Data Leaks (1). Wer macht die Wahrheit?. Mirjam Mous

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Data Leaks (1). Wer macht die Wahrheit? - Mirjam Mous Data Leaks

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      Der Poolplatz besteht aus einem Kreis blauer Mosaiksteinchen, in deren Mitte eine Säule nonstop Videos zeigt. Flirrende Pfeile weisen den Weg zum Schwimmbad, den Umkleiden und Schließfächern und zu Finding Nemo – ein Restaurant mit unendlich leckeren Algenshakes und Yummys mit Sushigeschmack. Ich schaue mir den neusten Werbespot auf dem Monitor an. In einer Sprechblase wie in einem Comic sagt ein Mädchen mit Muscheln im Haar: Heute ist Thunfisch im Angebot!

      Ich habe meinen Badeanzug zu Hause schon angezogen und gehe gleich weiter zu den Schließfächern.

      Sandalen aus. Reißverschluss auf.

      Gerade will ich aus der Hose steigen, als mein Camphone pingt.

      Hat Flow es sich überlegt? Das kann ich mir nicht vorstellen.

      Neugierig schaue ich auf das Display.

      Prissy Winters, oder?

      Ich runzele die Augenbrauen. Die Nachricht stammt von jemandem, der sich Mo nennt. Das Profilfoto zeigt kein erkennbares Portrait, sondern einen gruseligen Totenkopf mit unschuldigen Manga-Augen.

      Wie kommst du an meine Nummer? Ich kenne keinen Mo. Ich schicke es ab.

      Er antwortet sofort: Eigentlich heiße ich Mateo, aber keiner nennt mich so.

      In der Schule gibt es einen Matt und ich habe einen Großneffen, der Morrison heißt. Aber einen Mateo …

      Das ist bestimmt irgend so ein fieser alter Kerl, der meine Camfies auf Supershoot gesehen hat. Neulich hielt eine junge Frau an unserer Schule einen Vortrag, in dem sie uns vor solchen Typen warnte. Männer, die so tun, als wären sie Jugendliche, die Gleichaltrige kontaktieren wollen. Sie selbst war auch von so einem Ekel missbraucht worden, nachdem sie auf seine Nachrichten eingegangen war.

      Ich kenne auch keinen Mateo und ich clicke nicht mit Fremden.

      Ich verschicke die Nachricht, werfe mein Camphone in eine meiner Sandalen, stelle sie ins Schließfach und lege meine Hose und Bluse obenauf.

       Ping.

      Nicht gucken! Ich schlinge mir mein Handtuch um die Taille, knalle die Schließfachtür zu und halte mein ID-Bändchen vor den Scanner.

      Ein Brummton. Verschlossen.

      Wie dumm. Meine Schwimmbrille steckt noch in meiner Hosentasche.

      Ich öffne das Fach wieder und dann gucke ich natürlich doch.

      Aber ich kenne dich, steht auf dem Display.

      Holden

      Ich fasse an mein ID-Bändchen. Vor ein paar Monaten schien es mir noch eine geniale Idee, den Tracker ausbauen zu lassen. Eine kniffelige Feinarbeit laut Willy, der schamlos dreihundert Dash dafür verlangte. Das war es mir wert, denn ohne Tracker kann ich überall unbemerkt rumstromern. Willy hatte mich noch gewarnt und gesagt, die Notfalltaste an meinem Bändchen würde dann auch nicht mehr funktionieren, aber das war mir völlig egal. Kein Tracker bedeutete Freiheit.

      Und dadurch bist du jetzt hier gefangen, Trottel. Vielleicht für immer.

      Ich versuche, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Nicht in Problemen denken, sondern in Lösungen, wie es Pa immer tat. Der hätte bestimmt gewusst, wie man hier heraus…

      Mein Camphone! Wenn das Gerät den Sturz überlebt hat, kann ich dort den Tracker einschalten und jemanden benachrichtigen.

      Ich schaue mich um, aber es ist, als wäre ich nachtblind. Das hat was mit Stäbchen und Zäpfchen zu tun, erinnere ich mich vage. Wahrscheinlich habe ich zu lange durch dieses dämliche Loch nach oben gestarrt und meine Augen müssen sich jetzt erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen.

      Geduld ist nicht meine Stärke. Ich werfe den Schlafsack von mir, knie mich hin und taste die Umgebung ab. Matratze, Matratze, Boden …

      Da liegt was!

