Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch. Christoph Hülsmann

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Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch - Christoph Hülsmann Orbis Romanicus

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„die in einer gegebenen Sprache die gleichen sprachlichen Funktionen erfüllen“.10 (Peters 2014, 2) Aus rein prosodischer Sicht kann ein Satz dementsprechend durch das Vorhandensein einer (einzelnen) terminalen Intonationskontur definiert werden.11 (cf. Wunderli 1990, 41)

      Der Ton wird zur suprasegmentalen Ebene der Sprache gerechnet, die grundsätzlich als von der segmentalen Ebene unabhängig gesehen wird, aber insofern mit ihr in Verbindung steht, als der Ton mit einem Silbenkern, d.h. mit Vokalen oder silbischen Konsonanten, assoziiert.12 (cf. Hartmann 2007, 223) Voraussetzung für die Verbindung der prosodischen mit der segmentalen Ebene ist die Eruierung von metrisch starken Silben in der jeweils zu analysierenden Sprache. Im Spanischen und Italienischen etwa sind die metrisch starken Silben durch das Lexikon (Wortakzent) vorgegeben. (cf. Gabriel 2007, 179)

      Töne, die einen Akzent markieren, werden Akzenttöne (oder Pitch-Akzente) genannt und in autosegmentalen Zugängen mithilfe eines Sterns (*) markiert. (cf. Peters 2014, 29) Akzenttöne assoziieren mit den metrisch starken Silben nun entweder in monotonaler (L*, H*) oder in bitonaler (L*H, LH*, H*L, HL*) Form.13 (cf. Gabriel 2007, 179) Im Gegensatz zu Akzent ist stress ein abstrakter Begriff, der sich auf eine relative Prominenz bezieht und der starken Silbe eines prosodischen Fußes zugeordnet wird.14 Auf phonetischer Ebene manifestiert sich stress oft durch größere Dauer, Lautstärke oder Tonbewegungen.15 (cf. Hartmann 2007, 224)

      Unbedingt von der Assoziierung zu unterscheiden ist die Alignierung von Tönen. In den Beispielsätzen (11)–(12) etwa assoziieren die Akzenttöne jeweils mit der metrisch starken Silbe von María. Dass sie eine unterschiedliche Alignierung aufweisen, zeigt Abbildung 12. (cf. Gabriel 2007, 179)

(11) (Was ist los?) – sp. MaRÍa le da el diario a su herMAno.
(12) (Julia gibt ihrem Bruder die Zeitung, nicht wahr?) – sp. MaRÍa le da el diario a su hermano.

      Abb. 12: Unterschiedliche Alignierung (Gabriel 2007, 179)

      Die Position des Asterisks gibt hier an, „ob der Tonhöhengipfel im ‚zeitlichen Rahmen‘ der Silbe erreicht wird (LH*, early rise) oder ob er sich aus dem durch die Dauer der Silbe vorgegebenen Zeitfenster heraus nach rechts verschiebt (L*H, late rise)“.16 (Gabriel 2007, 178) Phrasen- und Grenztöne (H-, L- bzw. H%, L%) assoziieren mit den Grenzen hierarchisch höherer prosodischer Ebenen, ihre Alignierung bezieht sich „jedoch auf die mit der betreffenden Grenze adjazente(n) Silbe(n) […], da jede phonetische Materialisierung von Tönen notwendigerweise lautliches Material voraussetzt“.17 (Gabriel 2007, 183)

      Die Position von Pitch-Akzenten erklärt man sich heute unter anderem durch pragmatische, d.h. informationsstrukturelle Faktoren.18 Das Topik weist für Hetland und Molnár (2001, 624) eine große prosodische Variation auf, und zwar nicht nur sprachenübergreifend, sondern auch innerhalb einer Sprache. Moroni (2010, 32–33) zufolge wird es nur dann akzentuiert, wenn seine Erkennbarkeit erleichtert werden soll.19 Fokus hingegen markieren die meisten Sprachen mit dem fallenden Pitch-Akzent H*L. Umgekehrt bedeutet dies jedoch nicht, dass auch jede H*L-Kontur Fokus markiert.20 (cf. Hartmann 2007, 225–226) Der Pitch-Akzent, der Fokus markiert und demnach auch als Fokusakzent bezeichnet wird21, kombiniert die fallende Tonhöhe zusätzlich meist mit einer Dehnung. Er wird einer Silbe zugeordnet, die einen Wortakzent trägt.22 Diese Silbe wird in der Literatur meist Fokusexponent genannt.23 (cf. Musan 2010, 46) Andere Silben sind deutlich weniger dazu geeignet, den Fokusakzent zu tragen. Dazu zählen insbesondere Reduktionssilben, d.h. Silben, die ein Schwa enthalten. (cf. Musan 2010, 47)

