F&%K THE CRISIS. Fox Hardegger

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F&%K THE CRISIS - Fox Hardegger

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mit meiner Traumfrau entgegen und spielte, etwas unsicher geworden, verschiedene Szenarien durch: Würde Tina die Vereinbarung einhalten, war es ihr ähnlich ergangen wie mir? Hatte sie mich vermisst oder vielleicht bereits wieder vergessen? Möglich war auch, dass die Eltern ein Veto eingelegt hatten, sie nicht gehen liessen. Nach der Landung in Zürich reichte die Zeit knapp, um nach Bern zu fahren, eine Dusche zu nehmen, mich in frische Kleider zu stürzen. Dann stand ich am vereinbarten Treffpunkt, sah sie bereits von Weitem auf mich zulaufen und wusste augenblicklich: Alles ist gut. Wir schwebten durch die Stadt, liessen uns treiben, hielten immer wieder inne, küssten uns, umarmten uns. Sehr verliebt und unglaublich glücklich war uns beiden klar; wir würden unzertrennlich bleiben. Zu Hause angelangt, war es kurz und diskret zusammengefasst so: Wir verliessen die Wohnung bis am Sonntagabend nicht mehr.

      Nur wenige Tage später besuchte ich Tina – und vor allem ihre Eltern – in Glarus. Ich wollte einen guten Eindruck hinterlassen, war etwas nervös. Doch sie nahmen mich mit offenen Armen auf. Ich fühlte mich wohl bei ihnen. Die Mitglieder dieser Familie begegneten einander mit Interesse und Wohlwollen. So ein Zuhause hatte ich mir auch gewünscht. Und: Sie schienen mich zu mögen, vertrauten mir.

      Tina und ich. Ich und Tina. Eine wundervolle Zeit brach an. Ich liebte dieses Mädchen vom ersten Tag an und die gemeinsamen Erfahrungen schweissten uns eng zusammen. Wenn ich die Woche über in Bern sein musste, vermisste ich sie extrem. Als sie sich entschloss, in Zürich eine Lehre zu absolvieren, hängte ich meine Karriere als Kunstmaler an den Nagel, beschloss den Wegzug von Bern. Von dieser Entscheidung erhoffte ich mir ein gemeinsames Leben unter einem Dach. Ich erinnerte mich an meine Zeit beim Kurierdienst und den grosszügigen Lebensstil, den sich die Verkäufer bei DHL leisten konnten.

      Kurz entschlossen, meldete ich mich bei der Firma zurück und wurde tatsächlich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, das bereits einen Tag später stattfinden sollte. Ich kramte aus meinen Künstlerklamotten ein zerknittertes Hemd hervor. Ein Bügeleisen besass ich nicht mehr. Also setzte ich Wasser auf, wartete, bis es sprudelte, goss es ab und fuhr mit dem heissen Boden der Pfanne über das vor mir liegende Kleidungsstück. Zum Gespräch erschien ich in einem fast perfekt gebügelten weissen Hemd und zwei Stunden später verliess ich das Gebäude als «Field Sales Repräsentative /DHL Schweiz». Zum rasanten Aufstieg als Aussendienstmitarbeiter gehörten ein Firmenwagen und ein sehr gutes Gehalt.

      Nun stand dem Zusammenleben mit Tina in Zürich nichts mehr im Weg. Ich mietete eine exklusive Dachwohnung, die über drei Terrassen und ein Cheminée verfügte. Beim gemeinsamen Zuhause handelte sich um einen Neubau, sehr edel mit hohem Giebeldach und einer Raumhöhe von fast vier Metern. Wir verbrachten wunderbare Jahre. Doch dumm und arrogant wie ich damals war, glaubte ich es mit der Treue nicht so genau nehmen zu müssen. Ich setzte mein Glück aufs Spiel und fügte jenem Menschen, den ich liebte, Schmerz zu. Tina verzieh mir jahrelang, immer wieder, doch heftige Auseinandersetzungen gingen der Vergebung jeweils voraus. Einmal eskalierte ein Streit, ich warf meinen Schlüsselbund nach ihr, der sie nur knapp verfehlte und krachend zu Boden fiel. Wir erstarrten förmlich, blickten uns erschrocken an. Schlagartig wurde mir bewusst. Es ist vorbei. Das gemeinsame Strahlen war erloschen.

      Die Trennung war schlimm. Wir liebten uns noch immer, aber es ging nicht mehr. Ich war am Boden zerstört, sicherte Tina zu, die Miete für die nächsten Monate zu übernehmen und zog Hals über Kopf aus. Wohin? Keine Ahnung! So landete ich auf einem Zeltplatz in Wollishofen am Zürichsee. Ich mietete einen zwölf Meter langen Wohnwagen. Meine Nachbarn waren jetzt Pensionisten und abgebrannte Touristen. Mein Parkplatz fürs Auto lag zuhinterst auf dem Areal. Ich war jetzt 27 Jahre alt und stürzte mich ehrgeiziger denn je in die Arbeit. Mehrere Male wurde ich bei DHL befördert und durfte mich nun «Account Manager ABB» nennen. Zuständig für unseren grössten Schweizer Kunden, leitete ich in dieser Zeit einige der spannendsten und wichtigsten Logistik-Projekte für die Firma und hatte weitreichende Entscheidungsgewalt.

