Data Leaks (1). Wer macht die Wahrheit?. Mirjam Mous

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Data Leaks (1). Wer macht die Wahrheit? - Mirjam Mous страница 6

Data Leaks (1). Wer macht die Wahrheit? - Mirjam Mous Data Leaks

Скачать книгу

einen verletzten Blick zu und ich fühle mich doch ein wenig schuldig.

      »Vielleicht hatte er einfach Lust zu schwänzen«, sage ich.

      »Das erklärt noch nicht, weshalb ich ihn nicht erreichen kann.«

      Ich verdrehe die Augen. »Vielleicht, weil er sein Camphone ausgeschaltet hat?«

      »Wer macht denn so was?«

      »Holden offensichtlich.«

      Mein Bruder ist nicht normal, das weiß doch jeder.

      »Und wenn jetzt doch was Schlimmes passiert ist?«, fängt Mama wieder an. Sie scheint gar nicht zu merken, dass sie meine Lieblingssandale fast erwürgt. Gleich bricht noch die Sohle!

      »Es ist überhaupt nichts passiert«, sage ich. »Er hat keine Lust auf dein Gejammere, also geht er nicht ran.«

      »Glaubst du?«

      »Ganz sicher.« Ich richte mich auf, nehme ihr die Sandale aus der Hand und stelle sie neben ihr Gegenstück unters Bett.

      Mama starrt etwas verloren auf ihre leeren Hände.

      »Kannst du ihn nicht anrufen?«, fragt sie dann. »Mit deinem Gerät. Vielleicht reagiert Holden ja, wenn er sieht, dass du es bist.«

      Ich weiß jetzt schon, dass er mich für eine Verräterin halten wird. Aber wenn ich Mama helfe, erhöhe ich meine Chancen auf ein Kostüm von Colourcompany, also taste ich unter meinen Kissen, bis ich mein Camphone finde.

      Anrufen. Ich laufe hin und her.

      »Und?«, fragt Mama gespannt.

      Ich schüttele den Kopf. »Aber das heißt nicht, dass er nicht da ist. Wenn sein Gerät ausgeschaltet ist …«

      Mit hängenden Schultern setzt sie sich auf mein Bett.

      Ich muss an die hauchdünnen Vasen im City-Museum denken. Sobald man ihnen zu nahe kommt, leuchten Buchstaben auf dem Boden auf: NICHT BERÜHREN, SEHR ZERBRECHLICH.

      Ich traue mich auch nicht, Mama anzufassen. Als Papa noch lebte, war sie tapfer und stark. Ich kann es mir kaum noch vorstellen.

      Holden

      Shit! Der Akku ist leer!

      Was dachtest du denn?, sagt Pa. Dein Camphone nonstop leuchten lassen und dann auch noch im hellsten Modus …

      Ja-ha. Ich verstaue mein Gerät.

      Und jetzt? Auf gut Glück im Dunkeln weiterstolpern und hoffen, dass mich der Tunnel zu einem Ausgang bringt?

      Aber was, wenn er stattdessen tiefer hinunterführt und ich in irgendeinem komplizierten Höhlensystem lande?

      Kategorie schlimmere Todesarten: erst wochenlang allein herumirren und dann doch noch vor Hunger und Durst sterben.

      Dann esse ich mich lieber an Dosenfutter zu Tode.

      Ja, Labyrinthe aus Glas, die fand ich als Kind ziemlich witzig. Und das große Labyrinth in Funworld mit seinen meterhohen Buchenhecken und dem Aussichtsturm in der Mitte. Pa hat mir mal erzählt, die Gärtner hätten sich früher ein Seil um die Taille gebunden, wenn sie die Hecken schnitten. Ein Ende banden sie dann an der Hecke am Eingang fest, damit sie den Weg zurück schnell fanden, weil sonst nichts von ihren Pausen übrig geblieben wäre.

      Heute brauchen sie nur ihr GPS einzuschalten. Meins ist fast bis auf den Millimeter genau. Leider hat man davon nichts, wenn man mit einem leeren Camphone in einem Keller ohne Empfang sitzt, während so ein Seil …

      Vielleicht ist ja unter den Werkzeugen was Passendes, das ich verwenden kann!

