Schönbrunner Finale. Gerhard Loibelsberger
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Читать онлайн книгу Schönbrunner Finale - Gerhard Loibelsberger страница 15
Aurelia hatte ebenfalls einen Schluck Wein genommen, dann das Glas energisch auf den Tisch gestellt, ihren Mann streng angesehen und gesagt:
»Nechyba, bist du a Kiberer oder a alter Krauderer66?«
Nechyba hatte geschluckt und geschwiegen. Dann war Aurelia mit ihrem Sessel so nah zu ihm hingerückt, dass er die Wärme ihres Körpers gespürt hatte.
»Nechyba, der arme Gotthelf! Dem schuldest du sowieso noch was. Also was wirst du morgen tun?«
»Was?«
»Du wirst morgen mit dem Nachwassern67 beginnen. Und seinen Tod aufklären.«
»Na geh!«
»Nix, na geh. Du gehst morgen gleich in der Früh rüber über den Naschmarkt und fangst mit den Nachforschungen an. Versprichst du mir das?«
Die Wärme ihres Busens und ihres Schenkels hatten in Nechyba Gelüste geweckt. Aber nicht auf ein Streitgespräch. Also hatte er ihr ein dickes Busserl gegeben und gebrummt:
»Versprochen.«
65 Tafelessig
66 alter, unfähiger Kerl
67 hier: ermitteln
I/10
15 Jahre ist es her. Vor 15 Jahren war ich das letzte Mal in diesem Hinterhof. Als das Dienstmädel der Familie Schmerda − wie hieß sie nur? Mizzi, glaub’ ich − als die Mizzi ermordet worden war. Damals hab’ ich den Gotthelf verdächtigt. Jetzt ist er tot. Und nun sitzt mir meine Frau im Genick, dass ich die Sache aufklären soll. Obwohl das überhaupt nicht meine Zuständigkeit ist! Nechyba schüttelte sich vor Unwillen und klopfte an die Tür des Salettls, in dem der Verblichene gewohnt hatte. Zuerst leise, dann lauter, schließlich pumperte der Oberinspector mit seiner Faust gegen das ächzende Holz.
»Was is’ denn das für a Wirbel da? A Ruh is’! Ruheee!«
Nechyba drehte sich um und sah einen fetten alten Kerl, der aus einem Fenster im Erdgeschoss schaute.
»Schreien S’ net umadum. Wenn einer schreit, dann bin i das.«
»Und wer sind Sie?«
»Oberinspector Nechyba. K. k. Polizeiagenteninstitut.«
»Oha! A Großkopferter.«
»Werden S’ net frech, Sie! Wer sind Sie überhaupt?«
»I? I bin der Hausmasta da.«
»Name!«
»Hirnigl. Eusebius Hirnigl.«
»Also Hirnigl, passen S’ auf: Sie bewegen jetzt Ihren Hintern heraus und sperren mir die Behausung vom Herrn Gotthelf auf.«
»Herr Gotthelf? Der Gotthelf is’ ka Herr. Sie sind a Herr. Unser Hausherr is’ a Herr. Aber der Gotthelf war a Pfeifenstierer68.«
»I brauch’ den Schlüssel.«
»I hab’ aber kan Schlüssel.«
»Das gibt’s net!«
»Wann ich Ihnen sag, dass i kan Schlüssel hab’.«
»Und warum net?«
»Weil mir der Pepi Gotthelf, der was der Adoptivsohn vom verblichenen Gotthelf is’, den Schlüssel abgenommen hat.«
»Derf er denn das?«
»Die Hausfrau hat’s ihm erlaubt.«
»Und warum?«
»Weil’s mit ihm unter einer Decke steckt.«
»Und was sagt der Hausherr dazu?«
»Nix. Der is’ an der Front in Italien.«
»Wollen Sie andeuten, dass die Hausfrau a Gspusi mit dem jungen Gotthelf hat?«
»Das haben Sie jetzt gesagt, Herr Oberinspector.«
»Und wo find’ i den jungen Gotthelf?«
»Oben. Bei der Hausfrau. In der Hausherrnwohnung.«
»Die zwei haben also keinen Genierer.«
»Das haben wiederum Sie gesagt, Herr Oberinspector. Von mir hören S’ dazu keinen Ton. Was wollen S’ denn vom Pepi Gotthelf?«
»Befragen will ich ihn. Zum Tod seines Vaters.«
»Da werden S’ net viel erfahren. Den haben die anderen Kiberer schon ausg’fratschelt69. Das bringt nix.«
Nechyba sah Hirnigl nachdenklich an und zupfte dabei an seinem Schnauzbart.
»Und was würde was bringen?«
»Na, wenn S’ zum Beispiel die beiden Bettgeher befragen würden.«
»Was für Bettgeher?«
»Die, die der Gotthelf bei sich einquartiert g’habt hat.«
»Davon weiß i ja nix.«
»Davon weiß niemand was. Das hat der Gotthelf still und heimlich g’macht. Das hat er net an die große Glocke g’hängt.«
»Und wo find’ ich die beiden?«
»Untertags haben sie sich immer am Naschmarkt herumgetrieben.«
»Wissen Sie, wie die heißen?«
»Der eine war a Behm. Der hat den anderen einmal Zach gerufen.«
»Zach?«
»Ja.«
»Und der Behm?«
»Ka Ahnung, wie der heißt.«
»Und warum ham Sie das alles net meinen Kollegen erzählt?«
»Weil s’ mich net g’fragt ham.«
68 langer, dünner Mensch, der nicht viel zählt
69 befragt
I/11