Echt jetzt?!. Jana Wieduwilt
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So siehst du abends und morgens die Frauen oder Männer mit einem Tablett, auf dem kunstvoll gestaltete Schalen sind. Sie schreiten mit Obst, Süßigkeiten und auch Geld in den Schalen zu den Schreinen, zünden dort Räucherstäbchen an, versprühen heiliges Wasser. Sie nehmen dabei die typische Gebetshaltung ein. Egal wo du hinkommst auf Bali: Die Schalen sind immer wohlkomponiert.
Nach einem kleinen Kurs in hinduistischer Opferkunst habe ich auch verstanden, dass dies ein immer wiederkehrender Akt der Achtsamkeit ist. Denn jede Farbe, jede Lage, jede Handlung hat eine rituelle Bedeutung. In den Schalen sind immer blaue, gelbe, rote und weiße Blüten und in der Mitte etwas Grünes oder Dunkles. Es ist genau festgelegt, in welcher Himmelsrichtung welche Farbe liegen muss, selbst das Flechten der Opferschalen aus Palmblättern ist einem genauen Rhythmus unterworfen.
Schon das Vorbereiten der kleinen Zeremonie erfordert Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. So wird für mich verständlich, warum die Balinesen zu den freundlichsten und nettesten Menschen gehören, die mir je begegnet sind. Auf der Straße sagen alle Hallo oder nicken freundlich, egal ob du ein Fremder oder ein Einheimischer bist. Doch zurück zu den Opfergaben der Balinesen. Was ist der Nutzen?
Es beruhigt einfach, so ein kleines oder auch größeres Ritual zu haben, denn gerade, während du überlegst, wo du welche Blume hinlegst, wie du Schale und so weiter zusammenbastelst, kannst du an nichts anderes denken.
Zack. Gehirnquatscher ausgeschaltet.
Versuch mal, ein kompliziertes Mudra oder, wenn dir Fingeryoga nicht so liegt, dann tritt beim Gehen in der Stadt NICHT auf die Fugen zwischen den Gehwegplatten.
Ja, du bist immer noch im Marketing-Buch.
Warum ich das so wichtig finde? Weil es erdet und uns aus dem alltäglichen Dilemma in das beschwingte Pilgergefühl holt.
Könnt ihr so ein Ritual bei euch im Unternehmen machen? Keine Sorge, ich meine nicht, dass ihr Ooom-brummend in der Online-Konferenz um ein Teelicht herumsitzen sollt. Wobei Meditation definitiv eine Methode ist, um die Arbeitsproduktivität gewaltig zu steigern.
Eine Idee wäre, einen bestimmten Ablauf in den Alltag zu integrieren, wie zum Beispiel Pilgertouren am Morgen.
Eine Schreib-Session mit deinem Tagebuch am Morgen? Yoga einschließlich Körperverknotungen? Samba oder Salsa tanzen?
Das bringt dich und deine Kollegen aus dem Gehirnquatscher-Modus – und damit ist der Apparat in deinem Kopf mal zurückgesetzt und kann neu und wie geschmiert arbeiten. Probier das mal aus!
Was ist dein Ritual, bei dem du dich so sehr konzentrieren musst, dass du dabei komplett aus dem Alltag rausgehen kannst?
1.7 BRICH DIE FALSCHEN REGELN
Geh nicht unter Leitern durch, das bringt Unglück! Der Schornsteinfeger bringt Glück! Schwarze Katze – je nach Region: Glück oder Unglück. Sauber riecht nach Zitrusfrische. Oder nach Chlor?
Stell niemals deine Tasche auf den Boden! Das bringt Unglück. Am Freitag gibt es Fisch. Und sonntags den Sonntagsbraten, montags Nudeln.
Du musst hart arbeiten, um erfolgreich zu sein. Viel reisen können nur die Reichen. Nur wer immer verfügbar ist, wird es schaffen. Die oberen 10.000 bleiben unter sich. Pilgern ist anstrengend.
Ortsunabhängiges Arbeiten geht nicht. Nun, die kürzliche Vergangenheit hat was anderes gezeigt.
Na, soll ich weitermachen?
