Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle страница 8
»Haben Sie sie wirklich?«, rief er aus, indem er Sherlock Holmes an beiden Schultern packte und ihm gespannt ins Gesicht schaute.
»Noch nicht.«
»Aber Sie machen sich Hoffnungen?«
»Ich mache mir Hoffnungen.«
»Dann kommen Sie. Ich brenne darauf, loszufahren.«
»Wir brauchen eine Droschke.«
»Nicht doch, mein Coupé wartet.«
»Das wird die Sache vereinfachen.«
Wir stiegen die Treppe hinab und fuhren ein weiteres Mal nach Briony Lodge.
»Irene Adler ist verheiratet«, bemerkte Holmes.
»Verheiratet? Seit wann?«
»Seit gestern.«
»Aber mit wem?«
»Mit einem englischen Anwalt namens Norton.«
»Aber sie kann ihn doch wohl nicht lieben?«
»Ich hoffe darauf, dass sie es tut.«
»Sie hoffen darauf?«
»Weil es Eurer Majestät jede Furcht vor künftigem Verdruss nähme. Wenn die Dame ihren Ehemann liebt, liebt sie nicht Eure Majestät. Wenn sie aber Eure Majestät nicht liebt, so gibt es keinen Grund, weshalb sie den Plan Eurer Majestät zunichtemachen sollte.«
»Das ist wahr. Und dennoch …! Nun! Ich wünschte, sie wäre standesgemäß gewesen. Was für eine Königin wäre sie geworden.« Er verfiel in ein düsteres Schweigen, das nicht gestört wurde, bis wir in der Serpentine Avenue vorfuhren.
Die Tür von Briony Lodge war offen, und eine ältere Frau stand auf der Treppe. Sie beobachtete uns mit höhnischen Blicken, als wir aus dem Coupé stiegen.
»Mr. Sherlock Holmes, nehme ich an?«, sagte sie.
»Ich bin Mr. Holmes«, antwortete mein Gefährte und sah sie mit einem zweifelnden und ziemlich verdutzten Blick an.
»Sagte ich’s doch! Meine Herrin sagte mir, Sie würden aller Wahrscheinlichkeit nach vorbeikommen. Sie ist heute Morgen zusammen mit ihrem Gemahl nach dem Kontinent aufgebrochen, mit dem 5.15-Zug von Charing Cross.«
»Was?« Sherlock Holmes verlor das Gleichgewicht, weiß vor Ärger und Überraschung. »Heißt das, dass sie England verlassen hat?«
»Um niemals wiederzukehren.«
»Und die Dokumente?«, heischte der König mit heiserer Stimme. »Alles ist verloren.«
»Wir werden sehen.« Holmes drängte sich an der Hausangestellten vorbei und stürzte in den Salon, gefolgt vom König und mir. Möbelstücke lagen in alle Richtungen verstreut, Regale waren auseinandergenommen und Schubfächer aufgezogen, als habe die Dame sie vor ihrer Flucht in aller Eile durchwühlt. Holmes stürmte zum Glockenzug, riss eine schmale Lade zurück, tauchte mit der Hand hinein und zog ein Bild und einen Brief heraus. Das Foto zeigte Irene Adler selbst im Abendkleid, der Brief war überschrieben: »An Sherlock Holmes, Esq. Liegenlassen bis zur Abholung.« Mein Freund riss ihn auf, und alle drei zusammen lasen wir ihn. Er war datiert auf Mitternacht der vorhergehenden Nacht und hatte folgenden Wortlaut:
»Mein lieber Mr. Sherlock Holmes,
Sie haben es wirklich gut gemacht. Sie haben mich vollständig getäuscht. Bis nach dem Feueralarm hatte ich keinen Verdacht geschöpft. Dann aber, als ich herausfand, wie ich mich verraten hatte, begann ich nachzudenken. Ich war schon vor Monaten vor Ihnen gewarnt worden. Man hatte mir mitgeteilt, wenn der König einen Agenten beauftragen werde, dann mit Sicherheit Sie. Man hatte mir Ihre Adresse gegeben. Nach alledem brachten Sie mich dennoch dazu, Ihnen preiszugeben, was Sie wissen wollten. Sogar noch nachdem ich argwöhnisch geworden war, fiel es mir schwer, von solch einem liebenswerten, freundlichen alten Geistlichen irgendetwas Schlechtes zu denken. Aber Sie wissen, dass auch ich als Schauspielerin ausgebildet wurde. Hosenrollen sind mir nicht fremd. Ich mache mir oft die Freiheit zunutze, die sie verschaffen. Ich sandte John, den Kutscher, aus, Sie im Auge zu behalten, rannte nach oben, schlüpfte in meine Ausgehkleider, wie ich sie nenne, und kam herunter, als Sie sich eben entfernten.
