangen. Finnja kam ganz stolz auf die Terrasse und erzählte, dass sie ganz allein und an den Hunden vorbei vom Seminarraum zur Unterkunft gegangen sei. Als der Vater sie fragte, ob sie denn gar keine Angst gehabt habe, äußerte sie: »Doch, aber ich habe geklopft, und ich habe mir gesagt: Finnja, sei mutig.« Das habe ihr geholfen. Sie war ganz allein darauf gekommen zu klopfen und hatte sich dann noch einer stärkenden Affirmation bedient, was ihr zuvor weder Mutter noch Vater beigebracht hatten. Finnja hatte also den nächsten Transfer gemacht.

      Kurze Zeit später sagte sie während einer Autofahrt etwas verträumt zu ihrer Mutter: »Du, Mama, ich habe grad eine komische Sache bemerkt. Wenn ich an etwas Doofes denke und mir gleichzeitig eine schöne Blume vorstelle, dann ist das nicht mehr so doof.« Nun hat die kleine Finnja aus sich selbst heraus eine ziemlich spannende Beobachtung gemacht, die in der Psychotherapie seit einigen Jahren bekannt ist. Eine belastende Situation fühlt sich weniger belastend an, wenn man ihr aus der Position einer inneren Stärke oder Ressource begegnet. Wenn man stressende und entspannende Eindrücke gleichzeitig erlebt, gewinnen oft die entspannenden Eindrücke. Es ist natürlich unklar, ob diese Beobachtung Finnjas etwas mit ihren Klopferfahrungen zu tun hat, aber vorstellbar ist das schon. Hat sie doch mit dem Klopfen immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sie negative emotionale Zustände selbst verändern kann. Das ist bei Kindern (und auch bei vielen Erwachsenen) gar nicht so bekannt. Ich erinnere mich selbst an Ängste, die ich als Kind hatte. Ich kannte aber keinerlei Mittel und Wege, diese selbst und somit ohne die beruhigende Anwesenheit meiner Mutter zu überwinden.

      Drei Jahre später, als Finnja zehn Jahre alt war, entdeckte ihre Mutter, dass das Mädchen abends in seinem Zimmer saß und klopfte. Als die Mutter sie fragte, was denn sei, sagte Finnja, dass sie Angst habe, am nächsten Tag, dem Geburtstag der vier Jahre jüngeren Schwester, neidisch auf deren Geschenke zu sein. Sie wusste, dass sie sehr stark mit Neid reagieren konnte, was wohl laut den Eltern auch tatsächlich der Fall war, und das wollte sie nicht. Als sie am nächsten Tag ihre Schwester beim Auspacken der Geschenke erstaunlich wenig neidisch beobachtete, ja, ihr sogar ganz lieb half, fragte die Mutter sie abends, ob sie denn nun neidisch gewesen sei oder nicht. Finnja antwortete, dass es dazu gar keinen Grund gegeben hätte, da die kleine Schwester ja nur so Babykram geschenkt bekommen habe. Es war natürlich keineswegs nur »Babykram«, und auch ein solcher hatte kurz zuvor noch zu heftigen Neidattacken bei Finnja geführt. Als die Mutter sie dann fragte, ob Finnja sich vorstellen könnte, dass das etwas mit dem Klopfen zu tun habe, äußerte sie: »Kann ich mir schon vorstellen.« Wieder einmal hatte Finnja eigeninitiativ das Klopfen für sich genutzt, und so verwundert es nicht, dass die Eltern sie wenige Wochen später wieder abends im Bett sitzend und klopfend antrafen. Nun erzählte sie, dass sie etwas Angst habe, da sie am nächsten Tag das erste Mal alleine mit der U-Bahn vom Sport zur Arbeitsstätte des Vaters fahren würde und sie nicht genau wisse, ob sie das hinbekomme. Das Klopfen hatte ihr auch in dieser Situation dabei geholfen, ohne Angst einzuschlafen.

      Eine letzte Begebenheit sei hier noch erwähnt, die auch in diese Zeit fiel. Finnja wollte zu dem Geburtstag einer Mitschülerin und wusste, dass sie wegen einer Chorprobe etwas später als alle anderen zu der Party kommen würde. Dies machte ihr ein bisschen Angst davor, dass sie den Anschluss zu den anderen nicht bekommen könnte. Als sie diese Befürchtung immer wieder erzählte und die Eltern nun erst realisierten, dass diese Angst ziemlich groß war, fragte der Vater sie, ob sie mal zusammen klopfen sollten. In diesem Fall war Finnja wohl nicht alleine darauf gekommen zu klopfen. Finnja bejahte dies, und der Vater schlug ihr zunächst einen Selbstakzeptanzsatz vor: »Auch wenn ich ein bisschen Angst habe, dass ich morgen den Anschluss zu den anderen nicht hinbekomme und die ohne mich spielen, bin ich trotzdem ein tolles Mädchen.« Danach wurde eine Runde, also 16 Punkte, geklopft. Als der Vater sich nun erkundigte, wie es denn jetzt mit der Angst sei, sagte Finnja, dass die verschwunden sei. Der Vater wollte etwas provozieren, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass die Angst wirklich nach so kurzer Zeit schon weg sein sollte, also sagte er: »Ja, aber wenn du da wirklich nicht reinkommst und die anderen dann alle ohne dich spielen?« Darauf richtete Finnja ihre Aufmerksamkeit vergnügt auf etwas anderes in ihrem Zimmer und rief noch: »Dann erzähle ich es dir.« Die Angst war futsch.

      An Finnjas Erfahrungen lässt sich zeigen, wie Kinder die Klopftechnik für sich selbst nutzen lernen und wie sie eine Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen können, die allein schon eine Hilfe ist, wenn man sich Ängsten oder anderen unangenehmen Gefühlen ausgesetzt fühlt. Das ist schon eine kleine Revolution, denn wenn wir schon als Kind immer wieder die Erfahrung machen können, dass wir Ängste verändern, reduzieren oder gar überwinden können, wachsen wir bestimmt zu mutigeren, selbstbewussteren und innerlich befreiteren Erwachsenen heran – und die brauchen wir mehr denn je. Wichtig bleibt aber auch beim Klopfen mit Kindern, dass die Kinder dies auch wirklich tun wollen. So schlug Finnjas Mutter eines Abends am Abendbrottisch einen sehr klugen Selbstakzeptanzsatz vor, als Finnja etwas Belastendes erzählte. Daraufhin sagte Finnja: »Oh menno, Mama, du musst mich erst fragen, ob ich klopfen will!« Damit hat Finnja etwas sehr Weises gesagt: Psychologische Hilfe kann man nur annehmen, wenn man einem konkreten Gegenüber dafür auch einen Auftrag erteilt hat oder zumindest damit einverstanden ist, dass einem jetzt, hier und von genau diesem anderen Menschen geholfen wird.

      •Auch wenn ich mein Kind durch meine eigenen überhöhten Leistungserwartungen unter Druck setze, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin.

      •Auch wenn mein Kind die Leistung bringen muss, die ich selbst nie bringen konnte, achte und schätze ich mich so, wie ich bin.

      •Auch wenn ich in meiner Kindheit gelernt habe, Anerkennung an Leistung zu binden, und dies nun auch mit meinen Kindern tue, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin.

      •Auch

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