Altern wird heilbar. Nina Ruge
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Glutaminsäure ist unter anderem in Kuhmilchprodukten, Tomatenpüree und Weizenvollkorn vorhanden.
Glycin finden wir in Geflügel, Milchprodukten, Sojaprotein.
Ergänzend dazu sind viele Frucht- und Gemüsesorten zu empfehlen, denn sie enthalten den gesamten Glutathion-Komplex. Um das Maximum an Inhaltsstoff zu gewinnen, darf frisches Obst oder Gemüse nicht gekocht oder verarbeitet werden. Beispiele mit den höchsten Glutathionwerten sind: Spargel, Kartoffeln, Paprika, Zwiebeln, Brokkoli, Avocados, Kürbis, Spinat, Knoblauch, Tomaten, Grapefruit, Äpfel, Orangen, Pfirsiche, Bananen und Melonen, Pak Choi, Wasserkresse, Senf, Rettich, Rüben, Kohlrüben, Kohlrabi, Okra und reife Samen von grünen Bohnen. Außerdem kann der Anstieg des Glutathionspiegels durch Cyanohydroxybutan, eine Substanz, die in Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl, Weißkraut und dem Chlorophyll von Petersilie vorkommt, gefördert werden, ebenso durch moderates körperliches Training sowie ausreichende Zufuhr von Schwefel, Selen und Alpha-Lipoidsäure.
Jeder Vegetarier, der sich sehr viel von Salat und Rohkost ernährt und regelmäßig Sport treibt, kann sich also freuen!
Gibt es noch Zweifel daran, dass Stammzellen das Rückgrat der Zellkompetenz Erneuerung darstellen? Ohne sie kommt das System der Erneuerung ins Wanken. Aber es sind nicht nur Stammzellen, die genau das tun müssen, was von ihnen verlangt wird, um unsere Regeneration zu gewährleisten. Was passiert, wenn eine Körperzelle anstatt in den geregelten Zelltod einzutreten, im Alter rebellisch wird erfahren Sie jetzt.
Die Zombies in uns
»Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.«
MARK TWAIN
Spätestens seit den vorherigen Seiten ist Ihnen klar, dass Stammzellen einer der zentralen Pfeiler der Zellkompetenz Erneuerung sind. Sie sind der Motor des Kreislaufs der Erneuerung: Eine Körperzelle funktioniert regelrecht und teilt sich bei Bedarf – bis zum Erreichen ihres »HAYFLICK-Limits« oder der überwältigenden Anhäufung von Schädigungen. Dann geht sie in den programmierten Zelltod, die Apoptose, über und wird aus dem zuständigen Stammzellpool ersetzt. Dieser Kreislauf war lange Zeit ein Dogma in Biologie und Medizin. Erst seit Kurzem ist bekannt: Dieser Kreislauf kann entgleisen und statt kontrolliertem Sterben kann auch der Fluch des Untotseins über unsere Zellen kommen. Mit weitreichenden Folgen für die Schlüsselkompetenz Erneuerung.
Wenn seriöse Wissenschaftler von »Zombies in unserem Körper« sprechen oder von »Untoten«, die ihr Unwesen treiben, dann kann es sich nur um durchaus spektakuläre Erkenntnisse handeln, die von revolutionärer Bedeutung sein könnten.
DIE DUNKLE UND DIE HELLE SEITE DER SENESZENTEN ZELLEN
Und so wagen wir uns jetzt mitten hinein in ein sehr junges Forschungsgebiet, die sogenannte »Seneszenz«. Hierbei geht es nicht, wie der Name vielleicht nahelegt, um allgemeine Forschungsprojekte zu Alterungserscheinungen aller Art. Hier geht es tatsächlich um »Zombies«, um »Untote«, die sich millionenfach in unseren Körpern tummeln. Je älter wir sind, desto mehr. Und je mehr, desto schlimmer. Das heißt also, dass es drei Zustände der zellulären Existenz gibt: Die Lebenden, Toten – und die dazwischen! Und »die dazwischen« haben natürlich einen ordentlichen wissenschaftlichen Namen: seneszente Zellen. Das klingt nicht so gruselig wie »Zombies« oder »Untote« – doch das Gruseln bleibt.
Und die Forschung beweist es uns eiskalt und unerbittlich: Die »Untoten« spielen offenbar eine fatale Rolle für unser Altern und Sterben.