      Sobald ich die Konturen meines Camphones erkenne, stoße ich einen Freudenschrei aus. Meine Stimme hallt im Raum wider. Ich tippe mit dem Daumen und plötzlich habe ich Licht!

      Gebrochenes Licht, denn über das Display zieht sich ein gewaltiger Sprung. Ich reibe darüber, bis das Glas warm genug ist und sich selbst reparieren kann. Der Sprung schrumpft zu einem Haarriss und verschwindet dann komplett. Ich kann das Display wieder ablesen.

      Die Balken oben links prophezeien nichts Gutes. Oder eigentlich müsste ich sagen, die fehlenden Balken. Ich strecke den Arm, aber es hilft nichts. Auch Aufstehen macht keinen Unterschied. Als ich mich genau unter die Deckenöffnung stelle und mich so lang mache, wie es geht, sehe ich immer noch dasselbe.

      Null Balken.

      Diese Höhle ist wahrscheinlich der letzte Ort auf dieser Erde ohne Empfang.

      Die unebene Matratze bringt mich ins Wanken. Meine Gelenke haben sich noch immer nicht ganz von dem Schlag erholt und ich stöhne vor Schmerz. Vielleicht liegt hier ja noch mehr herum, fällt mir ein. Nicht nur Matratzen, sondern auch anderer Kram. Sachen, mit denen ich ein Gerüst bis oben zum Loch in der Decke bauen kann.

      Die Taschenlampenfunktion braucht keinen Empfang. Ich schalte sie in den hellsten Modus und leuchte mit dem Camphone um mich. Das ist nicht die illegale Deponie, die ich erwartet habe. Am ehesten ähnelt es noch einem unterirdischen Geschäft. Überall stehen voll beladene Regale. Ich sehe Hunderte Literflaschen Wasser, je sechs in einem Karton. Stapelweise Decken und Handtücher, Klopapierrollen – genug für ein ganzes Jahr – Seife, weiße Dosen mit roten Kreuzen darauf, ein paar Trillerpfeifen, Stifte und Papier, tütenweise Teelichter und Kerzen, Streichholzschachteln und Feuerzeuge.

      Im nächsten Schrank liegen ein Hammer, eine Säge, allerlei Zangen, ein primitiv aussehender Bohrer und Werkzeuge, von denen ich nicht einmal wüsste, was man damit anfangen könnte. Aber auch Seile in verschiedenen Dicken und Klebeband.

      Danach kommen Bögen und Köcher voller Pfeile, ein Netz und dann einige Gewehre mit Dutzenden von Patronenschachteln daneben. Ich erkenne sie aus alten Kriegsfilmen und Ballerspielen. Trotzdem ist es seltsam, sie hier in echt zu sehen. Ziemlich beängstigend sogar. Ich dachte, alle Waffen seien vernichtet – bis auf die Gummiknüppel und die Taser der Ordnungskräfte.

      Daneben finde ich eine durchsichtige Tüte voller Papierstapel, bedruckt mit schwarzer und grüner Tinte. Als ich den Lichtstrahl flach halte, kann ich erkennen, was draufsteht. Buchstaben – immer dasselbe S mit einem vertikalen Strich – und Porträts verschiedener Leute. Ich erkenne einen Präsidenten von vor langer Zeit und mich beschleicht allmählich das Gefühl, in einer Art Zeitloch gelandet zu sein. Das sind Zahlungsmittel aus der Zeit der Banken und Geldkarten!

      Aber am beeindruckendsten sind die endlos scheinenden Dosenreihen. Sortiert nach Größe und Form. Farbe, denke ich erst noch, aber als ich genauer hinschaue, merke ich, dass es sich um eine andere Art von Dosen handelt. Diese hier haben keinen Deckel, den man mit einem Schraubenzieher hochdrücken kann, sondern Ringe zum Aufziehen. Auf der verschmutzten Außenseite sind verblasste Bilder und Buchstaben, die etwas über den Inhalt verraten: Erbsen, Sardinen, Kidneybohnen, Knackwurst, Pfirsich, Sardellenfilets, Ananas, Leberpastete und Tomatensuppe …

      Das sind Lebensmittel. Keine Yummys, Shakes oder Vita, sondern nicht manipulierte Nahrungsmittel, wie

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