Sophienlust Classic 48 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Sophienlust Classic 48 – Familienroman - Patricia Vandenberg Sophienlust Classic

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hatte natürlich die Gelegenheit genutzt, die große Neuigkeit zu verkünden: »Du, Vati, wir haben ein neues Kind auf Sophienlust bekommen.«

      Alexander lachte: »Was du nicht sagst! Das ist doch nichts Besonderes. Wir bekommen doch häufig neue Kinder.«

      Aber Nick widersprach. »Aber diesmal ist es doch etwas Besonderes. Mutti hat das Mädchen auf der Landstraße gefunden und mitgebracht. Sie hat einen ganz seltsamen Namen. Sie heißt Vilena. Hast du das schon einmal gehört?« Seine Frage war rein rhetorisch, denn er ließ Alexander überhaupt keine Zeit zur Antwort, sondern sprach sofort weiter: »Sie hat selbst zu mir gesagt, sie sei eine Streunerin.«

      Alexander blickte ihn zweifelnd an. Die Geschichte erschien ihm reichlich unwahrscheinlich. Aber Sascha bestätigte den Bericht seines Bruders. »Doch, es stimmt alles, was Nick erzählt hat, Vati. Sie ist sogar ein sehr hübsches Mädchen.«

      »Das fiel dir natürlich sofort auf.« Alexander lächelte.

      Nun mischte sich auch Andrea in das Gespräch. »Sie ist wirklich so hübsch, dass es jedem auffallen muss, Vati. Dabei ist sie noch jünger als ich. Vierzehn wäre sie, hat Nick gesagt.«

      Denise kam die Treppe zur Halle hinab. Sie verharrte auf den Stufen und hörte der Unterhaltung einen Augenblick zu.

      »Na?«, fragte sie, »habt ihr eure Neuigkeit schon an den Mann gebracht?«

      Aller Köpfe drehten sich ihr zu.

      »Klar«, antwortete Alexander für die Kinder. »So wichtige Begebenheiten vertragen keine Verzögerung. Oder denkst du etwa anders?«

      Denise berichtete nun ausführlich von ihrer Begegnung mit Vilena. Nick erfuhr dabei einiges, was er noch nicht gewusst hatte. Auch Carolas Vermutung, sie habe in einer Zeitschrift schon einmal ein Bild des Mädchens gesehen, verschwieg Denise nicht.

      In Alexanders Augen trat ein zweifelnder Ausdruck. »Ich verstehe durchaus, mein Liebes, dass du das Kind nicht am Straßenrand ungewissen Gefahren überlassen konntest. Aber es muss doch etwas dahinterstecken, wenn das Mädchen so beharrlich seinen Namen verschweigt. Hoffentlich hast du dir da nicht eine üble Geschichte auf den Hals geladen. Aber wie ich dich kenne«, fügte er lächelnd hinzu, »hast du dir schon längst überlegt, was du tun willst.«

      Denise kauerte sich behaglich in ihren Lieblingssessel neben dem Kamin. »Ich werde morgen mit dem Mädchen reden«, sagte sie. »Ich hatte den ganzen Abend über Gelegenheit, Vilena zu beobachten. Manchmal schaute sie sich mit einem Blick voller Trauer um. Ich hatte den Eindruck, dass es sie schmerzte, nicht auf Sophienlust bleiben zu können. Wenn ich ihr jedoch klarmache, dass sie bleiben kann, wenn sie will, und dass ich in diesem Fall bereit bin, mit ihren Angehörigen, wenn sie welche hat, zu sprechen, dann wird sie schon aus sich herausgehen und mir erzählen, was sie auf die Landstraße getrieben hat. Es müssen schwerwiegende Gründe sein. Denn sie ist alles andere als leichtfertig.«

      »Bist du sicher, dass du dich nicht getäuscht hast?«, fragte Alexander.

      Doch noch ehe Denise antworten konnte, sprang Sascha in die Bresche. »Davon bin ich fest überzeugt, Vati. Mutti täuscht sich eigentlich nie. Und wenn du Vilena gesehen hast, stimmst du Mutti bestimmt zu.«

      »Oha, Vati!«, lachte Nick. »Dein Ältester steht in hellen Flammen.«

      Sascha bekam einen roten Kopf. »So’n Quatsch, Nick. So blöd kannst auch nur du daherreden. Das ist doch noch ein Kind. Kaum vierzehn Jahre alt.«

      Denise fand es an der Zeit, einzugreifen. »Wir wollen nicht streiten«, mahnte sie. »Jeder soll seine Meinung zum Ausdruck bringen. Deshalb ist es unrichtig von dir, Nick, Sascha gleich persönliche Motive zu unterstellen.«

