entre dos tierras. Peter Geipel

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entre dos tierras - Peter Geipel

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ich tue es nicht. Fast sieht es so aus, als seien die Fransen an den Rändern absichtlich eingesetzt, um das Handtuch etwas lieblicher zu gestalten. Die Fransen haben ihr Spiel mit dem Wind aufgenommen und tun ihr Nämliches, nämlich flattern. Ja, etwas berühmt fühlt es sich schon an, das Handtuch, jetzt nach all diesen Strapazen - eine Ehrung, eine Goldmedaille. Es ist mittlerweile ein etwas stärkerer Wind aufgekommen und ich bin der Goldmedaille dankbar, dass sie mein Handtuch so fest im Griff hat, sodass es von den Böen nicht weggepustet werden kann. Denn sonst müsste ich jetzt aufstehen und meinem geliebten Handtuch hinterher springen und es wieder einfangen, wo ich mir doch vorgenommen habe, hier eine Weile im Sinkschlaf zu verweilen, um mich auszuruhen. Angeregt durch so viel Ehrung wollte es sich mir nichts, dir nichts von mir lossagen. Das ginge dann doch etwas zu weit, nach all diesen Jahren der Zweisamkeit. Die Goldmedaille hat das Handtuch fest im Griff, sodass sich die Aufregung und der Schaden dann doch noch in Grenzen halten. So kann ich auf meinem Zweithandtuch ruhigen Gewissens weiter im Sinkschlaf verweilen, ohne mir über irgendetwas Sorgen oder Gedanken machen zu müssen.

      Ein braunes, getrocknetes, leicht eingerolltes Ahornblatt kommt angeflogen und möchte unbedingt und nachdrücklich sich einfach unter meinem mit viel Ehrung ausgezeichneten, bunt gemusterten Handtuch verstecken, oder es will sich zum Winterschlaf verkriechen, ohne mich vorher darüber informiert oder gefragt zu haben. Geschweige denn das Handtuch gefragt zu haben. Das geht dann doch etwas zu weit. Ich beobachte aber den unerhörten Vorgang fast heimlich und ganz genau! Ich blinzele mit meinem obenliegenden Auge ganz leicht, so dass mir das Vorhaben des braunen, getrockneten, leicht eingerollten Ahornblattes nicht entgehen kann. Das braune, getrocknete, leicht eingerollte Ahornblatt hat sich sicherlich gedacht, mich in meinem Sinkschlaf heimlich zu überlisten und sich von mir ganz unbemerkt unter meinem bunt gemusterten, etwas ausgewaschenen Handtuch zu verstecken. Das geht dann doch etwas zu weit. Langsam strecke ich meinen müden Arm nach der Goldmedaille aus. Das unentrinnbare Schicksal des braunen, getrockneten, leicht eingerollten Ahornblattes scheint unabdingbar vorgezeichnet zu sein, bis in seine letzte Konsequenz. Mit der unter mir liegenden Hand fasse ich vorsichtig mein bunt gemustertes Handtuch an. Mit der oberen Hand greife ich fest nach der Goldmedaille. Mit einem Schwupps ziehe ich völlig unerwartet und plötzlich an meinem bunt gemusterten Handtuch. Da liegt der Störenfried in seiner vollen Pracht. Völlig schutzlos ist das braune, getrocknete, leicht eingerollte Ahornblatt meinem Willen jetzt ausgeliefert. Seiner vollkommenen Zerstörung ins Auge sehend, unentrinnbar. Ich hebe mit fester Hand die Goldmedaille und drücke sie in leidenschaftsloser Gleichgültigkeit auf das braune, getrocknete, leicht eingerollte Ahornblatt. Es ist vollbracht. Der Störenfried ist ein für alle Mal ausgelöscht und vernichtet, unwiederholbar, ein einzigartiger Vorgang in der Geschichte des kommenden Europas.

      Zufrieden und doch etwas hochmütig, streife ich mein hochdekoriertes Handtuch genüsslich, ja, mit etwas Genugtuung glatt, lege die Goldmedaille an ihren vorbestimmten Platz und lege mich nach diesem unerhörten Vorfall wieder auf meinem Zweithandtuch zur Ruhe.

      Da schieben sich gerade zwei Zeiten zart und leise, aber doch deutlich vernehmbar, übereinander. Sie liegen übereinander, weil sie nichts mehr trennen kann - voneinander. Die eine Zeit ist da, die andere auch, aber sie ist auch noch nicht weg. Die eine will von der anderen noch nicht so recht etwas wissen. Die eine nimmt die andere noch nicht ernst genug. Die eine Zeit spielt vorsichtig mit der anderen, sie probiert sich an ihr aus, wie sie ihr denn stehen würde, die andere Zeit. Ich würde sagen, die Zeit ist in einer akuten Septemberlaune, die wärmenden Strahlen der Sonne sind noch deutlich vernehmbar, doch auch ist die unentrinnbare Kälte mehr zu ahnen als zu spüren, die da zweifellos auf die Zeit zukommt.

