Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch. Christoph Hülsmann

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Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch - Christoph Hülsmann Orbis Romanicus

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auf informationsstruktureller bzw. prosodischer Ebene als unproblematisch einzustufen, während hingegen Satz (7) für Primus insofern weniger akzeptabel ist, als hier sowohl gegen die Basiswortfolge als auch gegen die Fokuspositionsregel verstoßen wird. (cf. Primus 1993, 892)

(4) dt. Ich habe [dem KASSIERER] das Geld gegeben.
(5) dt. Ich habe das Geld [dem KASSIERER] gegeben.
(6) dt. Ich habe dem Kassierer [das GELD] gegeben.
(7) dt. ?Ich habe [das GELD] dem Kassierer gegeben. (Primus 1993, 892)

      Neben pragmatischen, syntaktischen sowie prosodischen Kriterien werden noch weitere Faktoren zur Erklärung der Wortfolge von Sprachen herangezogen. Nach Gutiérrez-Bravo (2006) etwa sind die semantischen Rollen der Konstituenten für die (unmarkierte) Wortfolge verantwortlich.15 Ihm zufolge wird im Spanischen die präverbale Position von jener Konstituente besetzt, die in der von ihm vorgeschlagenen thematischen Hierarchie – hier in Abbildung 10 angeführt – am höchsten steht. Ein Agens besetzt demzufolge eher diese Position als ein Experiencer, ein Thema oder ein lokaler Ausdruck.

      Abb. 10: Thematic hierarchy (Gutiérrez-Bravo 2006, 139)

      Das Modell bietet den Vorteil, dass damit im Spanischen – und analog dazu im Italienischen – auch die (durchaus frequenten) Sätze von Typ (8), die sich aus einem Dativobjekt, einem psychologischem Verb und einem postverbalem Subjekt (OVS) zusammensetzen, als unmarkiert analysiert werden können.16 (cf. Gutiérrez-Bravo 2006, 139)

(8) sp. A ella le gustaron los caballos. (Gutiérrez-Bravo 2006, 139)

      Wie dieser kurze Überblick verdeutlicht hat, entscheiden offensichtlich mehrere – je nach Sprache wohl unterschiedlich gewichtete – Faktoren über die bevorzugte lineare Abfolge von Konstituenten im Satz. Einzelsprachliche Analysen, die zwischen sprachenspezifischen und universalen Eigenschaften differenzieren, sind folglich unverzichtbar.17

      Eine keinesfalls zu vernachlässigende Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Prosodie, deren Interaktion mit der Informationsstruktur im folgenden Kapitel näher beschrieben werden soll. Im Zuge dessen werden einige grundlegende prosodische Kategorien und Termini eingeführt. Kapitel 3.3 wird sich dem Zusammenspiel zwischen der Prosodie und der Syntax widmen.

      3.2 Informationsstruktur und Prosodie

      Dass prosodische Analysen auch für pragmatisch orientierte Studien unabdingbar sind, gilt heute als selbstverständlich: „Si la pragmática tiene como objetivo identificar los principios generales que determinan el funcionamiento de la interacción verbal, uno de sus cometidos ha de ser el de explicar de qué modo la prosodia interviene en la interpretación.“ (Escandell-Vidal 2011, 194) Die Methoden, die zur Erforschung der Schnittstelle eingesetzt werden, sind äußerst heterogen und reichen von Produktionsexperimenten (cf. Selkirk 2002) und Korpusanalysen (cf. Frascarelli/Hinterhölzl 2007) über Sprecherurteile zur Akzeptabilität von konkret realisierten Konturen und Akzenten in bestimmten Kontexten (cf. Bartels/Kingston 1994) bis hin zu eye tracking-Studien (cf. Watson et al. 2006).

