Die reiche Zukunft hat ein Double. Christine Schick
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Читать онлайн книгу Die reiche Zukunft hat ein Double - Christine Schick страница 9
„Was soll das?“, hörte er Bart sagen.
Malik fuhr herum.
Die Stimme seines Chefs klang verärgert. „Ich wüsste nichts davon, dass Ihnen irgendjemand erlaubt hat, an die Steuerungsgeräte hier zu gehen. Nur weil Sie jetzt im Zentralkomplex waren, heißt das nicht, dass Sie sich als Boss auffuhren können.“
„Es war niemand da, ich …“, sagte Malik. „Eben“, fiel ihm Bart ins Wort. Entweder er fühlte sich in seiner Chefposition angegriffen oder er hatte wirklich Angst, dass sein S 100 etwas anstellte. Wenn das hier so weiterging, würde es eine verdammt anstrengende Zeit werden.
Malik nahm noch einen Anlauf. „Es war niemand da, den ich fragen konnte. Suri Temme hat sich nach einem Vanillepudding erkundigt. Ich wollte ihr den Wunsch gerne erfüllen“, sagte er und sah Bart an.
Der schob ihn beiseite, unterbrach die Suche und klickte sich erstaunlich schnell durchs Menü. Ein Teilfenster ging auf und zeigte Malik, wie er die Räume durchstreifte und nach den anderen rief. Auch seine Suchbegriffe wurden angezeigt. Der Küchenchef musterte ihn. Malik beschlich ein ungutes Gefühl. Was wusste er über ihn? Hatte er sich nach dem Schlagabtausch mit Kronberg zu seinem Hintergrund schlaugemacht? Wundern würde ihn das nicht. Malik rieb sich die Schläfe.
„Die Dinger hier sind für Sie tabu. Klar?“ Bart sah ihn eindringlich an.
Er wusste Bescheid. Davon war Malik jetzt überzeugt. „Sonnenklar.“
Sein Chef winkte mit der Hand und setzte sich in Bewegung, also folgte er ihm. Dann öffnete er eine der Türen zum begehbaren Kühlschrank, tippte auf ein Fach in mittlerer Höhe und bat Malik, ihm vom Geschirr auf der Konsole daneben eine Schale zu reichen. „In der Schublade sind Schöpfer“, sagte er.
Als die kleine Schüssel gut gefüllt war, reichte er sie Malik. „Und jetzt schwirr ab, äh, Entschuldigung …“
„Kein Problem.“
„In Ordnung, ich bin Bart. Suri ist ziemlich nett, hab ich recht?“
„Danke, Bart“, sagte Malik, ohne auf die Bemerkung einzugehen, und machte sich auf den Weg in den Saal. Er steuerte auf den Tisch zu, an dem jetzt drei Männer in ihren Teegläsern rührten. Suris Platz war leer. Scheiße, dachte Malik, das darf doch nicht wahr sein. Am liebsten hätte er den Pudding an die Wand geklatscht. Dann sah er sie. Suri saß draußen auf einer Bank. Er schob den Löffel in die Hosentasche und ging durch den Haupteingang.
„Einmal Vanillepudding für die Dame“, sagte Malik und kam sich ziemlich blöd vor. Er klang so, als machte er gerade ein Schauspielseminar. Die S-100-Teilnehmer hatten aber nur Skripte von Filmen jenseits des 20. Jahrhunderts bekommen. Damit man sie gleich erkannte.
Malik hielt Suri die Schale hin, dann fiel ihm ein, dass der Löffel noch in seiner Hosentasche steckte. Aber das war jetzt auch schon egal, dachte er, zog ihn heraus und reichte ihn der jungen Frau.
„Sie sind unglaublich“, sagte sie und strahlte. „Setzen Sie sich doch noch kurz.“
Malik freute sich. Jedenfalls schien sie ihn nicht spüren lassen zu wollen, was sie vorher mitbekommen hatte. Das rechnete er ihr hoch an.
„Ich wollte mich noch bei Ihnen bedanken, ehrlich“, sagte sie und grinste. „Nur wenn Sie jetzt …“ Suri hielt inne. „… einen kleinen Moment.“ Dann nahm sie ihre Tasche, zog eine Metallbox heraus, legte ihren Firmenhighcontroller hinein.
