Der rosa Wolkenbruch. Dorothea Böhmer
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Читать онлайн книгу Der rosa Wolkenbruch - Dorothea Böhmer страница 10
Sophie öffnete eine zweite Flasche Bordeaux, Julie sah ihr hypnotisiert zu.
„Die Rotweinflasche … vor vielleicht drei Wochen wollte ich ins Badezimmer; ich wusste, dass Christian in der Wanne lag, wollte aber etwas holen. Es war abgeschlossen. Das erste Mal in all den Jahren war abgeschlossen! Und er hat keine Anstalten gemacht aufzusperren. Ich sah, dass die Kabel der Lautsprecherboxen unter der Tür hindurch führten und hörte klassische Musik. Später kam er mit Kerzen und einem leeren Rotweinglas heraus.“
Sophie hatte geduldig zugehört. „Ich bin mir ganz sicher, dass das Problem nicht die angebliche Homosexualität ist. Irgendetwas steht zwischen euch. Du musst herausbekommen, was es ist. Ihr solltet einen Ehetherapeuten aufsuchen.“
Julie war verblüfft. „Du bist genial! Wieso bin ich nicht selbst darauf gekommen? Das ist die beste Idee überhaupt.“ Dann fügte sie verunsichert zu: „Aber was mache ich, wenn Christian nicht mitgehen will?“
„Er muss mit. Das ist er dir schuldig.“
„Wenn er das Wort müssen hört, geht überhaupt nichts. Dann entzieht er sich komplett.“
„Er wird mitgehen. Sag ihm, du kannst sonst die Geschichte nicht verarbeiten. Sprich heute noch mit ihm.“
„Das geht nicht. Er übernachtet bei einem Musiker, den er gestern kennen gelernt hat.“
„Wer weiß, ob das stimmt. Vielleicht hat er die Geschichte mit dem Musiker erfunden.“
Sophie war um den Tisch gegangen und drückte Julie. „Sei nicht traurig, aus irgendeinem Grund tobt er sich aus. Es kommt wieder in Ordnung, bestimmt.“
Nach der zweiten Rotweinflasche schöpfte Julie entgegen besserem Wissen ein bisschen Zuversicht. Sophie weigerte sich so vehement, die Homosexualität von Christian zu akzeptieren, dass Julie auf dem Nachhauseweg geneigt war, an die Vermutung ihrer Freundin zu glauben. Vielleicht gab es wirklich ein verborgenes Problem zwischen ihr und Christian. Sie musste es herausbekommen und wollte sich gleich morgen auf die Suche nach einem geeigneten Therapeuten machen.
13
Die Wohnung war dunkel. Obwohl Julie wusste, dass Christian nicht da sein würde, hatte sie es tief im Herzen gehofft. Der Anrufbeantworter blinkte. Bixi, eine ehemalige Studienkollegin, teilte ihr mit, dass sie nach Hamburg umzog und erwarte, dass sich Julie bei ihr melden würde. Ausgerechnet Bixi, dieser Energievampir. Sie war eine der Personen, auf die Julie gut verzichten konnte. Bixi konzentrierte sich ausschließlich auf das Negative im Leben und sprach schlecht über andere. An Pannen in ihrem Leben hatten natürlich auch nur andere Schuld, niemals sie selbst. Sicher sprach sie auch über Julie schlecht, denn wieso sollte Julie die einzige Person sein, über die Bixi nicht herzog. In Bixis Gegenwart spürte Julie, wie ihre Kraft schwand. Julie drückte auf den Löschknopf. Müde von den Ereignissen der letzten zwei Tage, vom Reden und Rotwein ging sie zu Bett und schlief sofort ein.
Am nächsten Vormittag rief Julie bei verschiedenen Ehe-, Familien- und Lebensberatungen an, sie ließ sich Adressen und Telefonnummern von Psychotherapeuten geben. Bald hatte sie eine Liste zusammengestellt. Den Nachmittag verbrachte sie damit, ihr neues Zimmer einzurichten. Julie konnte kaum erwarten, bis Christian nach Hause kam und war erleichtert, als sich der Schlüssel im Schloss drehte.
„Christian, ich muss mit dir reden. Sophie hatte gestern eine gute Idee.“ Er war reserviert, als sie ihn so überfiel. Sie standen noch im Flur und Julie fasste bereits ihren gestrigen Abend zusammen.
„Ich habe Telefonnummern von Therapeuten besorgt und muss nur wissen, wann du Zeit hast.“
Christian sah verschlossen aus. „Ich will zu keinem Therapeuten. Ich bin nicht krank und muss nicht geheilt werden. Ich will einfach schwul sein.“
Widerstand. Wie Julie befürchtet hatte. „Darum geht es nicht. Es geht darum, herauszufinden, ob du schwul bist, weil du schwul bist oder ob es mit uns zu tun hat, dass du schwul bist.“
„Ich weiß, dass ich schwul bin, und ich werde mich von niemandem davon abbringen lassen“, stieß Christian hervor.
„Dann geh wenigstens mir zuliebe mit.“
„Ich will nicht.“ Christian ließ Julie stehen, ging in sein Zimmer und machte die Tür hinter sich zu.
Julie verschwand in ihr Zimmer, knallte die Tür zu und warf sich auf das Bett. Sie weinte, bis sie vor Entkräftung einschlief.
Julie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie das leichte Klopfen an der Rauchglasscheibe hörte.
Christian blieb im Türrahmen stehen.
„Ich habe es mir überlegt. Wenn es für dich wichtig ist, komme ich mit zum Therapeuten. Vielleicht hast du Recht und es ist das Beste für uns beide. Du kannst einen Termin ausmachen. In den nächsten Tagen geht es bei mir immer nachmittags. Und noch etwas. Pamela hat mich heute in der Bank angerufen, ich habe ihr alles erzählt. Sie kommt morgen vorbei, weil sie meint, es täte dir gut, mit ihr zu reden. Außerdem will sie hier Wäsche waschen.“
Julie nickte. „Was machst du heute Abend?“ Sie wollte so gerne bei ihm sein.
„Ich gehe ins Kino.“
Julie nahm ihren ganzen Mut zusammen. „Kann ich mitgehen?“
Christian zögerte. „Nein, ich möchte alleine sein.“
Er verließ ihr Zimmer. Wie oft hatte sie sich gewünscht, dass er klar Stellung beziehen sollte. Jetzt konnte er es von einem Tag auf den anderen.
***
Wieso kam Pamela? Julie ärgerte sich. Sie konnte Christians Cousine nicht leiden. Gerade mit ihr wollte Julie überhaupt nicht