Der Tod auf dem Nil. Agatha Christie

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Der Tod auf dem Nil - Agatha Christie

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Lady reich und schön ist und geliebt wird, irgendetwas stimmt trotzdem nicht. Und ich weiß noch etwas.«

      »Ja?«

      »Ich weiß«, Poirot runzelte wieder die Stirn, »irgendwo und irgendwann habe ich diese Stimme schon einmal gehört – Mr Doyles Stimme –, und ich wüsste liebend gern, wo.«

      Aber Rosalie hörte nicht mehr zu. Sie war stehen geblieben und zeichnete mit der Sonnenschirmspitze Muster in den Sand. Plötzlich brach es grimmig aus ihr heraus: »Ich bin abscheulich. Ich bin abscheulich. Ich bin einfach durch und durch ein Biest. Aber ich möchte ihr am liebsten die Kleider vom Leib reißen und auf ihrem hübschen, arroganten, selbstgefälligen Gesicht herumtrampeln. Ich bin eben eine eifersüchtige Zicke – aber so empfinde ich es. Sie ist so widerwärtig erfolgreich und gelassen und selbstsicher.«

      Hercule Poirot schien ein bisschen verwundert über den Ausbruch. Er packte Rosalies Arm und schüttelte sie sanft und freundschaftlich. »Tenez – gleich fühlen Sie sich besser, weil Sie es ausgesprochen haben!«

      »Ich hasse sie einfach! Ich habe noch nie jemanden auf den ersten Blick so gehasst.«

      »Großartig!«

      Rosalie sah ihn skeptisch an, verzog dann den Mund und fing an zu lachen.

      »Bien«, sagte Poirot und lachte mit.

      Wie zwei alte Freunde spazierten sie zurück zum Hotel.

      »Ich muss Mutter suchen«, sagte Rosalie, als sie in die kühle, dämmrige Lobby traten.

      Poirot ging in die entgegengesetzte Richtung, zur Terrasse mit Blick auf den Nil. Die Tischchen waren bereits für den Tee gedeckt, aber noch war es zu früh. Eine Weile sah er von oben auf den Fluss, dann bummelte er hinunter und durch den Garten.

      Ein paar Leute spielten in der prallen Sonne Tennis. Er blieb stehen, sah eine Zeitlang zu und kletterte schließlich den steilen Pfad nach unten. Und dort, auf einer Bank, von der aus man den Nil sehen konnte, entdeckte er plötzlich das Mädchen aus dem Chez Ma Tante. Er erkannte sie sofort. Das Gesicht, das er an jenem Abend gesehen hatte, hatte sich fest in sein Gedächtnis eingebrannt. Es hatte jetzt einen anderen Ausdruck. Das Mädchen war auch blasser und dünner, und manche Züge ließen auf eine tiefe Erschöpfung und einen elenden Gemütszustand schließen.

      Er trat ein paar Schritte zurück. Sie hatte ihn nicht gesehen. Er beobachtete sie eine Weile weiter, ohne dass sie seine Anwesenheit bemerkte. Ihr einer kleiner Fuß tappte ungeduldig auf den Boden. In ihren dunklen Augen schien eine Art Glut zu schwelen, ein düsterer Triumph zu lauern. Sie sah hinaus auf den Nil, auf dem weiße Segelboote vorbeiglitten.

      Ein Gesicht – und eine Stimme. An beide konnte er sich genau erinnern. Das Gesicht dieses Mädchens und die Stimme, die er vor kurzem gehört hatte, die Stimme des frischgebackenen Ehemanns …

      Und während er dastand und das ahnungslose Mädchen beobachtete, vollzog sich die nächste Szene des Dramas.

      Oben wurden Stimmen laut. Das Mädchen sprang von der Bank hoch. Linnet Doyle und ihr Mann kamen den Steilpfad herunter. Linnets Stimme klang glücklich und selbstsicher. Sie sah auch nicht mehr so angespannt und verkrampft aus. Linnet war glücklich.

      Jetzt ging das Mädchen vor der Bank ein, zwei Schritte auf sie zu. Die beiden blieben abrupt stehen.