      Ich lasse die Plane los und taste mich zwischen den Regalen durch, während ich versuche, meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Rechts erkenne ich die vagen Umrisse der Konserven. Links: noch mehr Dosen …

      Das muss der Schrank mit dem Werkzeug sein. Ungeduldig lasse ich meine Finger über die Gerätschaften wandern und dann habe ich plötzlich eine Kerze in der Hand. Die Feuerzeuge und Streichhölzer liegen daneben, daran erinnere ich mich noch.

      Fast zünde ich meinen Daumen an, aber endlich brennt der Docht. Die Handinnenfläche schützend um die Flamme gelegt, gehe ich aufgeregt zum nächsten Regal.

      Ja, da liegt eine Rolle Schnur!

      Als ich sie in meine Tasche stecke, entdecke ich noch etwas Interessantes. Einen flachen Gegenstand mit einer Lampe und einer Art Griff. Eine Taschenlampe aus dem Jahr null?

      Eine großartige Taschenlampe! Als ich ein paarmal auf den Griff drücke, leuchtet sie auf.

      Ich blase die Kerze aus, behalte sie aber bei mir. Angenommen, meine neue Dynamolampe gibt wie mein Camphone den Geist auf? Diesmal will ich auf alles vorbereitet sein.

      Da ich keine Schnecke bin, die notfalls drei Jahre schlafend ohne Nahrung verbringen kann, scheint es mir klug, was zu essen und Wasser mitzunehmen. Mir war zwar ein bisschen übel von der Ananas, aber ich bin nicht daran gestorben. Wahrscheinlich muss mein Magen nach siebzehn Jahren Vita und Shakes einfach erst einmal umschalten.

      Ich entscheide mich für eine Dose Bohnen, eine Büchse Sardellen und Tomatensuppe. Bloß – wo tue ich das alles hin, wenn ich auch noch diese Lampe festhalten will?

      Ich leuchte die Umgebung ab, auf der Suche nach etwas, in dem ich meine Sachen transportieren kann, und Wunder über Wunder, in der Ecke an der Wand lehnt ein Stoff‌beutel. Ein Stück Felsen, denke ich erst noch, aber Felsen haben oben keinen Saum mit einer Kordel zum Zuschnüren.

      Ich ziehe die Öffnung auf und schaue hinein.

      Fackeln? Die sind ja noch viel praktischer als Kerzen!

      Als ich sie ein wenig zur Seite schiebe, passen die Konserven bequem in den Beutel und auch die Wasserflasche findet noch Platz. Die Kerze. Dann hänge ich mir die improvisierte Tasche über die Schulter. Das Feuerzeug stecke ich in die Hosentasche, nachdem ich die Rolle mit der Schnur wieder hervorgeholt habe. Ein Ende knüpfe ich an das Regal, das dem Tunneleingang am nächsten steht, und wickele schon mal ein Stück ab. Noch ein paarmal drücken, damit ich genügend Licht habe …

      Ich schiebe die Plane zur Seite und betrete den unterirdischen Gang.

      Es scheint wärmer hier drinnen als in der Höhle, aber das kann auch an meinen Nerven liegen. Mein Rücken ist klamm vor Schweiß und die Schnurrolle klebt an meinen Fingern. Vorläufig brauche ich mich nicht zu entscheiden, in welche Richtung ich gehe. Wo ich eine Abzweigung vermutete, macht der Gang nur eine Biegung nach rechts. Sobald ich um die Kurve gebogen bin, habe ich das Gefühl, dass es langsam, aber stetig nach oben geht und …

      Mir stockt der Atem. Sehe ich das richtig?

      Ich gehe schneller, lasse die Schnurrolle fallen und gönne mir nicht die Zeit, sie aufzuheben. Der Lichtstrahl bewegt sich zuckend auf und nieder und dann …

      Ja, es sind Stufen! Sechs Stück, um genau zu sein, und sie führen zu einer Luke in der Decke! Ich platze fast vor Hoffnung und Freude, klemme den Stoff‌beutel zwischen meine Füße,

Скачать книгу