Butler Parker 191 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Parker hüstelte dezent und brachte sich damit wieder in Erinnerung. Lady Agatha fühlte sich gestört und musterte ihren Butler verärgert.
»Ja, was ist denn, Mister Parker, warum geben Sie dieses lächerliche Geräusch von sich?« verlangte sie zu wissen.
»Mylady mögen gütigst verzeihen.« Parker verneigte sich andeutungsweise und verwies auf die große Wanduhr, die über Fullertons Schreibtisch hing. »Mylady äußerten den Wunsch, Mister Fullertons wirklich ausgezeichnete Show zu sehen, die in Kürze beginnen dürfte.«
»Das dürfen Sie nicht versäumen, auf keinen Fall, Mylady.« Fullerton ergriff Lady Agathas Arm und geleitete sie zur Tür, um sie persönlich in den Vorführungsraum zu führen. Neben Myladys junonischer Gestalt wirkte er wie weiland David gegen Goliath.
*
Agatha Simpson saß in der Privatloge des Gastgebers und starrte entzückt durch ihr Lorgnon auf die Bühne. Dort wirbelten einige grotesk herausgeputzte ›Damen‹ über die Bretter, warfen ihre üppig behaarten Beine und streckten ihre falschen Busen dem Publikum entgegen. Dazu sangen sie erstaunlich gekonnt Lieder in Keltisch mit zweideutigem Text und warfen ab und zu Kußhände unter die begeistert mitgehenden Zuschauer.
»Worüber freuen sich die Leute hier so, Mister Parker?« verlangte die Lady zu wissen, während sie keinen Blick von der Bühne wandte.
»Man genießt offensichtlich die Texte, Mylady, die durchaus als gewagt bezeichnet werden dürfen«, gab Parker würdevoll zurück.
»Ich verlange eine genaue Übersetzung, Mister Parker, und lassen Sie nichts aus! Ich weiß im voraus, daß ich empört sein werde, aber schonen Sie mich nicht, sagen Sie mir genau, mit welchen Obszönitäten man mein Ohr beleidigt«, verlangte sie energisch zu wissen und beugte sieh erwartungsvoll zu dem Butler hinüber.
»Lassen Sie nur, Mister Parker, das mache ich schon«, mischte sich Jock Fullerton ein, der rechts von Mylady saß. Er neigte sich zu ihr und begann neckisch in ihr Ohr zu flüstern.
Mylady sah ihn zunächst erstaunt, dann ungläubig-verzückt an und ließ ein leises Kichern vernehmen, das Parker noch nie bei ihr gehört hatte. Sie legte dem Unterhaltungschef ungeniert ihre schwere Hand auf die Schulter und zog ihn näher zu sich heran, um ja kein Wort zu verpassen.
Fullerton wiederholte eine besonders schlüpfrige Textpassage, und Mylady prustete wie ein aus dem Wasser tauchendes Nilpferd. Einige Zuschauer sahen zur Loge hinüber und versuchten, den Verursacher des lauten Geräuschs auszumachen.
»Ich muß schon sagen, Mister Parker, ich bin aufrichtig empört!« Lady Agatha hatte ihre Fassung wiedergewonnen und sprach den Butler an, der stocksteif neben ihr saß und keine Miene verzog.
»Falls Mylady sittliches Empfinden zu sehr strapaziert werde, kann man selbstverständlich sofort aufbrechen und zur Villa zurückfahren«, schlug Parker höflich vor. Er wußte natürlich genau, daß seine Herrin im Traum nicht ans Gehen dachte und ihm eine lange Nacht bevorstand.
»Ich bitte Sie, Mister Parker, geben Sie sich doch nicht immer so furchtbar puritanisch, gehen Sie auch mal aus sich heraus, das wird Ihnen guttun, nicht wahr, mein lieber Jock?!« Sie strahlte Parker förmlich an.
Der Butler zuckte kaum merklich zusammen und ließ andeutungsweise die Brauen um den Bruchteil eines Millimeters in die Höhe steilen. Er gestattete sich einen unhörbaren, weil nur innerlich gegebenen Stoßseufzer und richtete sich geistig auf weitere Anfechtungen ein.
Mylady schien sich ausgezeichnet zu amüsieren und von Mr. Jock Fullerton nachhaltig animiert zu werden.
