Scheidung kann tödlich sein. Andrea Ross

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Scheidung kann tödlich sein - Andrea Ross

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keine Geldsorgen bis dato. Aber wie eine Keule traf mich die Erkenntnis, dass ich in keiner Beziehung der üblichen Art gelebt hatte. Wir hatten dieselben Interessen und Hobbys, aber das war anscheinend auch schon alles. Kaum war Ann geboren, war die Beziehung quasi schlagartig tot. Mausetot. Klaus-Werner besuchte mich in den fünf Tagen nach der Geburt nicht einmal im Krankenhaus, er gebrauchte lieber saublöde Ausreden.

      So ging es weiter, kein Haushaltsgeld für Windeln, kein Interesse für Ann, dann auch keines mehr für mich. Ich musste finanziell wegen der Verdienstausfälle in der Elternzeit und erst recht in seelischer Hinsicht sehen, wo ich bleibe. Nach vielen vergeblichen Versuchen, die Situation irgendwie zu verbessern, gab ich 1993 auf und zog zurück nach Bayreuth in ein kleines Appartement, überschuldet und ohne meine Tochter. Ich musste ja wieder ganztags arbeiten, ließ sie schweren Herzens bei der Oma und hatte Mühe, das Benzingeld aufzubringen, sie überhaupt am Wochenende holen zu können.

      Ansonsten wurde nachts genäht, um die Schulden abzutragen, die mir die Zugewinngemeinschaft bei der Trennung eingebracht hatte. Das Geld steckte in Klaus-Werners Eisenbahnanlage. Während ich mein Bankkonto trotz ebenfalls kostspieliger Hobbys immer in der Balance gehalten hatte, war Klaus-Werner zum Schuldenprinzen geworden, hatte mich hiervon nicht einmal informiert.

      Ich lebte von etwa 100 D-Mark im Monat. Dann hatte ich auch noch einen Unfall und zog mir im Knöchel einen Splitterbruch zu, der mich monatelang an Krücken fesselte. Hatte meine Mutter mir in dieser schweren Zeit geholfen, sich überhaupt nur für irgendwelche Gründe interessiert? Nein. Völlige Fehlanzeige. Die war beleidigt, weil ich ihren guten Ruf geschädigt hatte. Ich erdreistete mich schließlich, mich scheiden zu lassen. Ein Kapitalverbrechen. Die Scheidung selber war eine Katastrophe. Ich musste mich beim Richter noch rechtfertigen, dass ich arbeitete, um das Leben zu finanzieren, anstatt mich um meine Tochter zu kümmern. Ich habe sie dann zu mir geholt, als sie endlich im Kindergartenalter war. Nachmittags betreute sie meine Mutter, die mir allerdings zu verstehen gab, ich würde hierdurch ihr Leben zerstören, weil sie ihren Nachmittag nicht mehr frei gestalten konnte. So hatte ich täglich Schuldgefühle, wenn ich Ann nach der Arbeit dort abholte, doch fehlten mir die Alternativen. Nach drei Jahren war die Scheidung endlich durch, aber der Ärger mit Klaus-Werner hat lange Jahre nicht aufgehört.

      Zermürbt von alledem wollte ich damals nur noch eines: endlich einen Menschen um mich haben, der mich um meiner selbst willen liebt. Mit dem ich einfach nur leben kann, der meine Tochter mag und uns als Doppelpack akzeptieren würde. Da setzte man mir im Sozialamt einen Kerl mit Pferdeschwanz ins Zimmer, der irgendwie selbst gestrickt aussah und der oft rührend hilflos wirkte. Ach, dachte ich mir, der würde mir bestimmt nichts zuleide tun. Es gab zwar einige unterschiedliche Ansichten und zugegeben – er war auch etwas langsam im Denken und in seinen Handlungen auch nicht sehr entscheidungsfreudig – aber ich glaubte, hiermit leben zu können.

      Ich übernahm alles für Theo, was er nicht auf die Reihe brachte. Nach einem halben Jahr mit guten Gesprächen und Freizeitaktivitäten wagten wir den Schritt, uns gemeinsam in einer Wohnung aufzuhalten, entweder in seiner Eigentumswohnung, oder am Wochenende in meiner Mietwohnung in Emtmannsberg. Das ging recht gut, er mochte auch Ann und befasste sich mit ihr. Manch komisch anmutenden Handlungsweisen von ihm schob ich auf die Tatsache, dass er halt lang alleine gewesen sei und sich an eine Familie und alles, was dazugehört, erst gewöhnen müsse. So brauchte er unbedingt ein bis zweimal in der Woche eine »Auszeit« von uns, die er dann alleine in seiner Wohnung verbrachte.

      Günther kannte ich damals auch schon, das war ein FußballKumpan von Theo. Ich verstand mich prima mit ihm, machte Fahrradtouren, begeisterte mich wie er für Ägypten und konnte sehr gut über gelegentliche Probleme mit Theo mit ihm reden. Er war mir ein guter Freund geworden, und ich machte im Gegenzug seinen Kummerkasten. Er sah sich immerzu als tragische Figur, wegen seiner Schmerzen und seiner nicht vorhandenen Freundin. Die letzte hatte ihn eiskalt abserviert, ihm nicht einmal die Gründe genannt.

