O du fröhliche, o du grausige. Friederike Schmöe
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Читать онлайн книгу O du fröhliche, o du grausige - Friederike Schmöe страница 5
»Grüß Gott!«, rief Bella gegen den Wind.
»Hier ist gesperrt. Haben Sie zufällig das Band gesehen?«
»Bella Graukorn. Ich schreibe für die Tageszeitung.« Sie zog ein Päckchen Mentos aus der Tasche. »Möchten Sie?«
»Von mir aus.« Er nahm eins. »Sind das nicht die lebensgefährlichen Kaubonbons? An denen man stirbt, wenn man sie mit Cola isst?«
»Dann trinken Sie halt kein Cola dazu.«
Er steckte den Drops in den Mund. »Danke für den Rat.«
»Sind Sie von der Polizei?«
Der Mann knurrte etwas Unverständliches.
»Ich habe die Frau gestern Abend gefunden.«
»Ach, Sie waren das? Ich habe Ihre Zeugenaussage gelesen. Wir werden Sie vielleicht noch einmal reinbestellen müssen.«
»Haben Sie schon …«
»Nein, ich habe noch nicht.«
Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mir von patzigen Mitmenschen den Schneid abkaufen lasse!
»Der Unfallfahrer muss das Opfer auf den Acker geschleudert haben. Sie hat sich dann noch zum Weg zurückgeschleppt«, brachte sie ihr Wissen vor.
Der Mann stemmte sich hoch, stülpte zum Schutz vor dem Schnee die Kapuze über den spärlich behaarten Kopf.
»Was wollen Sie hier?«
»Mein Trauma bewältigen.« Bella streckte die Hand aus. »Und meine Arbeit machen. Schließen Sie Frieden mit mir, ich bin kein Sicherheitsrisiko.«
»Oberkommissar Köhler. Werner.« Er schlug ein. Eiskalte Pranke. »Der Schnee hat die Spuren zugedeckt, aber sehen Sie diese Vertiefung da im Acker?« Er deutete hin. »Da ist sie aufgeschlagen. Der Aufprall hat sie durch die Luft geschleudert. Die Spurenlage war gestern Nacht noch ein bisschen besser. Wir haben Fotos. Sie ist dann tatsächlich bis hierher gekrochen.«
»Wo ich sie gefunden habe. Ich dachte zuerst, da liegt ein Stück Holz oder was weiß ich.« Bella schob fröstelnd die Hände in die Anoraktaschen. »Wissen Sie, wer sie ist?«
»Noch nicht. Sie?«
»Ich habe sie nicht erkannt. Das Gesicht sah schrecklich aus. Irgendwie kam es mir leidlich bekannt vor. Aber ihre Züge waren verzerrt, und sie hatte schwarze Flecken unter den Augen.«
»Wohnen Sie da drüben?« Köhler wies auf das Dorf.
»Ja. Seit gut 20 Jahren.«
»Stammt das Opfer aus dem Dorf?«
»Nicht, dass ich wüsste. Wie gesagt, ihr Gesicht war extrem entstellt.« Bella wies mit dem Kinn zur Siedlung. »Vielleicht stammt sie von der dunklen Seite.«
»Sie machen wohl Witze.«
»Nein, die beiden Ortsteile sind einander nicht grün.«
»Ach?« Köhler funkelte Bella an. »Ihr mögt euch nicht? Dabei waren Sie doch gestern dort drüben, wenn ich die Aussage richtig gelesen habe.«
»Beruflich. Infoveranstaltung. Ich muss drüber schreiben.«
»Und jetzt auch noch über den Unfall.«
»Genau.«
»Der ist natürlich viel interessanter.«
»Trifft zu.«
Köhler grinste. »Sie sind wenigstens ehrlich.«
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe kein Problem mit der Siedlung. Ich kaufe sogar im Bioladen ein.«
»Was Sie nicht sagen.«
»Aber es gibt Hardliner.«
»Da bin ich ja froh, dass ich nur in Sachen Fahrerflucht ermitteln muss.«
»Was wissen Sie über den Wagen?«, hakte Bella sofort ein.
»Ein ziemliches Kaliber. Leider ist mit den Reifenspuren nicht viel anzufangen. Zu nass, und dann sind ja andere auch noch über den Weg gefahren.«
»Ich zum Beispiel. Verdammt, warum konnten wir sie nicht retten?«
»Das fragt man sich immer.« Köhler seufzte. »Allzu oft findet sich keine befriedigende Antwort. Wir haben keine Hinweise bei der Toten gefunden. Keinen Ausweis, nichts.«
»Keine Handtasche?«
»Das hätte mich glücklich gemacht.«
»Was trug sie für Kleidung?«
»Allerweltssachen. Nichts besonders Teures, nichts besonders Billiges.«
»Spazierengehen würde eine Frau nicht bei diesem Wetter. Nachts um 22 Uhr. Bei Schneetreiben.«
»Meine Leute haben Fußspuren ausgemacht, die zu ihr passen. Sie kam von da drüben.« Er zeigte genau in den Scheitelpunkt am nördlichen Ende des Ortes, wo beide Gemeindeteile beinahe zusammenwuchsen. »Dort oben ist der ›Dorfkrug‹. Wir haben herumgefragt. Sie wurde dort nicht gesehen. Ehrlich gesagt, die Spuren sind nicht allzu aussagekräftig.«
Bella knetete ihre Unterlippe. »Wäre auch wenig wahrscheinlich. Wenn sie im Wirtshaus war, warum ging sie dann nicht direkt ins Dorf oder in die Siedlung? Sondern hier raus auf den Acker?«
»Liebeskummer?«
»Hat mein Bruder gerade.«
Köhler stampfte mit den Füßen, um warm zu werden. Es sah aus wie ein bäriger Steptanz. »Sie wollte vielleicht allein sein. Nur mal Luft schnappen.«
»Glauben Sie das wirklich?«
»Jedenfalls war sie nicht im Wirtshaus. Der Wirt kannte sie gar nicht.«
»Haben Sie ihm ein Foto von der Toten gezeigt? Dann wundert’s mich nicht.« Bella grub ihren Notizblock aus der Anoraktasche. »Was kann ich schreiben? Dass niemand sie kennt? Dass sie nicht im ›Dorfkrug‹ war? Dass es Fußspuren gibt? Die fehlende Handtasche, dass sie keinen Ausweis dabei hatte?«
Köhler hob die Schultern. »Von mir aus. Rufen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.« Er reichte Bella eine Visitenkarte.
»Danke.« Sie gab ihm ihre. »Was haben Sie hier eigentlich gesucht?«
»Eine Inspiration. Und Sie?«
»Wahrscheinlich das Gleiche.«
Bella stapfte zum Flatterband zurück. Als sie gerade in ihr Auto steigen wollte, fuhr ein Pick-up vor. Der Fahrer drückte kurz auf die Hupe.
»Hier