Berühmte Kriminalfälle   8. Band. Alexandre Dumas

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Berühmte Kriminalfälle   8. Band - Alexandre Dumas страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Berühmte Kriminalfälle   8. Band - Alexandre Dumas

Скачать книгу

in der Meinung, dass dieser junge Mann irgend ein Bursche aus Ncuschâteau sei, den ihre Mutter oder ihre Brüder mit diesem Auftrage zu ihr schickten, ließ ihre Heerde unter der Obhut von einer ihrer Gefährtinnen, und machte sich eilig auf den Weg nach Hause; aber auf der Schwelle angekommen, fragte ihre Mutter sie, warum sie vor der gewöhnlichen Zeit zurückkehre, und woher sie komme, und warum sie so ihre Heerde verlasse.

      »Habt Ihr mir nicht gerufen?« fragte Johanna.

      »Nein,« antwortete die Mutter.

      Hierauf legte Johanna ihren Blumenstrauß vor dem Altare der heiligen Katharina nieder, und kehrte wieder durch den Garten ihres Hauses zurück, um nicht die ganze Straße entlang gehen zu müssen, und um so den Weg durch Abschneiden kürzer zu machen; aber im Garten angekommen, hörte sie eine Stimme zur Rechten, von der Kirche her; Johanna hob den Kopf empor, und sah eine leuchtende Wolke; die Stimme kam aus dieser Wolke, und sprach:

      »Johanna, Du bist geboren, um wunderbare Dinge zu verrichten, denn Du bist die vom Herrn zur Wiedereinsetzung des Königs Karl auserwählte Jungfrau; als Mann gekleidet, wirst Du die Waffen ergreifen, Kriegsanführer sein, und Alles im Königreiche wird nach Deinem Rathe geschehen.«

      Nachdem die Stimme diese Worte gesprochen hatte, hörte sie auf, sich vernehmen zu lassen, die Wolke verschwand, und das junge Mädchen blieb still und unbeweglich, über ein solches Wunder erschrocken.

      Späterhin, und nach Johanna's Vollzuge ihrer Mission bemerkte man, dass sie diese erste Erscheinung am 17. August 1424 gehabt hatte, nämlich gerade am Tage der Schlacht von Verneuil, in welcher gefallen waren: der Graf von Douglas, Herr Jakob, sein Sohn, der Graf von Buchan, der Graf von Aumale, Johann von Harcourt, der Graf von Tonnere, der Graf von Bentadour, der Herr von Roche-Baron, der Herr von Samaches, und so viele andere edle und loyale Ritter, dass man diese Schlacht für den Adel Frankreichs eben so verhängnisvoll hielt, als es jene von Crécy, von Poitiers und Azincourt gewesen waren.

      Indessen erholte sich Johanna wieder, und schlug wieder den Weg nach der Wiese ein, an ihre Heerde denkend, die sie allein gelassen: ihre Heerde hatte sich von selbst geschart, und wartete vereinigt unter einem schöne n Maibaume auf sie, den man den Baum der Damen oder den Baum der Feen nannte, weil Bauern, die bisweilen bei Nacht heimkehrten, daselbst lange weiße Gestalten tanzen gesehen zu haben behaupteten, welche jedes mal, wenn man sich ihnen näherte, in der Luft zerstoben, oder im Nebel verschwammen. Eine von Johanna's Tanten gehörte ebenfalls zu jenen, die daselbst ähnliche Erscheinungen getroffen zu haben vorgaben; aber obgleich Johanna oft dort mit ihre n jungen Freundinnen tanzte, und vorzüglich sang, hatte sie für ihre Person nie etwas dergleichen gesehen. Dieser Baum stand einem Walde gegenüber, den man den Wald Chenu hieß, und neben einer Quelle, wohin arme fieberkranke Leute in großer Zahl kamen: dieser Baum, einer der schönsten,, die man sehen konnte, und der eine große Berühmtheit allen diesen Erzählungen verdankte, gehörte dem Herrn Peter von Bolemont, Seigneur von Domremy..

      Johanna blieb den ganzen Tag in der Umgebung dieses Baumes, den sie sehr liebte, Kronen flechtend zu Ehren der heiligen Katharina und der heiligen Margareth, denen sie eine große Andacht weihte, und Kronen an die Aeste dieses Baumes hängend; brach dann der Abend an, so führte sie ihre Heerde wieder nach Hause.

      Da Johanna mit zwölf Jahren groß zu werden begann, und zudem schlank und gut gewachsen war, beschlossen ihre Eltern, sie nicht mehr auf das Feld zu schicken, und dass ihr Bruder Peter, ein Jahr jünger als sie, fortan statt ihrer die Heerde hüten solle; man lehrte sie dann die verschiedenen Nadelarbeiten, die sich für eine Frauensperson schicken, und es gelang ihr bald, hierin eben so geschickt zu sein, als die geschickteste Hausfrau des Dorfes.