      Am Morgen überquerte ich den Campingplatz, frisch geduscht, voll gestylt mit Krawatte und im Anzug. Die Anhänger der Badehosen-Adiletten-Front, die zu diesem Zeitpunkt verschlafen, rauchend und Kaffee schlürfend auf den Vorplätzen sassen, staunten nicht schlecht. Bald war ich auf dem Campingplatz bekannt wie ein bunter Hund und die Abende verbrachte ich mit meinen neuen Kollegen. Tina fehlte mir wahnsinnig, ich litt unter heftigem Liebeskummer.

      Der Schock

      Als wäre es gestern gewesen, höre ich das schrille Klingeln, das mich sechs Jahre später, am 18. Januar 2004, hochschrecken liess. Das Display meines Handys zeigte den Sonntagmorgen an. 06: 40 Uhr. Ich war sofort alarmiert. Torill, meine neue Partnerin blickte mich verschlafen an. Sekunden später stand ich im Wohnzimmer. Auf dem Display erschien die Nummer meines Onkels, dem jüngsten Bruder meines Vaters. Die Begrüssung fiel knapp aus, dann sprach er den Satz: «Dein Vater ist letzte Nacht gestorben.» Mir wurde schwarz vor Augen. Als ich mich wieder gefangen hatte, erfuhr ich, dass Vater in Saigon verstorben war, offenbar aufgrund eines Herzinfarkts. Mehr wusste Stefan nicht, er werde sich melden, sobald nähere Informationen bekannt seien. Für mich war diese Nachricht ein Schock und fast sofort breitete sich eine riesige Leere in mir aus. Ohne meinen Vater war das Leben nur schwer vorstellbar. Ich brauchte ihn. Er kannte mich besser als ich mich selbst, war der Einzige, der mich jederzeit knallhart auf Kurs brachte, besonders wenn ich nicht danach fragte. Gestorben. Er ruft nie mehr an und wenn ich seine Nummer wähle, dann hört er nichts, nimmt nicht ab, ist nie mehr erreichbar.

      Die folgenden Stunden verschwanden in einem Nebel. Ich erinnere mich, wie ich von Zürich nach Bern fuhr. Die Familie oder was von ihr übrig geblieben war, wollte sich am Nachmittag treffen. Mein Onkel hatte mich gebeten, meiner 16-jährigen Halbschwester, mit der ich mich damals sehr gut verstand, die traurige Nachricht zu überbringen. Ich rief Sabrina* an. Sie war mit einer Freundin unterwegs. Ich bestand darauf, sie zu treffen. Jetzt. Sofort. Sie willigte ein, bereits besorgt, doch ich wollte ihr diese Nachricht nicht am Telefon übermitteln. Zur gleichen Zeit erschienen wir am vereinbarten Treffpunkt. Ich umarmte sie. 34-jährig hatte ich meinen besten Freund verloren. Sie mit sechzehn Jahren ihren ganzen Halt. Mit ihr hatte er vieles besser gemacht, war ihr ein guter Vater gewesen. Sie war noch so jung. Wir heulten gemeinsam: Am Sonntagmorgen an irgendeiner beschissenen Tramhaltestelle in Bern liessen wir unserer Verzweiflung freien Lauf.

      Später erfuhren wir mehr über die letzten Stunden im Leben meines Vaters. In derselben Nacht hatte er seinen neuen Firmensitz in Vietnam eingeweiht. Ein Areal mit sechs riesigen Lagerhallen und einer über 22 000 Quadratmeter grossen Fläche für den logistischen Umschlag. Mit einem vierstöckigen Bürogebäude für die hundertzwanzig Angestellten der Administration und dreihundert Mitarbeitende, die in der Verpackung beschäftigt waren. Mit einem Vorplatz, so gross wie der Exerzierplatz einer Kaserne. Mit riesigen Gates für die Sattelschlepper mit den Schiffscontainern und mehreren Gebäuden für das Sicherheitspersonal. Dabei handelte es sich nur um das Hauptquartier. In den Fabriken ausserhalb Saigons arbeiteten Tausende von Mitarbeitern in den Produktionen. In der Hochsaison wurde in Saigon im Schichtbetrieb rund um die Uhr produziert, verpackt und in Schiffscontainer verladen, was in den ländlichen Hochöfen hergestellt worden war: Millionen von Blumentöpfen und andere Terrakotta-Ware, die nach USA, Frankreich, Deutschland und die Schweiz verschifft wurden.

      Nur wenige Stunden vor seinem Tod wurde sein Lebenswerk eingeweiht. Mit einer gigantischen Zeremonie und ausufernden Festivitäten. Der Schweizer Botschafter und ranghohe Vertreter der vietnamesischen Lokalregierung waren mit von der Partie, Leute aus Politik und Wirtschaft und alle seine Freunde. 2004 galt diese Anlage als Meilenstein im Land, das den Aufbau so dringend benötigte. Dementsprechend ausgiebig wurden die Verdienste meines Vaters an diesem Abend gewürdigt. Seine damalige Freundin klagte über Kopfschmerzen. Eine andere Partnerin hätte am grossen Tag ihres Mannes vielleicht ein Aspirin geschluckt. Nicht so Huyen*. Sie verliess den Ort des Geschehens gegen 21.00 Uhr wütend. Mein Vater musste und wollte bleiben, alles andere wäre einem Affront gegenüber den Gästen gleichgekommen. Es wurde getrunken und gelacht, so wurde später erzählt. Er muss glücklich gewesen sein, ahnte nicht, dass böse Kräfte bereits wirkten, sein Tod beschlossene Sache war.

      Die

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