Meine Sünde. Lia Labes K.
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“Jetzt ist alles nur mehr halb so schlimm! Ich habe gerade mit einem Bekannten in Schaffertal geschrieben. Er meinte, er könne mir die Ersatzteile in den nächsten zwei Monaten liefern!“
Mom blickt zwar auf, aber vor lauter Staunen weiß sie nicht mehr, was sie sagen soll. Ich bin echt froh, dass Kay da ist. Er hat immer einen Geistesblitz. Ich hoffe echt, sie bekommen ihr Auto wieder zum Laufen.
“Jetzt müssen wir nur schauen, dass Alex nichts mitbekommt“, gesteht Mom.
WAS ?! Ich steige vor Schreck zurück und stoße dabei einen Eimer mit Eisenteilen um. Wie konnte ich den übersehen ?! Im nächsten Augenblick steht Herr Fuchs direkt vor mir:
“Wer schleicht denn da herum?“
Ich erschrecke erneut und verbleibe wie vereist. Sofort kommen Kay und Mom um die Ecke, gleichermaßen überrascht von meinem Dasein.
“Alex! Ich…ich…“, stottert sie mit den Händen im Gesicht.
Kay aber packt mich an den Schultern und sagt beruhigt:
“Gut, dass du da bist! Komm, ich glaube deine Mama will dir was zeigen.“
Sanft schiebt er mich in die Richtung des neuen Wagens.
“Tada! Alles Gute zum Geburtstag, Alex.“
Mir wird auf einen Schlag warm, das Blut fließt in den Kopf. Mein Körper wird immer steifer und dann beginne ICH zu stottern:
“I-Ist… ist der…f-für mich?“
Langsam drehe ich mich zu Mama um und blicke sie entsetzt an. Sie scheint zu weinen, schreitet zu mir und nimmt mich in den Arm, als hätte sie mich seit Jahren nicht mehr so gesehen. Mir blieb die Spucke weg. Ich…. Ich habe von meiner eigenen Mutter ein neues Auto bekomme… aber …aber wieso? Ich brauche eine ganze Weile, bis ich mich wieder sammeln kann, dann schiebe ich sie vorsichtig von mir und frage entsetzt:
“Bist du des Wahnsinns?! Ich meine…. Weißt du eigentlich wie viel der gekostet hat?! Wir sind ohne den Alten sowas von pleite! Ich meine… das ganze Geld! Das- Mom… Nein. Ich kann das nicht annehmen!“
Sie sieht auf und lächelt so unschuldig und beruhigt, als wäre alles ok:
“Genau deswegen will ich ja, dass du ein Auto hast. Damit du jederzeit wegfahren kannst.“
Diesmal nehme ich sie in den Arm und lasse ein paar einzelne Tränen fließen. Ein ,Danke‘, so stumm und doch hörbar, verlässt meine Lippen. Trotzdem werde ich sie niemals mit diesem Arsch alleine lassen.
Kapitel 3: Ruhe
Wir verbringen noch eine ganze Weile bei Olli’s Motor, da uns der Chef auf einen Kaffee eingeladen hat. Es ist echt angenehm. Mama und ich haben es auf der Couch sehr gemütlich, Herr Fuchs, der Chef, sitzt im abgenutzten Stuhl daneben und Kay hockt locker auf einem Bürosessel. Tatsächlich ist sonst niemand mehr in der Werkstatt, der uns stören könnte. Die Arbeiter sind alle schon gegangen. Ich zeige Kay meine neue Kette mit dem gerissenen Verschluss und er bietet mir an, sie zu reparieren. Tatsächlich kommt er nach ein paar Minuten zurück und das Silberkettchen sieht wie neu aus. Es wird geredet und gelacht, erzählt und gekichert.