      »Hallo, Linnet«, sagte Jacqueline de Bellefort. »Hier seid ihr also! Wir scheinen uns ja dauernd über den Weg zu laufen. Hallo, Simon, wie geht’s dir denn?«

      Linnet Doyle prallte mit einem kurzen Aufschrei zurück gegen den Felsen. Simon Doyles ebenmäßiges Gesicht war plötzlich wutverzerrt. Er schoss vor, als hätte er die schmale, mädchenhafte Gestalt am liebsten verprügelt.

      Die rasche, vogelartige Drehung ihres Kopfes signalisierte, dass sie jemand Fremdes bemerkt hatte. Auch Simon drehte den Kopf herum, sah Poirot und sagte linkisch: »Hallo, Jacqueline, wir hatten nicht damit gerechnet, dich hier auch zu treffen.«

      Es klang höchst unglaubwürdig.

      Das Mädchen bleckte strahlend weiße Zähne. »Eine ziemliche Überraschung, hm?« Dann stieg sie, mit einem kurzen Nicken, den Steilpfad hinauf.

      Poirot nahm dezent die entgegengesetzte Richtung, hörte im Gehen aber Linnet Doyle noch sagen: »Simon – um Gottes willen! Simon – was sollen wir denn machen?«

      Drittes Kapitel

      Das Dinner war beendet, die Terrasse des Hotel Cataract sanft erleuchtet, und die meisten Hotelgäste hatten an den kleinen Tischen Platz genommen.

      Auch Simon und Linnet Doyle kamen heraus, neben sich einen großen grauhaarigen Mann aus gutem Hause mit einem glattrasierten, aufgeweckten amerikanischen Gesicht. Die kleine Gruppe stand zögernd in der Tür, als Tim Allerton aufsprang und auf sie zuging.

      »Sie erinnern sich sicher nicht mehr an mich«, sagte er liebenswürdig zu Linnet, »aber ich bin Joanna Southwoods Cousin.«

      »Natürlich – wie dumm von mir! Sie sind Tim Allerton. Mein Mann«, ein leises Zittern in der Stimme – vor Stolz? Schüchternheit? »Und mein amerikanischer Treuhänder, Mr Pennington.«

      »Ich muss Sie mit meiner Mutter bekanntmachen«, erwiderte Tim.

      Ein paar Minuten später saßen sie alle zusammen an einem Tisch – Linnet am einen Ende, eingerahmt von Tim und Pennington, die gleichzeitig auf sie einredeten und um ihre Aufmerksamkeit buhlten. Mrs Allerton unterhielt sich derweil mit Mr Doyle.

      Die Schwingtür flog auf, und das wunderschöne aufrechte Wesen zwischen den beiden Männern am Ende des Tischs schien sich jäh anzuspannen, entspannte sich aber wieder, als ein kleiner Mann heraustrat und quer über die Terrasse ging.

      Mrs Allerton sagte: »Sie sind nicht die einzige Prominenz hier, meine Liebe. Der komische Knirps ist Hercule Poirot.«

      Sie hatte es fast beiläufig gesagt, einfach aus Taktgefühl, um eine peinliche Pause zu überbrücken, aber Linnet war anscheinend tief beeindruckt. »Hercule Poirot? Natürlich – ich habe von ihm gehört …«

      Dann schien sie in Grübeln zu versinken, und die beiden Männer neben ihr waren eine Zeitlang abgemeldet.

      Poirot war bis zum anderen Ende der Terrasse gegangen, aber dort wurde er sofort mit Beschlag belegt.

      »Setzen Sie sich doch, Monsieur Poirot. Was für ein schöner Abend!«

      Er gehorchte. »Mais oui, Madame, wirklich ein wunderschöner Abend.« Er schenkte Mrs Otterbourne ein höfliches Lächeln. Was für ein schwarzes Chiffon-Geschlinge, und dieser alberne Turbanstil!

      Mrs Otterbourne plapperte weiter mit ihrer hohen, nörgelnden Stimme. »Eine ganze Menge Berühmtheiten hier zurzeit, nicht wahr? Ich sehe uns schon alle in der Zeitung stehen. Schönheiten der ersten Gesellschaft, berühmte Roman –« Sie unterbrach ihre Rede für einen gespielt bescheidenen, kurzen Lacher.

      Poirot spürte eher, als dass er sah, wie das Mädchen ihm gegenüber zusammenzuckte und den Schmollmund noch tiefer nach unten zog. »Sie haben derzeit einen Roman in Arbeit, Madame?«, fragte er zurück.

      Mrs Otterbourne lachte noch einmal

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