Fiona - Spinnen. Zsolt Majsai
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Nun, ich habe ja schon mal als Nutte gearbeitet, wenn auch nur für wenige Nächte. Und Männer aufreißen kann ich ebenfalls wirklich gut. Also werde ich doch einen Mann in einer der Bars dazu bringen können, mir einen Drink oder auch zwei zu spendieren. Der Rest ergibt sich dann.
Ich wähle eine Bar namens „Sundera“ aus. Eigentlich ist sie keine Bar, eher eine Disco, grell und bunt wie sie ist. Einlasskontrollen scheint es hier nicht zu geben, ich komme also ungehindert hinein. Drinnen bestätigt sich mein Eindruck, dass es eine Disco ist, denn es gibt Musik und es wird getanzt. Selbst die Lichtshow könnte glatt von der Erde sein. Menschen sind wohl überall gleich.
Eine Bar gibt es auch, sie ist mittendrin. Ich setze mich an die Theke, lege meine Tasche ab und öffne unauffällig zwei weitere Knöpfe. Sie sind etwas doof angeordnet, jetzt besteht durchaus die Gefahr, dass ich plötzlich mit nackter Brust dastehe. Lasse ich aber einen Knopf mehr zu, sieht man zu wenig.
Nun gut. No risk, no fun. Ist ja nicht so, dass ich es nicht gewohnt wäre, auch mal nackt zu sein. Wird schon niemand vor Schreck weglaufen.
Dann mache ich eine wichtige Entdeckung: Mit der ID-Karte, die ich Jeky geklaut habe, kann man auch bezahlen. Also habe ich doch Geld! Ich nutze mein neues Wissen umgehend, um mir einen Drink zu bestellen. Keine Ahnung, was es ist, aber 40% Alkohol klingt gut. Nennt sich Mariosa.
Als es kommt, merke ich schon, das ist was für mich. Die Farbe ist rötlich und ich rieche Himbeeren, wenn auch nur dezent. Das Zeug schmeckt etwas süßlich wie ein Likör, aber gut. Gekühlt und stark. Zumindest für mich, da ich derzeit nichts gewohnt bin.
Ich sehe mich beim Trinken um. Die Theke und einige Tische bilden den Mittelpunkt, getanzt wird um ihn herum. Ganz außen sind weitere Tische und Sitzgelegenheiten aufgestellt. In der Nähe des Eingangs befindet sich die Toilette.
Die Gäste sind überwiegend jung, höchstens in meinem Alter, wobei man mir die 34 wohl kaum ansehen dürfte. Allerdings kann ich mein eigenes Alter im Moment auch nur schätzen, da ich nicht weiß, wie lange ich tatsächlich in der Mittelalter-Welt war. Grob fünf Jahre, als ich hinkam, war ich noch 29. Kommt ungefähr schon hin mit 34.
Verdammt, es ist also elf Jahre her, dass Norman getötet wurde und ich begann, erwachsen zu werden. Und neun, dass das Arschloch Drol mich sozusagen als Kriegerin aktiviert hat.
Ich überlege, welche Kräfte ich eigentlich habe. Unsterblich bin ich. Und ich habe magische Kräfte, ich kann Sachen, die Krieger eigentlich nicht können. Wie ist es eigentlich mit Fliegen? Kann ich das noch? Jedenfalls habe ich meine Fähigkeit, durch die Zeit zu reisen und mich zu beamen, verloren.
Ich drehe mein Glas unauffällig, ohne es zu berühren. Das klappt also. Doch ich schaffe es nicht, mich selbst auch nur einen Millimeter in die Höhe zu heben. Fliegen kann ich also nicht. Ob ich es wieder lernen kann? Beim ersten Mal war ja auch die Todesangst nötig.
Vielleicht sollte ich trotzdem vorsichtig sein. Erstens weiß ich nicht, wie die Menschen hier auf Magie reagieren. Und zweitens weiß ich nicht, welche Seiteneffekte Zauberei hat. Dieses Universum ist ganz anders aufgebaut als meins. Okay, nicht ganz, es gibt auch sehr viele Parallelen. Insbesondere was die Menschen angeht. Auch die Technologien sind vergleichbar mit den Technologien in unterschiedlichen Epochen meiner Erde. Es scheint so, als stünde in diesem Universum der Mensch noch viel mehr im Mittelpunkt als in meinem alten, wo er nur eine Art von sehr vielen war. Möglicherweise ist dieses Universum auch viel kleiner. Allerdings weiß ich nicht, wie viele Ebenen es eigentlich nach unten noch gibt. Sicher ist nur, dass von der Mittelalter-Welt aus im Ewigen Turm keine Treppe nach oben führte.