      Die Fokuskonstituente kann nun gleich groß wie der Fokusexponent (FE) sein und damit – wie in (13) – nur aus einer Silbe bestehen. (cf. Musan 2010, 46) Der Akzent kann jedoch seine Funktion ausgehend vom Fokusexponenten auch über weitere Silben projizieren (14). Welche das sind, ist vor allem für den Hörer relevant. Mit einer adäquaten Platzierung des Fokusakzents ermöglicht der Sprecher dem Hörer folglich eine optimale Dekodierung seiner Äußerung.24 (cf. Musan 2010, 47)

(13) dt. Wen will Moritz treffen? – Moritz will [MAX]F=FE treffen.
(14) dt. Wen will Moritz treffen? – Moritz will [Maxi [MI]FE lian]F treffen. (Musan 2010, 46–47)

      Bei einem engen Fokus umfasst der Fokus das akzentuierte Wort.25 (cf. Musan 2010, 49) Eine sehr weite Fokusprojektion ist im Deutschen etwa dann möglich, wenn der Fokusakzent auf einem internen Argument des Verbs liegt, vorausgesetzt, dieses Argument wurde – wie im folgenden Beispiel (15) – nicht aus seiner ursprünglichen Position wegbewegt. (cf. Musan 2010, 49–50) Der Fokusakzent auf Buch kann hier folglich je nach den Kontexten (16)–(20) mehr oder weniger (neue Information kodierende) Konstituenten als Fokus markieren. (cf. Höhle 1982, 91–92)

(15) dt. Karl hat dem Kind das BUCH geschenkt.
(16) dt. Was hat Karl dem Kind geschenkt?
(17) dt. Was hat Karl hinsichtlich des Kindes getan?
(18) dt. Was hat Karl getan?
(19) dt. Was hat das Kind erlebt?
(20) dt. Was ist geschehen? (Höhle 1982, 91–92)

      Die Möglichkeit der Fokusprojektion impliziert jedoch nicht, dass die prosodische Realisierung des Satzes (15) auch tatsächlich in jedem der Kontexte (16)–(20) völlig identisch ist. So wird etwa ein eng fokalisiertes Objekt einer SVO-Konstruktion – vgl. Kontext (16) – im Englischen Bishop (2012, 240) zufolge mit einer größeren akustischen Prominenz im Vergleich zum pränuklearen Material realisiert als das bei einem all focus-Satz – vgl. Kontext (20) – der Fall ist. Vergleicht man hingegen all focus-Sätze wie jenen in (21) mit Äußerungen, in denen der Fokus die Verbalphrase umfasst (22), lässt sich nach Primus (1993, 888) im Englischen und im Deutschen kein relevanter Unterschied in der prosodischen Realisierung beobachten. Bei schneller Sprechweise und ohne Kontexteinbettung seien die Antworten der jeweiligen Beispielsätze dementsprechend ambig.

(21) dt. (Was gibt es Neues?) – [HANS hat MARIA ÄPFEL gegeben]F26
(22) dt. (Was hat Hans gemacht?) – Hans [hat MARIA ÄPFEL gegeben]F (Primus 1993, 888)

      Ob – und wenn ja, wie – man die genaue Position des (Fokus-)Akzents bei einem weiten Fokus vorhersagen kann, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Manche Modelle nehmen grammatisch-syntaktische Faktoren als ausschlaggebend für die Akzentuierung an. So wurde für das Deutsche und Englische festgestellt, dass bei einem weitem Fokus wie in (23) der Akzent tendenziell eher auf ein Argument als auf ein prädikatives Element fällt. (cf. Baumann 2006a, 165)

(23) en. Why did you miss the party? – My MOther got sick.27 (Terken/Hirschberg 1994, 126)

      In pragmatischeren Zugängen wird auch die konkrete Position des Akzents auf informationsstrukturelle Faktoren zurückgeführt. Die Beobachtung,

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