Das Leben läuft nicht nach Plan. Paloma Olszowka

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Das Leben läuft nicht nach Plan - Paloma Olszowka

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      Wir fahren hinein zum Aufzug und schließlich zu Frau Weiss in den ersten Stock. Ein hartnäckiges Klopfen an der Tür, dann bittet sie uns herein. „Guten Tag… Familie Prüm! Schön, dass du wieder da bist, Franziska! Du wirst hier eine gute Zeit haben! Bestimmt hattest du eine anstrengende Anreise und möchtest dein Zimmer sehen - komm, ich zeige es dir! Antonia hat vorgeschlagen, mit dir zusammen zu wohnen. Aber nun erzähl' mal: Wie heißt noch mal deine kleine Schwester?“ „Sie heißt Christina!“, rufe ich, während ich meiner Schulleiterin aufgeregt folge.

      Ich freue mich so sehr auf das Zusammenwohnen mit Antonia!

      Mein Einzug ins Internat

      Ich packe inzwischen meine Klamotten aus, Christina sitzt auf dem Bett und schaut mir zu. Antonia kommt herein. „Hallo, wie geht´s dir? Hast du die Autofahrt gut überstanden?“ Da entdeckt sie Christina auf dem Bett „Nanu, wer bist du denn?“ „Ich bin Chrissi!“ gibt diese zurück „Das ist ja ein schöner Name“.

      Meine kleine Schwester wendet sich an mich: „Du ich muss mal auf Toilette!“, Antonia schlägt vor: „Komm, ich zeig' sie dir. Dann kann Franziska noch in Ruhe auspacken.“ Zusammen gehen sie aus der Tür.

      Ich schaue mich in meinem neuen Zimmer um. Es hat weiße Wände und hölzerne Möbel. Meine sind so ähnlich, wie die von Antonia. Da klopft es an der Tür und ich rufe: „Herein!“ Frau Weiss tritt in das Zimmer: „Ich sehe, du hast ja schon was ausgepackt! in einer Stunde gibt es Abendessen, sag' bitte Antonia Bescheid. Ach übrigens, deine Mutter kommt gleich! Sie ist auf dem Weg zu dir.“

      Da kommt Mama schon herein und setzt sich auf die Bettkante und begutachtet das Zimmer mit einem zufriedenen Blick. „Du, Franziska, ich muss mit Christina gleich wieder fahren, du kommst doch ohne mich zurecht, oder?“ „Ja klar… ich werde dich trotzdem vermissen!“ „Ach, du schaffst das schon, da bin ich mir ganz sicher! “ In dem Moment kommt Chrissi herein. „Wann fahren wir denn nach Hause, Mama?“ „Gleich mein Schatz. Also, gib deiner großen Schwester noch ein Bussi!“

      Da springt Christina auf den Rollstuhl und gibt mir noch einen Kuss. Auch Mama verabschiedet sich von mir. „Einen schönen Schultag wünsche ich dir morgen und viel Glück!“, sagt sie, als sie noch in der Tür steht. „Grüßt Papa und Francesco noch von mir!“, rufe ich ihnen nach. „Antonia, Frau Weiss hat gesagt, wir müssen in einer Stunde zum Essen kommen. Kannst du mir beim Auspacken der Kartons helfen? So schnell schaff ich das nicht alleine. Wir können auch Musik anmachen.“ „Aber klar doch, aber nicht so laut, sonst kommen die Zicken Suria, Loria und Viktoria und schreien das ganze Haus zusammen und beschweren sich bei Frau Weiss!“

      Schnell sind die Kartons ausgepackt. Ich bin zufrieden, wie mein Zimmer jetzt aussieht. Ich habe meine Fotos aufgestellt und meine Lichterkette aufgehängt. Dann erzählt Antonia, was im Internat schon alles passiert ist und unterrichtet mich über die Jungs, Suria und Loria. Schnell ist eine Stunde um.

      Neuer Alltag

      Der Essensraum liegt im Erdgeschoss hinter dem Aufzug. Er ist sehr groß und schön dekoriert, hat einen dunklen Holzboden, orange Vorhänge und die Tische sind sehr groß und mit bunten Tischdecken bedeckt. Sie sind in hellen Farben gehalten, es sieht fast aus wie ein Himmel voller Regenbögen. Auf jedem Tisch steht eine Orchidee. An den Wänden befinden sich Kunstwerke der Internatler. Mir gefällt, was ich sehe und es macht mich plötzlich so froh.

      Ich setze mich an den Tisch neben Antonia. Ein gutaussehender Typ, dem ich schon einmal begegnet bin, blickt zu mir herüber. Mein Gehirn rattert. Das ist doch Gaeton, oder? Ich gerate in eine Gedankenflut und mein Herz fängt ganz wild an zu pochen. Ich gucke schnell weg, als er zu mir sieht.

      Heilfroh nehme ich endlich das Abendessen entgegen. Es gibt Nudeln mit Tomatensoße und Parmesankäse und es schmeckt fast so gut wie zuhause. Nach dem Essen albern wir darüber, wie ich mich beim Boxen zum Affen gemacht habe. Immer, wenn Antonia was zum Besten gibt, kann ich beobachten, wie sich ihr Piercing am Mund hebt und senkt. So ein Schmuckstück zu haben, wäre auch nicht schlecht, finde ich. Wir plaudern noch eine Weile über dieses und jenes und gehen dann in unser Zimmer.