Lustigerweise gibt es hier anscheinend keinen Himmel, denn selbst als ich auf der Plattform stand und entgeistert die Schienen und das Spinnennetz entdeckte, konnte ich nach oben nichts sehen. Nur Dunkelheit. Ob dieses Universum aus Welten besteht, die einfach übereinander geschichtet sind?
Ich habe das Gefühl, die Götter wollen mich ein wenig verarschen. Ich trinke hier einen Likör mit Himbeergeschmack in einer Welt, in der es anscheinend gar keine Sonne gibt. Wo zum Teufel kommen dann Himbeeren her? Will ich überhaupt wissen, woraus dieser Likör tatsächlich besteht?
Ich beschließe, lieber etwas für meine nächste Übernachtungsmöglichkeit zu tun und erhebe mich, um ein wenig herumzugehen und mir die Leute anzusehen. Darüber, welchen Eindruck ich in meiner Kleidung und mit der Tasche erwecke, denke ich besser mal nicht nach.
Die Tanzenden beachte ich erst einmal gar nicht. Mich interessieren die Leute, die außen sitzen. Überwiegend sind es Gruppen von Leuten, die damals auf der Erde Yuppies hießen. Oder so ähnlich. Meist mit einem Porsche vor der Disco. Für meine Zwecke uninteressant.
Als ich an der Toilette vorbei komme, folge ich einem natürlichen Impuls. Zwei Mädels, die vor den Waschbecken stehen, starren mich ablehnend an, bevor sie zwitschernd den Raum verlassen. Nachdem ich fertig bin und mir die Hände wasche, ausnahmsweise mal, aber hier vielleicht eine gute Idee, gesellt sich eine schwarzhaarige Schönheit dazu. Sie lächelt mich kurz an. Braune Augen und volle Lippen.
Wow.
Draußen folge ich ihr unauffällig. Sie setzt sich zu zwei Männern, die ich noch nicht unter die Lupe genommen habe. Einem von ihnen gibt sie einen Kuss. Er hat dunkelblonde, kurze Haare, breite Schultern, muskulöse Arme.
Und eine Pistole.
Der andere erinnert mich irgendwie an Mohk. Ähnlich groß und schlank. Er hat schulterlange, hellbraune Haare. Allerdings wirkt er trainierter als Mohk. Auch er trägt eine Waffe an der Hüfte. Hm.
Trotzdem, die beiden sind ganz sicher keine gewöhnlichen Sicherheitsleute. Ihr ganzes Verhalten verrät, dass sie es gewohnt sind, dass man ihnen gehorcht. Mir wird bewusst, dass unter den Tanzenden einige Bewaffnete sind, die offenbar die beiden kennen – und ihnen gehorchen.
Ich hole mir einen zweiten Drink, den gleichen, und setze mich in der Nähe an einen hohen Bistrotisch. Von hier aus kann ich die beiden unauffällig beobachten.
Der Schlanke scheint recht jung zu sein, aber ranghöher. Er hat keine Damenbegleitung, und die paar Mädchen, die versuchen, daran etwas zu ändern, blitzen gnadenlos ab. Scheiße, hoffentlich ist er nicht schwul. Nach einigen Minuten bin ich mir sicher, dass er auf Frauen steht. Anscheinend ist nur nichts dabei, was sein Interesse erregt.
Einmal kreuzen sich unsere Blicke. Ich halte seinen kurz fest, dann wende ich mich ab. Er hat grüne Augen und er hat mich länger angesehen als jede andere Frau vorher.
Sehr gut.
Mein Gefühl sagt mir, dass ich dennoch abblitzen würde, wenn ich einfach auf ihn zugehe. Ich habe also ungefähr zwei Möglichkeiten:
Entweder ziehe ich mich aus, werfe mich nackt auf ihn und blase ihm einen.
Oder ich sorge dafür, dass er mich unbedingt kennenlernen will.
Letzteres gefällt mir besser. Nicht einmal hauptsächlich wegen der Nacktheit. Ihm öffentlich einen zu blasen, wäre nicht angenehm, aber auch nicht völlig neu für mich, wenn ich an manche Party denke, so vor fünfzehn Jahren, nachdem Phil gestorben war.
Mir gefällt aber vor allem die Idee, dass er mich kennenlernen will. Ich hasse es einfach, wenn nicht ich die Kontrolle habe, und wenn nicht das geschieht, was ich