      Ich stellte Günther später meiner Cousine Uschi vor, weil er immer hilfsbereit war und auch stets gern neue Leute kennen lernte. Er half dort zunächst den Zaun reparieren und verfrachtete schließlich sein Lager in die Garage, die zum Haus meiner Cousine und deren Ehemann gehörte. Er arbeitete für einen Nahrungsmittel-Konzern und musste als Außendienstvertreter stets Proben und Werbematerial lagern, das er dann in die Supermärkte mitnahm. So brachte er seine Sachen unter, und Uschi hatte ab und an Unterhaltung.

      Theo und ich beschlossen eines Tages, dass ein Imperiums-Erbe her müsse. So im Scherz bemerkte er, dass sonst die KurzenmeyerLinie bei ihm enden würde, und wem sollten dann die Häuser seines Vaters vererbt werden? Das war aber eigentlich doch kein Scherz, Theo konnte die Geburt eines Kindes wirklich so sachlich sehen. Also wurde ein Söhnchen geboren, und Theo war anders als Klaus-Werner auch sichtlich stolz darauf und kümmerte sich um den Burschen. Zumal das Babybübchen auch noch haargenau aussah wie er selbst. Zum Verwechseln ähnlich, wenn man ihn mit Papas Kinderfotos verglich.

      Bei Axels Taufe lernte ich Attila kennen, den meine Cousine in München geheiratet hatte, und diese beiden hatten ein fast gleichaltriges Baby: Solveig. Stundenlang schob ich mit Uschi den Kinderwagen durch Bayreuth und hörte mir erste Schimpftiraden über ihren Mann und über Exvermieter in Grafing an, von dort waren sie zugezogen. Angeblich war er aggressiv und bekam unangemessene Wutanfälle, wenn sie etwas nicht richtig machte. Ich konnte diese Informationen nicht recht einordnen, so sagte ich nicht viel dazu.

      Fast schon dachte ich, jetzt könne für mich alles gut werden. Ich war verheiratet und hatte zwei Kinder, Axel war ein wirklich pflegeleichtes Kerlchen. Meine Finanzen hatten sich inzwischen erholt, die Schulden waren abbezahlt. Aber die Geschichte sollte sich wiederholen. Nur mit dem Unterschied, dass Theo durchaus Interesse für sein eigenes Kind zeigte, dafür aber nach und nach überhaupt nicht mehr für Ann. Die war wegen des ImperiumsErben nun überflüssig. Es wurde nur noch an ihr herumkritisiert, sie konnte Theo nichts recht machen.

      Ann ihrerseits wurde immer verschlossener, zog sich zurück und ärgerte ihn manchmal absichtlich, so nach dem Motto »wenigstens negative Aufmerksamkeit«. Sein Verhalten mir gegenüber änderte sich auch ins Negative, wenn nicht gar in Sadismus, außerdem gingen mir seine Langsamkeit, sein stets zögerndes Verhalten und seine Ungleichbehandlung der Kinder immer mehr auf die Nerven. Ich steuerte ständig dagegen, erntete aber nur Unverständnis und Wutausbrüche. Die Kluft zwischen uns wurde immer tiefer, ich saß ja zwischen ihm und meiner Tochter vollkommen zwischen den Stühlen. Kann man jemanden noch wirklich lieben, der die leibliche Tochter hasst?

      Es kam, was kommen musste. Ich versuchte ständig, etwas zu verbessern, schon Axel zuliebe. Dazu gehörten auch der Kauf des Reihenhauses und die Eheschließung 1999, weil ich hoffte, dass Theo dann endlich akzeptieren könne, dass wir in der vorliegenden Besetzung zusammengehörten und uns nicht bekämpfen dürften. Gleichzeitig hatte ich das unbestimmte Gefühl, einen Fehler zu machen. Aber ich nahm das in Kauf und dachte mir, dass ich dann eben lebenslänglich für meinen Sohn leiden müsse, wenn das schief ginge. Selbst schuld, ich hätte den Braten eben riechen müssen. Ich saß hinten im Hochzeitsauto und heulte auf dem Weg zum Standesamt. Theo dachte vermutlich, ich täte es aus Rührung oder Sentimentalität und fragte gar nicht danach. Und, oh, Wunder, für ein paar Wochen war nach der Hochzeit die Beziehung tatsächlich etwas besser geworden, bis sich die alten Zustände in den Alltag zurückschlichen.

      Ann bekam schließlich eine Neurose in Form einer Zwangskrankheit, mit Anfällen, bei denen sie starr auf dem Boden lag, die Decke anstarrte und nicht mehr ansprechbar war. Das machte eine kinderpsychologische Behandlung notwendig. Zeigte Theo Einsicht, änderte er sein Verhalten? Nein. Im Gegenteil.

      Dafür zeigte Klaus-Werner urplötzlich Interesse, das über McDonalds-Besuche und Urlaube mit Ann hinausging. Er war eifrig hinterher, mir klar zu machen, Ann müsse unbedingt zu ihm und seiner neuen Lebensgefährtin ziehen, damit es ihr besser ginge. Nachdem Klaus-Werner aber schon immer sehr am Besitz von Geld interessiert war und von Anfang an auch unglücklich darüber war, dass er für Ann Unterhalt zahlen

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