Dr. Laurin Classic 52 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Dafür geht es sonst wild genug her«, sagte Leon mit einem Seufzer, des Trubels eingedenk, der sich am Nachmittag mal wieder bei ihnen abgespielt hatte.
Antonia allerdings meinte, dass sie sonst auch nicht anders wären, dass Leon nur überarbeitet sei. Es war wieder einmal eine sehr anstrengende Woche gewesen.
»Karin hat das Wetter jedenfalls wieder gespürt«, sagte Antonia. »Sie muss jetzt mal eine Kur machen. Du musst ganz energisch mit ihr sein, Leon. Ein paar Wochen kann ich auch mal allein fertig werden«, erklärte Antonia.
»Nein, das kannst du nicht, dann bist du auch reif fürs Sanatorium.«
»Teresa nimmt mir die Kinder ab, und ihre Zugehfrau hilft auch bei uns mal aus.«
»Und was doch alles an dir hängen bleibt, habe ich heute wieder gesehen. Kyra ist ein richtiges Temperamentsbündel. So schnell kann man gar nicht schauen, wie sie herumflitzt. Und Dummheiten machen die anderen drei auch schon genug.«
Es stimmte schon.
Die vier Laurin-Kinder konnten die ganze Familie mitsamt Großeltern in Atem halten. Für Leon stand es jedenfalls fest, dass Karin erst zur Kur fahren konnte und damit auch nur dann einverstanden sein würde, wenn Antonia eine ständige Hilfe im Hause hatte.
Aber noch ahnten sie nicht, woher diese dann kommen sollte.
*
Gleich nachdem er am Sonntagmorgen seinen Dienst angetreten hatte, ging Dr. Hillenberg in das schmale Krankenzimmer, in dem sein Schützling lag.
Gegen Morgen war sie ruhiger geworden und hatte auch fest geschlafen, wie Dr. Uhl ihm berichtet hatte.
Sie lag mit geschlossenen Augen da, aber er spürte, dass sie nicht schlief.
»Wie geht es Ihnen heute?«, fragte er freundlich.
»Danke«, murmelte sie.
»Da haben Sie ja noch mal Glück gehabt. Fast hätte ich Sie nicht mehr erwischt.«
Schnell schlug sie die Augen auf. »Sie?«, fragte sie.
»Sie haben Glück gehabt, dass ein Arzt und ein Junge, der schon als Rettungsschwimmer trainiert war, zur Stelle waren. Sie waren ziemlich weit draußen im See«, erwiderte Michael.
»Es tut mir Leid, wenn ich andere in Gefahr gebracht habe«, flüsterte sie, und Tränen quollen aus ihren Augenwinkeln.
»Man merkt manchmal nicht, wie weit man sich vom Ufer entfernt und in welche Gefahr man sich begibt«, sagte Michael freundlich. »Aber jetzt geht es Ihnen wieder besser, und wir würden nun gern Ihren Namen erfahren und welche Angehörigen wir benachrichtigen können.«
Ihre Lider senkten sich wieder, nachdem sie ihn kurz mit einem angstvollen Ausdruck angeblickt hatte.
»Ich habe keine Angehörigen«, erwiderte sie nach einem kurzen Schweigen tonlos. »Mein Name ist Martina Reinke.« Sehr zögernd kam es über ihre Lippen.
»Beruf?«, fragte Michael nun knapp.
»Ich habe keinen Beruf. Ich wollte mir hier eine Stellung suchen.«
»Dann sind Sie nicht versichert?«, fragte er.
»Nein, ich bin nicht versichert, und deshalb möchte ich Ihnen auch nicht zur Last fallen.«
»Na, davon wollen wir jetzt mal gar nicht reden. Unser Chef ist großzügig.«
»Aber ich habe kein Geld, keine Stellung und bin hier auch nicht gemeldet. Und ich habe nicht mal Kleidung. Ich weiß nicht, wo die ist.«
Michael hatte das eigentümliche Gefühl, dass sie etwas verschweigen wollte, aber er wollte sie nicht drängen.
