Rurschatten. Olaf Müller

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Rurschatten - Olaf Müller

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Rütters habe am Freitag gegen 19.00 Uhr ausgecheckt. Er wollte zur Annakirmes, zu Tochter und Schwiegersohn. Alles wie in jedem Jahr. Nichts Ungewöhnliches. Er war sehr gut beisammen. Rüstig, durchtrainiert, ein Langstreckenwanderer. Da sei Strack-Zimmermann nicht mitgekommen, wenn sie das so sagen dürfe. Das Zimmer, ja dort, die Suite 103, geräumig, mit Blick auf die Eifel. Natürlich bleibt sie verschlossen. Wann wird sie wohl wieder vermietet werden können? Sie wissen, das Budget, die Kosten und so.

      Helene Schulz-Weißenbach säuselte zu den beiden Kommissaren: »Bitte, sprechen Sie doch sehr sanft mit unseren Gästen. Sie sind leicht erregbar, ach, was sage ich, erschütterbar. Wir sind eine geborgene Gemeinschaft, da schafft so ein Verbrechen Unruhe und Aufregung. Wir brauchen doch alle unsere Mitte, unser Vertrauen, unseren inneren Klang, nicht wahr, Herr Kommissar.«

      »Danke, wir schicken heute noch die Kriminaltechnik. Bestimmt in 14 Tagen, da kann wieder jemand ins Domizil.« Fett war kurz angebunden. Nun sagte er auch schon Domizil, bemerkte er selbstironisch. »Danke, und es kann sein, dass wir uns wieder melden. Wir werden Ihre Ruhe nicht unnötig stören. Es sei denn, einem Ihrer Bewohner fällt noch etwas Wichtiges ein.«

      Nachmittags war die Kriminaltechnik bereits in der Suite. Sie stellten alles auf den Kopf, fanden aber nichts von Bedeutung. Gar nichts. Auch das war merkwürdig. Keine Erinnerungsstücke, Fotoalben. Viele Wanderbücher, Karten und Bücher über die Region. Alle Kreisjahrbücher seit 1960. Kaum Medikamente. Kein Hinweis, der sie weiterbrachte. Als ob Alexander Rütters geschichtslos dort gelebt hätte.

      Die Tochter

      »Guten Tag, Frau Hoven. Wir haben da noch einige Fragen, auch wenn es bestimmt sehr schwer für Sie ist.« Fett hatte in Merzenich bei Rütters Tochter geklingelt, und Anne Hoven hatte mit Ringen unter den Augen die Tür geöffnet. Sie sagte nichts und ging langsam voraus zum Wohnzimmer des Bungalows aus den 80er-Jahren. Samstagnachmittag in der Siedlung am Rande des Dorfes, relativ neue Bauten, Mittelklassewagen, ab und an Oberklasse. Hier wohnt man preiswerter als in Köln oder Frechen, die Autobahn ist nahe, die Eisenbahn auch. Und doch ein Dorf. Einige Autos wurden gewaschen, auch wenn dieser samstägliche Nationalsport langsam ausstarb.

      Peter Hoven kam aus dem Keller hoch, begrüßte mit einem stummen Nicken Fett und Schmelzer und bot Kaffee und Wasser an.

      »Nein danke. Wir möchten nicht lange stören. Aber bitte, jetzt kann jeder Hinweis sehr wertvoll sein. Ist Ihnen etwas aufgefallen an Alexander Rütters, wurde er bedroht, gab es etwas Besonderes in letzter Zeit?« Fett blickte beide interessiert an.

      Anne Hoven schaute zu ihrem Mann und beide antworteten fast zeitgleich: »Nein, nichts.«

      »Wer tut so etwas, Herr Kommissar?« Anne Hoven erwartete wohl kaum eine Antwort, und Fett konnte auch keine geben.

      »Frau Hoven, Herr Hoven, wir stehen am Beginn der Ermittlungen. Wir haben alles abgesucht, die Kameras auf der Annakirmes werden noch ausgewertet, wir sind am Anfang. Sagt Ihnen vielleicht das Wort Rurschatten etwas?«

      Fett und Schmelzer schauten prüfend in die Gesichter. »Nein, nichts.« Wieder kam aus beiden Mündern zeitgleich die Antwort. Komischer Ehepaartick, dachte der Junggeselle Fett.

      »Gab es irgendwas in der Vergangenheit Ihres Vaters, was wir wissen sollten?« Fett musterte Frau Hoven.