      Nick lenkte sofort ein. »Ich finde sie ja auch recht hübsch. Und ehrlich ist sie auch. Ich habe lange mit ihr gesprochen. Ich hätte es sofort gemerkt, wenn sie ein Flittchen wäre.«

      »Dominik!«, rief Denise. »Wo hast du nur den Ausdruck wieder aufgeschnappt?«

      Wenn seine Mutti Dominik sagte, wusste Nick, was die Glocke geschlagen hatte. Doch unerwartet fand er in Sascha einen Verteidiger: »Wo schon, Mutti. In der Schule natürlich. Wir kennen alle diese Ausdrücke. Nur ist Nick so unvorsichtig, sie auch zu benutzen.«

      Alexander von Schoenecker wandte sich ab. Er musste heimlich lachen. Gott sei Dank, dachte er, habe ich noch nicht vergessen, dass ich auch einmal ein Junge war. Aber es ist ganz prächtig, wie die Rasselbande zusammenhält, wenn es wirklich darauf ankommt.

      Er drehte sich wieder um und sagte: »Lassen wir die Sache auf sich beruhen. Mutti wird schon alles in Ordnung bringen. Und nun schlage ich vor, dass unsere Jugend ins Bett verschwindet, während wir Alten uns noch einen Schlummertrunk genehmigen.«

      Dominik hatte schon wieder Oberwasser. »Ich höre immer ›Alten‹«, sagte er verschmitzt. »Solltest du diesen Ausdruck etwa in Bezug auf meine Eltern gebrauchen, müsste ich mir das energisch verbitten. Wir sind in der glücklichen Lage, noch recht jugendliche Eltern zu haben.«

      Damit hatte er die Lacher auf seine Seite gebracht. So war es immer auf Schoeneich. Einen richtigen Streit gab es eigentlich nicht. Er wurde immer im Keime erstickt.

      Sascha, Andrea und Nick zogen ab, nachdem sie sich von ihren Eltern mit einem Gute-Nacht-Kuss verabschiedet hatten. Sie gönnten ihrem Vati und ihrer Mutti das abendliche Plauderstündchen, denn beide hatten den ganzen Tag über wenig Gelegenheit, allein zu bleiben.

      »Was nimmst du, mein Liebes, einen Whisky oder einen Kognak?«

      »Gib mir einen Kognak«, bat Denise. »Ich glaube, ich habe ihn heute nötig.«

      Alexander mischte sich einen Whisky mit Eis und Soda und brachte Denise ihren Kognak. Schweigend nahm er einen kräftigen Schluck, während Denise nur an ihrem Glas nippte.

      »Mir geht das Mädchen nicht aus dem Sinn«, begann sie, indem sie das Glas abstellte. »Ich konnte sie beobachten, als Carola davon sprach, sie habe schon einmal ein Bild von ihr gesehen. Sie war tödlich erschrocken. Für einen Augenblick gewann ich den Eindruck, sie wolle davonlaufen.«

      »Wahrscheinlich stimmt dann also Carolas Beobachtung. Als Malerin hat sie einen guten Blick und vergisst kaum jemals etwas, was ihr einmal aufgefallen ist. Besonders dann nicht, wenn es mit ihren künstlerischen Ambitionen in Zusammenhang steht. Dieser Gedanke bringt mich in eine bestimmte Richtung.«

      »Eben!«, warf Denise ein. »Diese Idee kam mir auch, als ich Carolas Äußerung hörte. Höchstwahrscheinlich hat jemand das Kind einmal gemalt, und das Bild wurde in einem Katalog oder einer Zeitschrift abgebildet. Aber wozu sollen wir uns jetzt darüber den Kopf zerbrechen. Im Grunde ändert sich dadurch nichts an den Tatsachen. Ich werde morgen mit Vilena sprechen. Es wird sich schon herausstellen, was mit ihr los ist. Ich bin allerdings ganz sicher, dass Nick damit recht hat, dass sie kein Flittchen ist.«

      Alexander lachte aus vollem Halse. »Also Ausdrücke hast du! Ich muss schon sagen, das ist wirklich allerhand. Ich möchte nur wissen, wo du das wieder aufgeschnappt hast!«

      Fröhlich stimmte Denise in sein Gelächter ein. Alexander beugte sich zu ihr hinab und küsste sie zart und innig. »Komm, mein Liebes, wir wollen schlafen gehen. Du hast einen anstrengenden und aufregenden Tag hinter dir.«

      »Und doch einen guten«, stimmte ihm Denise zu. »Ich glaube kaum, dass wir dieses Kind so bald wieder verlieren

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