Malik zog die Augenbrauen hoch. Er war mehr als überrascht, schaltete, hob die Hand, kramte in seiner Hosentasche und packte sein Gerät dazu. Suri verschloss die Box fest. So drang nichts von ihrer Unterhaltung nach draußen beziehungsweise ins Unternehmensnetzwerk.
„Nur wenn Sie Hans Vidal begegnen, sollten Sie sich ein wenig vorsehen“, sagte sie. „Ich fürchte, der hat Sie jetzt gefressen.“
„Das Gepardenfrettchen“, sagte Malik vor sich hin.
„So nennen Sie ihn? Guter Spitzname!“
Dann mussten sie beide lachen. Suri hustete wieder.
„Ein bisschen Pudding vielleicht?“, schlug Malik vor. Sie nickte, aß zwei Löffel und lächelte. Obwohl jetzt keiner von ihnen etwas sagte, fühlte er sich nicht wie sonst nervös und suchte schon in Gedanken nach der nächsten Frage.
„Sollen wir nicht du sagen?“, meinte sie. „Ich bin Suri.“
„Gerne, Malik. Meine momentane Position im Unternehmen ist dir ja auch schon bekannt“, sagte er mit einem Schmunzeln.
Suri sah ihn jetzt ernst an. Ihm rutschte das Herz in die Hose. Vielleicht war sie doch nicht so begeistert und er hatte den Bogen überspannt. Das passierte ihm immer, wenn er begann, Vertrau- en zu jemand zu fassen. Möglicherweise wollte sie einfach einen Gesprächspartner haben, bei dem sie wegen der Situation mit dem Gepardenfrettchen etwas Dampf ablassen konnte. Verständlich. Er suchte nach einer unverfänglichen Bemerkung.
„Jetzt wirst du erst mal wieder richtig gesund“, sagte er.
Keine Entspannung in ihren Zügen, dann ein Seufzen.
„Ich wär gerne so mutig und frei wie du“, sagte Suri.
„Was?“ Malik sah sie irritiert an. Dann bekam er eine Gänsehaut. Es war ein seltsames Gefühl. Hochstimmung durch das Kompliment und gleichzeitig begann er, sich Gedanken um sie zu machen. „Meine Freiheitsgrade in der Kantine fallen im Moment eher kleiner aus, aber den Pudding hab ich organisiert bekommen.“
„Wenn ich könnte, würde ich sofort bei euch anfangen“, sagte sie.
Malik fühlte sich bestätigt. Suri bedrückte etwas. Erstaunlich, dass sie damit zu ihm kam. Oder auch nicht. Er stand außerhalb, gehörte nicht zum Unternehmen. „Das fände ich ziemlich klasse, aber vermutlich löst das dein Problem nicht.“
Suri nickte, kniff die Lippen zusammen, holte ein Taschentuch aus ihrem Mantel und schnäuzte sich.
„Hey“, sagte Malik, „wenn es dir besser geht, dann weißt du bestimmt, was das Beste ist.“
„Eigentlich weiß ich das schon. Ich bin nur nicht so mutig wie du“, sagte sie. „Zeigst du mir bei Gelegenheit mal, wie das geht?“
Sanfte Rotorengeräusche kamen näher, dann legte sich ein Schatten über sie. Suris schwarze Haare flogen nach hinten und ihr Pony bäumte sich auf. Das Drohnentaxi setzte mit seinen sechs Kufen auf dem Platz vor dem Kantinengebäude auf. Suri nahm ihre Tasche, öffnete die Box und gab Malik seinen Firmenhighcontroller.
Was soll ich dir zeigen, fragte sich Malik. Wie man durchs Leben taumelt, ohne Plan. Mit der Wut im Gepäck, die immer wieder ausbüxt wie ein schlecht erzogener Hund. Trotzdem spürte er, dass er lächelte. „Gute, gute Besserung“, sagte er, „wir sehen uns.“
„Ja! Das wollte ich hören!“ Suri grinste, hustete, griff nach der Halterung und stieg ein. Malik winkte. Lange.
5
Malik hatte Muskelkater.