Einige der Herren-Damen sprangen von der Bühne und näherten sich hüfteschwingend den weiter vorn im Publikum sitzenden Männern. Die angeblichen Damen waren in Kostüme der zwanziger Jahre gehüllt und sogen an langen, ebenso mondän wie verrucht aussehenden Zigarettenspitzen. Sie ließen sich auf den Schößen einiger Herren nieder und begannen, diese unter dem Kinn zu kraulen oder über die Haare zu streichen.
Lady Agatha beugte sich weiter vor, um sich nichts entgehen zu lassen. Sie war bestrebt, jede Minute in der seltsam erregenden Atmosphäre dieses Etablissements auszukosten.
Die Herren-Damen ließen von ihren Opfern ab und tänzelten zur Bühne zurück. Dazu sangen sie Lieder, die an Frivolität nicht zu überbieten waren und blieben von Zeit zu Zeit stehen, um einen Herrn im Publikum mit einem Kuß zu bedenken.
Plötzlich entdeckten sie Agatha Simpson in ihrer Loge, blieben stehen und tuschelten. Dann näherten sie sich zielstrebig der Loge und machten davor halt.
»He, altes Mädchen, du gefällst uns, echt stark siehst du aus, wirklich! Haste nicht Lust, mit uns ’ne kesse Sohle aufs Parkett zu legen?« erkundigte sich eine besonders grell geschminkte »Dame« mit beeindruckendem Gummibusen.
»Die Dame ist mein Gast, Jungs, schwirrt wieder ab.« Jock Fullerton schien das etwas peinlich zu sein und winkte die Darsteller energisch weg.
»Was will man von mir?« wollte Lady Agatha wissen und musterte die Herren-Damen wohlwollend.
»Nichts von Belang, Mylady. Man bat lediglich darum, Mylady möge sich am Geschehen auf der Bühne beteiligen«, gab Parker würdevoll zurück, der wieder mal ahnte, was jetzt kam.
»Ach, tatsächlich, Mister Parker, und warum bittet man mich darum?«
»Die Jungs finden Sie Klasse, Lady, aber das geht natürlich zu weit. Ich habe ihnen bereits gesagt, sie sollen Sie nicht weiter belästigen«, mischte sich Jock Fullerton hastig ein.
»Papperlapapp, ich hatte schon immer einen Hang zu den Brettern, die die Welt bedeuten, und ein gewisses Talent hat man mir zeit meines Lebens nachgesagt«, überlegte die ältere Dame und lächelte versonnen. »Und bekanntlich ist es ja nie zu spät, um eine neue Karriere zu starten, nicht wahr?«
Sie erhob sich entschlossen und nickte den Herren-Damen freundlich zu. »Ich werde Ihnen jetzt eine Show bieten, die Sie Ihr Leben lang nicht vergessen werden«, versprach sie, während sie die ihr hilfreich entgegengestreckten Hände der Darsteller ergriff und sich zur Bühne führen ließ.
»Das steht zu befürchten«, äußerte sich Josuah Parker leise und machte sich auf einen Kunstgenuß besonderer Art gefaßt.
*
Man hatte eine Pause eingelegt, die die Darsteller nutzten, um sich ein wenig zu erfrischen, die Garderobe zu wechseln und sich nachzuschminken. Im Zuschauersaal gingen junge Frauen durch die Reihen und boten Eis und diverse Getränke an. Josuah Parker nutzte die Gelegenheit, um mit Jock Fullerton einige Worte zu wechseln und gewisse Wünsche zu äußern.
Dann gongte es dreimal, die Lampen erloschen, und der Vorhang rauschte zur Seite, um die Bühne für die letzte halbe Stunde der Show freizugeben. Andächtiges Schweigen trat ein, als man des Ensembles ansichtig wurde. Eine gewisse Lady Agatha war zweifellos der unbestrittene Star, die Königin der Nacht und Beherrscherin der Bühne. Sie wußte das und winkte huldvoll in die Menge, die plötzlich zu toben begann und aufsprang, um frenetisch Beifall zu klatschen.
»Mein Gott, so was hab’ ich noch nie erlebt, die Leute sind ja außer Rand und Band!« flüsterte Jock Fullerton neben Parker und lächelte selig. Josuah Parker hielt auf seine Würde als Butler