Nun, ich folgte Ihnen bis vor Ihre Tür und vergewisserte mich auf diese Weise, dass ich wirklich das Interesse des gefeierten Sherlock Holmes erregte. Dann wünschte ich Ihnen, ziemlich unüberlegt, eine gute Nacht und machte mich zum Temple auf, um meinen Mann zu treffen.
Wir dachten beide, der beste Ausweg, wenn man von einem so gewaltigen Gegner verfolgt werde, sei die Flucht. Daher werden Sie die Vögel ausgeflogen finden, wenn Sie morgen auftauchen. Was das Foto angeht, mag Ihr Klient beruhigt sein. Ich liebe einen Mann, der besser ist als er, und meine Liebe wird erwidert. Der König mag tun und lassen, was er will, ohne Behinderung durch jemanden, den er grausam hintergangen hat. Ich behalte es lediglich, um mich selbst zu schützen und mir eine Waffe zu erhalten, die mich für immer von irgendwelchen Schritten, die er in Zukunft unternehmen mag, verschonen wird. Ich hinterlege ein Foto, an dessen Besitz ihm gelegen sein mag, und verbleibe, lieber Mr. Sherlock Holmes, aufrichtig die Ihre,
Irene Norton, geb. Adler.«
»Was für eine Frau – oh, was für eine Frau!«, rief der König von Böhmen, als wir alle drei das Schreiben durchgelesen hatten. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, wie rasch und resolut sie handelt? Hätte sie nicht eine wunderbare Königin abgegeben? Ist es nicht ein Jammer, dass sie nicht von gleichem Rang ist?«
»Nach dem, was ich von der Dame gesehen habe, scheint sie in der Tat von ganz anderem Rang als Eure Majestät zu sein«, sagte Holmes kalt. »Es tut mir leid, dass ich nicht in der Lage war, den Auftrag Eurer Majestät zu einem erfolgreicheren Abschluss zu bringen.«
»Im Gegenteil, mein lieber Herr«, rief der König aus. »Nichts hätte erfolgreicher sein können. Ich weiß, dass ihr Wort unverbrüchlich ist. Die Fotografie ist jetzt ebenso ungefährlich, wie wenn sie in Asche läge.«
»Ich höre mit Vergnügen, dass Eure Majestät es sagen.«
»Ich stehe unermesslich tief in Ihrer Schuld. Bitte, sagen Sie mir, auf welche Weise ich es Ihnen entgelten kann. Dieser Ring …« Er zog einen schlangenförmigen Smaragdring vom Finger und reichte ihn auf der Handfläche dar.
»Eure Majestät besitzen etwas, das ich ungleich höher schätzen würde«, sagte Holmes.
»Sie brauchen es nur zu nennen.«
»Dieses Foto.«
Der König starrte ihn voller Verblüffung an.
»Irenes Foto?«, rief er aus. »Sicher, wenn Sie es wünschen.«
»Ich danke Eurer Majestät. Dann gibt es in dieser Angelegenheit nichts weiter zu tun. Ich habe die Ehre, Ihnen einen recht guten Morgen zu wünschen.« Er verneigte sich, und indem er sich umwandte, ohne die Hand zu beachten, die der König ihm entgegenstreckte, brach er in meiner Begleitung zu seiner Kanzlei auf.
Und so geschah