»Ja, wenn Sie keine Kleidung haben, dann werden Sie ohnehin noch ein bisschen bei uns bleiben müssen, bis wir welche besorgt haben. Aber vielleicht hat man Ihre Sachen inzwischen doch am Ufer gefunden.«
Ein todtrauriger Ausdruck legte sich plötzlich über ihr Gesicht, und in den schönen grauen Augen lag so viel Resignation, dass er erschüttert war. Nun kam ihm der Gedanke auch, dass sie den Tod gesucht haben könnte, in einer ausweglosen Situation, allein auf der Welt, ohne Freunde, die ihr helfen konnten.
Man musste mehr von ihr in Erfahrung bringen, wenn ihr hier geholfen werden sollte. Aber jetzt hatte es nicht den Anschein, als wolle sie mehr über sich sagen.
»Was haben Sie sich gedacht, als Sie mich retteten?«, fragte sie plötzlich.
»Gedacht? Gar nichts. Wir sind ins Wasser gesprungen.«
»Und sonst hat niemand versucht, mich herauszuholen?«
»Es war niemand da, ein Segelboot ausgenommen. Aber von dort hat Sie wohl niemand bemerkt.«
Dann war wieder Stille, und als er sich an der Tür umdrehte, sah er, dass sie die Hände über ihr Gesicht gelegt hatte.
Dr. Sternberg war der erfahrenere Arzt und auch Menschenkenner. Er hatte bald heraus, dass Martina etwas verschweigen wollte, aber er glaubte doch, das Mädchen richtig einzuschätzen, wenn er sie als intelligent und guterzogen beurteilte.
Dr. Sternberg war eine eindrucksvolle Persönlichkeit, ein interessanter Mann, und war während vieler Jahre als Arzt auch mit vielen und den verschiedensten Schicksalen konfrontiert worden. Eins glaubte er mit Bestimmtheit von diesem jungen Gesicht ablesen zu können: ein leichtes und frohes Leben hatte Martina nicht gehabt. Ihr Alter gab sie mit zweiundzwanzig an. Nach ihren Papieren gefragt, erwiderte sie zögernd, dass die wohl bei ihren übrigen Sachen sein müssten.
Wenn sie noch keinen Beruf ausgeübt hätte, was würde sie denn dann für eine Vorstellung haben, fragte Dr. Sternberg sie ruhig.
Sie zuckte die Schultern und blickte auf die Bettdecke.
Sie sah aus, als würde sie jeden Augenblick wieder in Tränen ausbrechen.
»Ich mag Kinder sehr«, sagte sie dann. »Kindergärtnerin wäre ich gern, aber das ist eine lange Ausbildung. Herr Doktor, kann ich den Aufenthalt hier vielleicht abarbeiten?«
Sie ist stolz, dachte er. »Darüber reden wir noch«, sagte er freundlich. »Sie brauchen sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen.«
Auf jeden Fall wollte er mit Dr. Laurin darüber sprechen. Man konnte das Mädchen vielleicht zuerst einmal ins Tabea-Heim schikken. Dort wurde immer Hilfe gebraucht, und auch an anderen Möglichkeiten würde es kaum mangeln, wenn sie den ehrlichen Wunsch zur Arbeit hatte. Aber dazu brauchte sie zuerst mal ihre Papiere. Ob sie sich etwas hatte zuschulden kommen lassen? Nein, danach sah sie nicht aus. Aber konnte man es mit Bestimmtheit behaupten? In der Verzweiflung geriet ein so junger Mensch schnell einmal auf Abwege. Ein bisschen vorsichtig musste man schon sein. Man hatte auch in der Prof.-Kayser-Klinik schon allerhand erlebt.
Für heute war seine Tätigkeit in der Klinik beendet. Dr. Hillenberg war jetzt schon so selbständig, dass man ihm die Verantwortung überlassen konnte.
Aber