„Ich hoffe, ich hab‘ die Fotos noch. Nein, warte. Das war ja Kathis Kamera. Die müsste noch welche haben!“
„Von der Wasserschlacht? Ernsthaft?“, ungläubig traue ich mich nachzufragen, aber meine Mutter hat tatsächlich den Ausflug ans Meer vor drei Jahren gemeint. Oder waren es zwei Jahre? Noch weniger traue ich meinem Gehör, als Kay Geschichten auspackt, von denen ich nur mehr Bruchteile weiß. Wann um Himmels Willen bin ich in einem Ziegengehege stecken geblieben? Seine Behauptungen und Erzählungen bringen unsere Eltern zu lachen. Irgendwie beginne ich selber hier und da zu kichern. Wahrscheinlich deshalb, weil diese Momente genau so passiert sind. Ich werde zwar immer nervös, wenn Kay mich anspricht, aber trotz des Herzrasens in meiner Brust, bleibe ich außergewöhnlich locker. Jedes Mal, wenn ich in seine Augen blicke, fallen mir all die schönen Erinnerungen ein, die wir zusammen in unserer Kindheit gesammelt haben. Wir kennen uns schon seitdem meine Mutter und ich zu Sebastian gezogen sind. Besser gesagt, seit zehn Jahren. Der Fuchs hat mich witzigerweise gleich von Anfang an gemocht, er wollte mich immer in die Gruppe miteinschließen.
„Komm mit, wir spielen ,Piraten‘!“, sagte er zu mir, „wir haben einen Schatz versteckt.“
Natürlich war er Kapitän Fuchs und ich durfte Matrose Hase sein. Eigentlich lächerlich, wenn man so darüber nachdenkt, aber wir waren ja noch Kinder. Dennoch hielt unsere Freundschaft auch die nächsten Jahre an. Egal, ob in der Stadt, am See, am Meer, bei den Partys und auf Feiern jeglicher Art: Er war immer da. Oft kam es mir so vor, als ob Kay mich beschützen wollte. Er war… er ist wie ein großer Bruder für mich. Ich weiß nicht, was in mir vorging, aber ich habe vor einem Jahr angefangen etwas für ihn zu empfinden. Habe angefangen Abstand zu halten, was mit seinem stressigen Job bei seinem Vater nicht wirklich auffiel. Wir redeten kaum mehr. Ob er es
trotzdem gemerkt hat, dass ich mich zurückgezogen habe?
Es vergehen Stunden bis einer von uns einen Blick auf die Uhr wagt. Dieser jemand ist natürlich meine Mutter.
“Ach, du Heiliger! Alex! Beeil dich! Wir müssen nach Hause, bevor dein Vater was mitbekommt!“, ruft sie und zieht ruckartig ihre Jacke an. Seufzend stehe ich auf und bedanke mich sogleich äußerst freundlich bei Oliver für den Kaffee. Wir verabschieden uns und schließlich klopft mir Kay nochmal sanft auf die Schulter.
“Denk, was du willst“, wiederspreche ich seinen Gedanken, “er wird niemals mein ,Vater‘ sein.“
Den Grinser kann er sich unmöglich verkneifen. Er hat ja keine Ahnung, wie warm mein Herz wird, wenn er mich anlächelt. Auf der Rückfahrt reden meine Mutter und ich erneut über alles Mögliche. Vernünftigerweise beschließen wir, Sebastian nichts vom Auto zu erzählen und versuchen deshalb, eine Ausrede zu erfinden, die hoffentlich idiotensicher ist. Früher oder später erreichen wir sowieso das Haus und begegnen dem grummelnden Sack in der Küche.
“Wo wart ihr?!“, schnauft er und stellt sein Bier gereizt am Tisch ab.
“In der Kirche“, antworte ich gelassen.
Diese Antwort ist bombensicher. Wenn es einen Menschen gibt, der die Kirche meidet, dann Sebastian. Das Thema ist somit gegessen und er verlässt ohne weitere Fragen den Raum. Plötzlich fliegt mir Mom nochmals um den Hals, küsst mich auf die Stirn und lacht dabei zufrieden. Mein Herz erwärmt sich erneut.
Ich lasse noch schnell ein Gebäck von der Küche mitgehen und schleiche mich rasch auf mein Zimmer. Sicherheitshalber schließe ich die Tür ab und starte meinen etwas älteren Computer. Eigentlich will ich nur den von Meike geschickten Arbeitsplan von nächster Woche checken und so bald wie möglich schlafen gehen. Mal sehen… Morgen ist Samstag. Ja, ich habe frei. Sie hat mich erst am Montag wieder eingeteilt. Umgezogen und halbtot lege ich mich in mein Bett. Die Arbeit hat mir heute die ganze Kraft geraubt, aber ich bin noch nie ein Freund von Ausdauer gewesen. Ich schalte das Licht aus und schließe müde die Augen. Gerade als ich mich umdrehen