      Antonia zeigt mir, wo alles steht. So beiläufig, wie es nur geht, frage ich sie, warum sie hier sei. Ich traue mich noch nicht einmal, sie anzusehen, weil ich nicht weiß, wie sie zu diesem Thema steht - ob sie freiwillig hierhergekommen ist oder ob ihre Eltern es unbedingt so wollten. „Was ist los, warum starrst du mich so an?“, reißt sie mich aus meinen Gedanken. Ich verschlucke mich. „Ich… ich…“ Mal wieder kommt mein Stottern zum Vorschein. Seit dem Unfall habe ich diese Angewohnheit in Situationen, die mich nervös machen. Das muss ich mir unbedingt wieder abgewöhnen, schießt es mir durch den Kopf. Ich kann nicht davon ablassen, Antonia unverhohlen von der Seite anzuschauen und sie wird ganz nervös. Dabei merke ich, dass ihr das Thema nicht gefällt. Sie setzt an zu reden und spricht dabei so leise, dass ich mich näher über das Waschbecken lehnen muss, um sie zu verstehen. „Meine Eltern haben mich immer in typische Mädchenkleider gesteckt. Du kennst mich ja mittlerweile…“ Sie zögert. „Ich bin etwas burschikos und eher ein Rabauken-Mädchen. Ich lasse mir nicht alles gefallen und ziehe mich gerne an wie ein Junge. Das haben meine Eltern nie akzeptiert, deshalb haben sie mich hier her gesteckt. In der hohen Gesellschaft meiner Familie muss man immer gediegen aussehen und so schön geschminkt sein wie eine Barbiepuppe.“

      Antonia runzelt seufzend die Stirn. „Weißt du, mein Vater verdient ziemlich gut und meine Mutter muss immer Abende mit seinen Kollegen organisieren. Er ist Archäologe in China und organisiert Ausgrabungen. Meine Mutter muss dann immer die coole Gattin spielen - da passt eine Tochter wie ich nicht ins Bild. Leider habe ich auch keine kleine Schwester, die für unser Ansehen herhalten könnte und keinen jüngeren Bruder, der in die Fußstapfen meines Vaters treten könnte. Also müssen sie es so aussehen lassen, als ob ich nicht ganz dicht wäre - damit sie sich nicht für mich schämen müssen. Meine Familie habe ich jetzt seit vier Jahren nicht gesehen…“

      In diesem Moment fällt mir auf, dass ich vor lauter Spannung die ganze Zeit die Luft angehalten habe. „Oh, Antonia…“ Ich drücke sie einfach nur, ohne etwas dazu zu sagen. Sie zuckt nur mit den Schultern. „Ach ja… so ist das Leben. Man kann sich die Familie, in die man reingeboren wird, nicht aussuchen.“

      Plötzlich verspüre ich das enorme Bedürfnis, sie das ganze Leben lang beschützen zu wollen. „Wir haben doch alle unser Päckchen zu tragen, sonst wären wir ja nicht hier!“, sagt sie zum Abschluss. Ich nicke zustimmend. „Allerdings“, fügt sie beruhigend hinzu, „fühle ich mich hier wohl. Ich habe wirklich zu mir gefunden und raste weniger aus - der Boxsack tut also, was er soll. Ab und zu muss ich mal zum Psycho-Doktor, um alles aufzuarbeiten. Morgen möchte ich dir ein paar Freunde vorstellen, die genauso crazy sind wie wir alle hier - aber keine Angst, sie sind keine Zicken. Das wird eine Überraschung… j etzt putz' dir erstmal die Zähne! “ Antonia grinst. „Ich will nicht, dass du mich bemitleidest“, sagt sie noch, als sie hinaus geht. „Das brauche ich wirklich nicht! Das möchtest DU bestimmt auch nicht. Ruf mich, wenn du Hilfe brauchst!“ „Ja, okay“, nicke ich ihr zu.

      Nun stehe ich mit meinen vier Rädern unterm Hintern in einem sehr geräumigen Bad. Mein Kopf produziert Bilder, wie Antonia früher zu Hause gelebt hat. Im Stillen danke ich Gott dafür, dass meine Familie so liebevoll zu mir ist. Dabei kullern mir wieder einmal salzige Tränen über die Augenlider. Ich hieve mich aus dem Rolli und hangele mich mit Hilfe der Stange auf die Toilette. Mein Gehirn verarbeitet weiter das Gespräch, während ich meine Blase erleichtere. Jetzt greife ich wieder nach einer Stange und hangele mich auf den Boden. Blöd, nun sitze ich hier unten und mein Duschgel steht dort oben! Da gibt es nur eine Lösung: Mir ein Handtuch überzuwerfen und Antonia zu rufen.

      Sie kommt herein und reicht mir das Duschgel. „Du arme Sau! Komm, ich helfe dir! Hier sind dein Duschgel und

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