Die Zombiezellen
Aber der Reihe nach. Als erster hat LEONARD HAYFLICK den Pfad für die Entdeckung der Zombiezellen geebnet, als er 1961 begann, nach den Ursachen des Alterns auf Zellebene zu suchen. Damals hätten ihn so manche als »Idioten« beschimpft, erinnert er sich selbst. Niemand wollte HAYFLICKs Theorie ernsthaft diskutieren. Heute sieht das ganz anders aus. Sie erinnern sich sicher an das HAYFLICK-Limit (siehe ab >). Seine Theorie besagt ja, dass sich jede Körperzelle – ausgenommen sind Stammzellen und Krebszellen – nur begrenzt teilen kann. Wie eine Streifenkarte in der U-Bahn zum Beispiel nur zehnmal gestempelt werden kann, bis sie verfällt, teilen sich Körperzellen nur so oft, wie es in ihrem genetischen Programm angelegt ist. Dann ist Schluss. Zellen können aber auch dann untergehen, wenn die DNA beschädigt wurde, durch Replikationsfehler, Sauerstoffradikale, Zellgifte etc.
Aber Schluss ist nicht Schluss. Entweder leitet die Zelle bei starker Störung ihren Selbstmord, die Apoptose, ein (die wir auch schon kennengelernt haben) und wird vom Immunsystem identifiziert und aufgelöst, worauf aus Stammzellen dann gesunder Zellnachschub geschickt wird. Oder aber, und jetzt kommt es: Oder aber sie verwandelt sich in eine Untote. Sie teilt sich zwar nicht mehr, aber ihr Stoffwechsel läuft auf Hochtouren. Jede unserer Körperzellen, die ihr Limit erreicht hat, kann auf diese Weise seneszent werden. Was der Auslöser dafür ist, den Weg des Selbstmords oder des Zombies einzuschlagen, das ist bislang nicht geklärt.
Was macht denn nun die Untoten zu Untoten – und was ist ihr biologischer Sinn? Zunächst: Seneszente Zellen kommen in allen Säugetieren und in allen Altersstufen vor. VALERY KRIZHANOVSKY vom Weizman Institut für Wissenschaften in Israel gelang es vor Kurzem, deren Zahl bei Mäusen zu bestimmen. Während bei jungen Mäusen höchstens ein Prozent aller Zellen seneszent waren, betrug der Anteil der Zombiezellen in einigen Organen zweijähriger Mäuse bis zu 20 Prozent. Unglaublich viele Untote schleppen nicht nur Mäuse mit sich herum!
Seneszente Zellen haben zwar ihre Teilung eingestellt, aber sie sind hochaktiv, indem sie Hunderte verschiedener Proteine produzieren: Zytokine, also Steuerungsproteine, Wachstumsfaktoren sowie Proteasen (das sind Enzyme, die große Proteine spalten). Damit können die Untoten direkt benachbarte Zellen beeinflussen (ähnlich wie der »Faule-Apfel-im-Korb-Effekt« oder wie ein Virus), und zwar meist nicht zum Guten: Sie rufen unter anderem Entzündungsreaktionen hervor – die ja für etliche der altersbedingten Krankheiten verantwortlich gemacht werden. Wie ein Zombievirus veranlassen sie in der Nähe befindliche gesunde Zellen, sich an der Funktionsstörung zu beteiligen. So reicht das Injizieren einer geringen Zahl von seneszenten Zellen in junge Mäuse bereits aus, um sie deutlich zu schwächen, gebrechlich zu machen und ihnen anhaltende Gesundheitsprobleme zu bereiten.
JUDITH CAMPISI vom Buck’s Institute for Research on Aging in Kalifornien bezeichnete diesen Proteinschwall der Zombiezellen als »seneszenzassoziierten sekretorischen Phänotyp« (SASP) – der uns offenbar im Laufe unseres Alterns zum Verhängnis wird.
Ich (Dominik) lernte Prof. JUDITH CAMPISI im Jahr 2014 kennen, als wir beide zu einer Expertenkonferenz in Orlando, Florida eingeladen waren. Als ich mit ihr auf dem Podium stand, um über meine Ergebnisse zur Stammzellalterung zu berichten, war ich zugegebenermaßen ein wenig nervös, denn sie war bereits damals eine sehr bekannte Wissenschaftlerin. Ich war beeindruckt von der Prägnanz, mit der sie den »evolutionären Balanceakt« von Zombiezellen erläuterte.
Natürlich haben seneszente Zellen eine elementar wichtige Funktion, um unseren Körper gesund zu halten, sonst hätte die Evolution nicht zugelassen, dass sie über die Jahrtausende hinweg in uns präsent sind. Zum einen hat sich der Mechanismus des »Nicht-mehr-Teilens« entwickelt, um den Körper vor mutierten oder verletzten Zellen zu schützen. Das heißt, die Seneszenz tritt dann ein, wenn höchste Gefahr droht: Zellen, die durch Mutation zum Beispiel zu Tumorzellen würden, stellen durch diesen – noch nicht erforschten – Mechanismus ihre Teilungen ein. Ihr tödliches Potenzial