Ich bin mir ganz sicher, dass dir auch noch mindestens fünf weitere abergläubische Glaubenssätze oder Regeln einfallen. Ein Aufkleber, den ich kürzlich bei einer meiner Pilgertouren gefunden habe, inspirierte mich zu diesem Artikel. Da steht drauf: Break the Fake Rules.
Denn wie viele Fake-Rules, wie viele Regeln, haben wir eigentlich in unserem Kopf, die gar nicht mehr gelten oder die einfach aus falschen oder misslichen Überlieferungen entstammen? Break the fake rules! Da ist was dran.
Oder warum genau glaubst du eigentlich, dass du hart arbeiten musst, um erfolgreich zu sein? Ist das, was du da so hart erarbeitest, überhaupt DEIN Erfolg? Oder gibt es da uralte Glaubenssätze und Erziehungs- oder kulturelle Muster, die du mit dir herumträgst, die so aber gar nicht mehr gelten?
Wie zum Beispiel das unterschiedliche Wahrnehmen von Gerüchen, die Sauberkeit implizieren. In Spanien zum Beispiel gilt es als sauber, wenn es ordentlich nach Chlor riecht.
Bei uns in Deutschland ist eher Zitrus angesagt und wir empfinden so riechende Räume als sauber. Beides wohlgemerkt unabhängig vom tatsächlichen Sauberkeitsgrad. Interessant, oder? Und wiedermal ein klares Indiz dafür, wie sehr uns unser Unterbewusstsein im Griff hat.
Daher hier in diesem Kapitel der heftige und ungebremste Ausruf an dich: Break the fake rules! Auch im Marketing.
Nur weil „alle“ auf Facebook sind, macht das dein Marketing kein bisschen besser, wenn deine Kunden Facebook gar nicht nutzen. Passend dazu finde ich den Spruch: „Alle haben gesagt, das geht nicht. Bis einer kam, der das nicht wusste – und der hat es einfach gemacht.“
Mein Impuls heute an dich: Tu öfter mal so, als hättest du es nicht gewusst.
Was bedeutet für dich Erfolg?
Was ist das, was dein Erfolg ist – und was tust du für dein Ego, deine Verwandtschaft, aus falschem Pflichtgefühl oder einfach so, weil es „alle“ machen?
Wie oft sagst du: „Das macht MAN eben so?“
1.8 DAS WICHTIGSTE BEIM MARKETING
Neulich war ich aus mehreren Gründen mal wieder in Dresden-Pillnitz. Ich war pilgern und ich habe eine alte Wirkungsstätte von mir wieder besucht. Meinen Studienort. Die Stätte meiner beginnenden Erwachsenheit. Dabei wurde ich daran erinnert, dass ich in Pillnitz etwas ganz Besonderes gelernt habe. Das, was ich lernte, hat damit was zu tun, was alle Menschen jeden Tag brauchen. Nicht nur fürs Marketing, sondern fürs Leben allgemein.
Ich habe in Dresden-Pillnitz Landespflege studiert. Sperriger Begriff, andere nennen es Landschafts- oder Freiraumarchitektur. Stadtplanung, Gartenplanung, Grünraumplanung, generell alles, was draußen ist und der Mensch zur freien Nutzung gestaltet, nennt man Landespflege.
Jetzt fragst du dich, was ich dann mit Marketing mache? Vor diesem 2. Studium habe ich auch was „Ordentliches“ studiert, nämlich Betriebswirtschaftslehre. Als ich das Studium 1996 abschloss, fühlte ich mich mit 23 Jahren zu jung, um schon ins 9-to-5-Arbeitsleben einzusteigen.
Da ich nichts andere kannte, habe ich das „Problem“ des Berufseinstieges erst mal vertagt und ein weiteres Studium gemacht. Na klar, habe ich auch das Pillnitzer Studium abgeschlossen. Wenn ich heute so darüber nachdenke, war mir das Business-Pilgern damals schon angetragen worden – aber ich habe es irgendwie seinerzeit noch nicht begriffen.
In einer der ersten Vorlesungen, am 8. Oktober 1996, hatten wir