      »Er war der beste Vater der Welt. Auch noch, als meine Mutter gestorben ist. Ich konnte immer auf ihn zählen.«

      »Frau Hoven, gab es etwas in der Vergangenheit, als Sie noch nicht geboren waren? Hat Ihr Vater aus seiner Vergangenheit oder von Problemen im Betrieb oder mit Konkurrenten berichtet?«

      »Mein Schwiegervater hat fast nie von der Vergangenheit erzählt. Er war froh, dass wir in Friedenszeiten leben, und wollte nicht an die Schrecken des Krieges und der Nazizeit erinnert werden.« Peter Hoven hatte konzentriert gesprochen. »So war es doch, nicht wahr, Anne?«

      »Ja, Peter. So war es. Er war glücklich mit uns. Und auf die Annakirmes freute er sich wie ein kleines Kind. Nein, es gibt da keine Schatten. Fassen Sie den Mörder, bitte, Herr Kommissar. Entschuldigen Sie mich.« Hastig ging sie in den hinteren Teil des Bungalows.

      »Das war es auch schon. Wenn Ihnen irgendetwas einfällt oder Ihrer Frau. Bitte nicht zögern. Rufen Sie uns an. Mich oder Herrn Schmelzer. Wir werden jede Spur verfolgen. Danke, Herr Hoven.«

      »Ja, Herr Kommissar. Wir zählen auf Sie.«

      Fett und Schmelzer standen auf und waren fünf Minuten nach Betreten des Hauses wieder im Freien.

      »Mager«, stellte Schmelzer fest.

      Fett nickte: »Komisch, alles schön, alles gut, nur ist der Herr Papa leider trotzdem ermordet worden.«

      Höfe und Friedhöfe

      Fett kam nicht voran. Die Spurenauswertung, Obduktion, Befragung von Fahrgästen, Geisterbahnpersonal, Mitbewohner im Domizil – alle Untersuchungen verliefen im Sand. Die Mordwaffe blieb verschwunden.

      Am Tag der Beerdigung von Alexander Rütters, wieder ein Freitag, 15. August, war halb Düren auf den Beinen. Fett stand auf dem Hauptfriedhof hinter einem der Gräber der Großindustriellen. Auch die Familie Rütters besaß ein Familiengrab. Seit Generationen lagen die Vorfahren des Ermordeten dort. Papiermagnaten. Papiermillionäre. Warum stehe ich hier?, dachte Fett. Die Trauer der Angehörigen ist echt. Die Worte der Honoratioren falsch. Alles Käse. Wir haben nichts. Die Geisterbahn ist auf den Kopf gestellt worden. Null. Niente. Nothing. Rurschatten. Wer hat dem Alten die SMS geschickt, warum ist er los zur Geisterbahn, was war im Vorfeld passiert? Eine Vorgeschichte gab es, da war sich Fett sicher.

      War Rütters vielleicht in einer Verbindung, Freimaurer oder so was. Fett dachte nach. Dann ging er am Beerdigungscafé »Don Camillo« vorbei zu seinem Wagen.

      Hatte Rütters im Altenheim Feinde? Gab es Feinde nach dem Verkauf der Papierfabrik? – Seine Kinder waren während des Mordes in der Kirmes-Kneipe geblieben, dafür gab es Zeugen.

      Im Büro unterrichtete Fett den Kollegen Schmelzer. Der süppelte seinen Kaffee und wirkte müde. Er dachte sich sein Teil. Ein alter Toter. Der wäre eh bald gestorben. Warum so viel Aufwand. Rechtsstaat. Die Staatsanwaltschaft ruft an, der Polizeipräsident und was weiß ich wer noch. Schatten über der Annakirmes. Auch da Schatten.

      Rurschatten

      Fast drei Wochen waren seit dem Mord vergangen. Fett stand mit leeren Händen da. Im Seniorenstift hatte es mal Krach im Bingoklub gegeben, aber Bingostreit als Mordmotiv? Ein Täter aus dieser Ecke kam nicht in Betracht, nicht bei dieser Form des Mordes. Die ehemaligen leitenden Angestellten der Papierfabrik waren gut abgefunden worden, keiner ins Bodenlose gefallen. Auch da kein Motiv. Rütters schien keine Feinde zu haben. War es eine Verwechslung? Ausgeschlossen. Alexander Rütters war gezielt in die Geisterbahn gelockt worden. Jemand hatte ihn dort erwartet. Im Wagen hinter ihm hatte ein Liebespaar gesessen, der Wagen vor ihm war leer. Also galt der Schuss mit dem Colt ihm. Ein stummes Paff, kein Lärm, die Waffe war fast aufgesetzt worden. Man könnte beinahe von einer Hinrichtung in der Geisterbahn sprechen. Fett war die Tour gefahren. Am Sonntag, dem letzten Tag der Annakirmes. Die kreischenden Zombies und Vampire hatten ihn tatsächlich erschreckt. An der Stelle, wo sich der Mörder positioniert haben musste, stand Schmelzer mit seiner ungeladenen Waffe. Paff. Ein Schuss, dann bog der Wagen um die Ecke und passierte noch einige Gespenster, ehe er ans Tageslicht kam. Das muss ein Profi gewesen sein, das schafft ein Rentner aus Sankt Irmgardis nicht. Wer war sich so sicher gewesen, dass der alte Mann

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