      Ich wache auf, strecke und recke mich, mir ist so, als könne ich ganz Paris umarmen, groß und wahr ist mir. Ich täte jetzt gerne Dinge, die in der Tat groß, wahr und schön sind, vielleicht violett oder rot und besonders grün sind, ein schönes, sanftes Grün. Ganz so grün, als könnte es ein weicher Pullover sein, auch so, als könnte es eine weiche Hose sein oder auch ein hellgrüner Rock, ein blasses, grünes Kleid, weich und sanft.

       All das wichtige Gehänge und Gebommele

      Nizza, Frankreich

      Ich lege mich der Länge nach auf die Promenade des Anglais, um sie mein ganzes Gewicht spüren zu lassen, ganze acht Kilometer lang. Ich lasse mir ganze acht Kilometer Sonne auf meine Haut scheinen, oh, ach, wie das wärmt und guttut. Alle Promenierenden müssen über mich drüber laufen und können ihre Haut zur Schau stellen und ihre Kleider und mit all dem, was sie so zur Schau stellen wollen, so gern - wie das kitzelt und katzelt, wenn sie so über mich drüber laufen. All diese kleinen Füßchen mit ihren Schuhsohlen aus Leder, aus Kunststoff mit Noppen so dran und Profilen und Strohsohlen, wie das kitzelt und katzelt. Wie sie so über mich drüber laufen und manchmal stehenbleiben und gucken - aufs Meer - auf das Meer. Auf der anderen Seite all diese Hotels und Banken und Noten und Geschäfte und Uniformen?

      Uniformen und Banken, die teuren Gewichte, so wichtig bommeln sie da und bommeln und bummeln - an den Ohren und Hälsen und gucken die Bommeln - und die Gucker, so wahnsinnig wichtig gucken die da, das sind ja alles Direktoren und Manager. Und die Jogger mit ihren tollen Sonnenbrillen und die Piloten und die tollen Stirnbänder. Ach, das alles, das alles, es macht mich krank. Die Fitten und die Cocktailspanier und die ganz wichtigen Pudel. Lange, lange Fingernägel gucken da, rote und lila, gucken da, piksen ganz wichtig in mein Fleisch, als sie über mich drüber laufen, auf der Promenade des Anglais, ganze acht Kilometer lang. Au - das tut weh! Mensch! Mensch! Au! Au! Das pickst ganz schön in meiner Haut, wenn die da so über mich drüber laufen. Au! Au! Wau! Wau! Haare, lila und lila-rot und leuchtend rot, ganz arg hoch, das Haar ganz arg. Manche setzten sich auch hin und stützen so ihre Hände ab, so nach hinten, wenn sie sitzen, wie das kitzelt und katzelt, diese kleinen Finger und die Hände und diese kleinen Pos, die da auf mir sitzen.

       Es liegt Licht dort auf dem Meer

Stimme 1Es liegt Licht dort auf dem Meer…Heute morgen lag ein toter Hund da…
Stimme 2Ich habe ihn gesehen.
Stimme 1Ich dachte mir, dass Sie ihn gesehen haben… Das Meer hat ihn weggespült.
Schweigen.
Stimme 1Es regnet dort drüben, hinter dem Licht. Immerzu dieser Geruch, von Algen und von Regen…
Schweigen. Zurückgekehrter Schmerz
Stimme 1Sie liebte ihn mehr als alles auf der Welt.
Stimme 2Sie konnte sogar verstehen, dass er sie verlassen hat. - Getötet.
Schweigen.
Stimme 2Worüber weinen Sie?
Stimme 1Über das Ganze…
Schweigen.
Stimme 1Welche Liebe das war…Umfassend… Tödlich…
Schweigen.

      Nicht exklusive Abdruckgenehmigung für:

      Textauszug aus: Marguerite Duras, Nathalie Granger und die Frau vom Ganges.

      Aus dem Französischen von Andrea Spingler. S. 133

      © Surkampverlag Frankfurt am Main 1994

       Ich laufe an der Nichtzeit entlang

      Villefranche-sur-Mer, Frankreich

      Ich schaue von unten auf den kleinen pittoresken Balkon, mit seinem grünen Geländer, die Schiebetüren hinter den grünen, leicht geöffneten Lamellenläden sind weit geöffnet, salzige Luft streicht durch die Räume, es ist warm. Von unten kann ich deutlich die Stühle auf dem kleinen, grünen, schmalen Balkon mit den lustigen geflickerten Kacheln, den italienischen, und den kleinen grünen Tisch erkennen. Eine leise, melancholische Stimmung beschleicht mich unausweichlich.

      So laufe ich unten am Wasser ganz dicht an den gelben Kugellampen entlang, an denen ich neulich gerne gestanden hätte, mit Andra, die

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