      Relative Einigkeit herrscht heute darüber, dass die diversen Strategien, über die Sprecher zur Markierung der Informationsstruktur verfügen, stets Auswirkungen auf die Prosodie haben. So weisen Foki meist eine prosodische Prominenz auf, während dies für gegebene Information in der Regel nicht zutrifft. Topiks tendieren dazu, eine separate prosodische Phrase zu bilden, und sind in diesem Sinne ebenfalls prominent.1 (cf. Féry/Krifka 2008, 7)

      Féry und Krifka (2008) zufolge sind es universale Prinzipien, nach denen Informationsstruktur kodiert wird. Die Tendenz, dass eine Prominenz bei fokalisierten, nicht aber bei gegebenen Elementen zu beobachten ist, kann durch den effort code erklärt werden. Höherer oder niedriger prosodischer Aufwand reflektiert demnach die Relevanz von Konstituenten (bzw. deren Referenten) für die Kommunikation.2 (cf. Féry/Krifka 2008, 12) Dem entspricht auch Givóns code quantity principle: „The less predictable/accessible a referent is, the more phonological material will be used to code it.“ (Givón 1988, 249) Dass sich auch Topiks prosodisch vom restlichen Teil der Äußerung abheben (und an erster Position stehen), kann auf die Optimierung des Informationsflusses zurückgeführt werden. (cf. Féry/Krifka 2008, 12) Neben der Markierung des Satzmodus bzw. der Sprechakte sowie der Einstellungen der Sprecher erfüllt die Prosodie aus informationsstruktureller Sicht damit zwei zentrale Funktionen. Zum einen liefert sie dem Hörer Indizien, die ihm die Segmentierung der sprachlichen Einheiten erleichtern, zum anderen kann sie einzelne, besonders wichtige Elemente einer Äußerung durch eine Akzentuierung salient machen. (cf. Lacheret 2013, 230–231)

      Nicht zu vernachlässigen sind jedoch Unterschiede zwischen den Sprachen bei der Markierung der Informationsstruktur. (cf. Féry/Krifka 2008, 12) So kann in einigen Sprachen, wie beispielsweise im Englischen, jedes Element unabhängig von seiner Position prosodisch fokalisiert werden. In Satz (9) wird etwa das initiale Subjekt als Fokus markiert. Andere Sprachen, wie das Spanische, greifen bevorzugt auf eine syntaktische Umstellung zurück und realisieren den Fokus in finaler Position (10). (cf. Casielles-Suárez 1999, 357–359)

(9) en. (Who followed Ralph into the bedroom?) – LAURIE followed Ralph into the bedroom. (Casielles-Suárez 1999, 357)
(10) sp. (¿Quién llamó a los niños?) – A los niños los llamó JUAN. (Casielles-Suárez 1999, 359)

      Um zu einem besseren Verständnis des Zusammenspiels von Informationsstruktur und Prosodie zu gelangen, ist es zunächst erforderlich einige grundlegende Termini der suprasegmentalen Ebene zu klären.

      Die drei wichtigsten Dimensionen der Prosodie umfassen die Zeit, die Frequenz und die Intensität.3 (cf. Rossi 1999, 7) Die akustischen Merkmale bestimmen jeweils die auditiven Merkmale, auch wenn – wie folgendes Schema von Rabanus illustriert – immer auch gegenseitige Wechselwirkungen angenommen werden müssen.4 (cf. Moroni 2010, 64–65)

      Abb. 11: Artikulatorischer Zusammenhang (Rabanus 2001, 6)

      Der Ton ist eine phonologische Kategorie, die sich auf Variationen der Grundfrequenz (F0) bezieht.5 In Tonsprachen dient er dazu, lexikalische und grammatikalische Bedeutungen zu unterscheiden. (cf. Hartmann 2007, 222) Zur Markierung der Informationsstruktur setzen diese Sprachen vor allem syntaktische und morphologische Strategien ein. (cf. Hartmann 2007, 233) Intonationssprachen hingegen, zu denen auch die in dieser Arbeit untersuchten romanischen Sprachen zählen, verwenden den Ton als einen der „suprasegmental phonetic features to convey ‚postlexical‘ or sentence-level pragmatic meanings in a linguistically structured way“.6 (Ladd 1996, 6)

      In der nicht-linearen Phonologie, die heute als gängigster Ansatz innerhalb der Intonationsforschung gelten kann7, werden in der Regel zwei Arten von Tönen unterschieden. Level tones zeichnen sich durch eine konstante Höhe aus. Innerhalb der level tones werden wiederum zwei Töne differenziert, ein Hoch- (H für high) und ein Tiefton (L für low).8 Contour tones sind Kombinationen aus level tones. Steigende Töne kombinieren L und H, fallende Töne H und L. (cf. Hartmann 2007,

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