      Die Erinnerung an das Abenteuer im Garten, tauchte jedoch zehnmal des Tages wieder in ihrem Innern auf, und der Klang jener von ihr gehörten wunderbaren Stimme, schlug unablässig an ihr Ohr. An einem Sonntage, da sie nach Entfernung Aller in der Kirche geblieben war, in ihr Gebet versunken, vernahm sie plötzlich die nämliche Stimme, welche ihr bei ihrem Namen rief; sie schaute empor, und es dünkte ihr, das Gewölbe der Kirche habe sich aufgetan, um eine schöne goldene Wolke hereinschweben zu lassen, und mitten in dieser Wolke sah sie einen jungen Mann, den sie für denjenigen erkannte, der mit ihr auf der Wiese sprach; aber da er diesmal lange weiße Flügel an den Schultern trug, begriff sie, dass er ein Engel sei, fühlte sich ganz erfreut ob diesem Anblicke, und fragte ihn sanft:

      »Monseigneur, habt Ihr mir gerufen?«

      »Ja, Johanna,« antwortete der Engel, »ich

      »Was wollt Ihr von Eurer Magd?« fragte Johanna.

      »Johanna,« versetzte der schöne junge Mann, »ich bin der Erzengel Michael, und ich komme im Namen des Königs des Himmels, um Dir zu sagen, dass er Dich unter den Frauenspersonen auserwählt hat, um das Königreich Frankreich von der Gefahr zu befreien, die es bedroht.«

      »Und was kann ich hierzu tun, ich arme Schäferin auf den Feldern?« fragte Johanna.

      »Bleibe immer ein sittsames Kind, wie Du es bisher warst,« entgegnete der Engel, »und wenn die Zeit gekommen sein wird, werden wir es Dir sagen, die heilige Katharina, die heilige Margareth, und ich; denn Beide haben eine wunderbare Freundschaft zu Dir gefasst, zur Belohnung der großen Andacht, die Du ihnen weihst.«

      »Der Wille Gottes geschehe,« erwiderte das junge Mädchen, »und er verfüge über seine Magd, wann und wie es ihm belieben wird.«

      »Amen!« sagte der Engel, und die Wolke, über ihm sich wieder schließend, entschwebte durch das Ge» wölbe der Kirche, und verschwand.

      Von diesem Momente an hegte Johanna keinen Zweifel mehr: es war weder eine Erscheinung, noch ein Traum, sondern eine wunderbare Wirklichkeit, und da in diesem Augenblicke der Priester, der die Messe gelesen hatte, durch die Kirche schritt, um in das Pfarrhaus zu gehen, bat ihn Johanna, sie Beichte zu hören, und erzählte ihm, was sie so eben gesehen und gehört hatte. Der Priester, ein alter einfacher und guter Pfarrer, hatte eine große Freude über dieses Geständnis Johannas, die er wegen ihrer Bescheidenheit und Andacht immer geliebt hatte; dann anempfahl er ihr, von diesen Erscheinungen Niemanden etwas zu sagen, und pünktlich die Befehle zu vollziehen, die sie vom Himmel erhalten würde.

      Drei Jahre verflossen, ohne dass Johanna wieder etwas von dem sah, was sie gesehen hatte, aber sie fuhr fort, groß zu werden, frisch und bescheiden, wie eine Feldblume, und obgleich nichts von diesem himmlischen Schutze materiell den Augen dessen sich kund gab, was sie umgab, fühlte sie sich doch innerlich in der Gnade des Herrn; daher dünkte es ihr oft, wenn sie allein war, die Chöre der Engel zu vernehmen, und dann erhob sie sanft die Stimme, und sang Liedchen nach einer unbekannten Weise, die sie nicht wieder finden konnte, wenn diese himmlische Musik verklungen war. Oft auch, wenn der Winter gekommen war, wenn der Schnee die Erde bedeckte, ging sie aus, und sagte, dass sie einen Blumenstrauß für ihre Heiligen pflücken wolle: so nannte sie die heilige Katharina und die heilige Margareth, und Jeder machte sich lustig über sie, die ganz mit Schnee bedeckten Gefilde ihr zeigend, und sie lächelte sanft, verließ das Dorf auf dem Wege nach Neuschâteau, und kehrte mit einer schönen Krone von Veilchen, von Schlüsselblumen und Goldknöpfen3 heim, die sie gepflückt und unter dem Baume der Damen geflochten hatte.

      Welche Sicherheit verhießen; es gab keinen Anbau, und folglich keine Ernten mehr, mit Ausnahme eines Vo» genschujses im Umkreise der Mauern; eine Schildwache stand immer auf dem Kirchthurme, und läutete Sturm, sobald sie den Feind bemerkte. Bei diesem Dröhnen kehr» ten die Feldarbeit« eilig zurück, ohne sich um ihre Heer» den zu kümmern; denn auch die Heerden hatten diesen Schall erkennen gelernt, und rannten hastig heimwärts, sobald sie die Glocke ertönen hörten, brüllend und blökend mit kläglicher Stimme, und an den Thoren um den Vortritt sich drängend und kämpfend,

Скачать книгу