5 glorreiche Western 3/2020 - Helden, Halunken, Halsabschneider: Sammelband mit 5 Wildwestromanen. John F. Beck
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Die Männer packten die Nichte des Wirtes und schleppten sie hinter das Haus in einen von Mauern umgebenen Hof, wo ein geschlossener Kastenwagen stand. Luft drang nur durch ein paar kleine, vergitterte Fenster ins Innere.
Sie stießen Juana zu fünf gleichaltrigen Mädchen.
Sie waren angekettet.
3
Brüllende Hitze lastete auf dem Trockental, das sich durch die ausgedörrte Mesa südwärts schlängelte. Obwohl die Sonne den Zenit bereits überschritten hatte, gab es keinen Schatten.
Erst weit im Westen ragten die Massive der Sierra Occidental mit ihren Vulkanen empor. Von hier aus wirkten sie nicht größer als Fingerhüte. Und auch im Osten gab es nichts als staubverkrustete verbrannte Weite.
Dem Auge bot sich kein Ruhepunkt, von einigen schroffen Steinzacken abgesehen, die allein der gnadenlosen Witterung dieses Landstrichs in der mexikanischen Teilrepublik Sonora getrotzt hatten.
Ein paar kümmerliche Büsche hatten trotzdem ihre Wurzeln in das Erdreich gekrallt. Davonhuschende Eidechsen legten Zeugnis davon ab, dass in dieser öden Region dennoch Leben existierte.
Die Punkte bewegten sich das Trockental entlang, immer tiefer nach Mexiko hinein.
Aus der Ferne war den Reitern ihre Gefährlichkeit nicht anzusehen. Trotzdem trugen sie den Tod in ihren Revolvergurten und die wilde Entschlossenheit im Herzen, Unrecht zu sühnen.
Ein Mann auf einem Rappen ritt allen voran durch die hitzeflirrende Glast. Er unterschied sich schon deshalb von den anderen, weil er keine Kopfbedeckung trug. Die Comanchen, unter denen er aufgewachsen war, stülpten sich nun mal keine Sombreros auf den Schädel.
Der Mann auf dem Rappen hatte sich zum Schutz vor dem allen Poren verstopfenden feinen Staub ein rotes Halstuch vor Mund und Nase gezogen. Darüber glitzerten graue Augen.
Ein kurzer Ruck am Zügel, und der Rappe blieb stehen.
Die anderen Reiter holten auf, und nun war auch zu sehen, dass sich eine Frau unter ihnen befand. Sie saß locker im Sattel. Sie trug Männerhosen von undefinierbarer Farbe. Die ehemals weiße Bluse wies unter den Achselhöhlen große Schweißflecken auf.
Dass die Frau verdammt anziehend war, konnte auch die Staubschicht nicht verbergen, die wie Puder ihre olivfarbene Haut bedeckte.
Ebenso wie Saltillo, er war der Mann auf dem Rapphengst, hatte Layla Sheen nur eins im Sinn: zusammen mit einigen treuen Vaqueros der Hazienda mussten sie den Beweis erbringen, dass Dr. Miguel Gomez ein durchtriebener Verbrecher war.
Denn nur wenn es ihnen gelang, den Advokaten aus El Paso als Drahtzieher eines schwunghaften Mädchenhandels zwischen Mexiko und Texas zu überführen, würde Saltillo seine Hazienda als rechtmäßigen Besitz zurückerhalten.
In Carrizal war es Saltillo immerhin gelungen, das Tagebuch des Rebellen-Generals Santamara an sich zu bringen. Die darin enthaltenen, wenngleich verschlüsselten, Aufzeichnungen sollten ihm den Weg zur Rehabilitierung ebnen.
Tortilla-Buck Mercer schloss zu Saltillo auf. Mit einem Teil der Mannschaft hatte sich der bullige Vormann noch in Carrizal dem Haziendero und seinen Begleitern angeschlossen.
Und dort hatte Saltillo kurz vor dem Abritt einen Hinweis bekommen, dass Gomez‘ Mädchenfänger nach wie vor ihrem schmutzigen Geschäft nachgingen; vermutlich derzeit in Sueco.
»Verdammt trockene Gegend hier herum«, knurrte Tortilla-Buck nun missbilligend und fuhr sich mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen.
»Du hast wie so häufig recht«, antwortete Saltillo schmunzelnd, während er das Tuch von Mund und Nase nahm. Seine asketischen Züge wurden sichtbar, von einem freundlichen Lächeln in ihrer Härte gemildert. »Lange kann‘s nicht mehr dauern, bis wir Sueco erreichen.«
»Bestimmt nicht«, stimmte Buck Mercer zu und kratzte sich in seinen Bartstoppeln, die einem blonden Kaktus verzweifelt ähnelten. »Vielleicht noch fünf Stunden. Wir sind gut vorangekommen. Am Ende des Trockentals wagt sich dieser hinterlistige Creek wieder ins Freie. Und da liegt dann auch das Dorf. Du glaubst, wir kommen zu spät?«
Saltillo zuckte mit den Schultern.
»Mal noch einmal den Teufel an die Wand, und ich hau sie dir samt seinem Gemälde um die Ohren.«
Tortilla-Buck ignorierte die Warnung.
»Hörst du das Knurren in meinem Magen?«, lenkte er ab. »Es ist Mittag, meldet er. Und wir sollen ‘ne Pause einlegen und nachsehen, was vom Proviant übrig ist. Wäre doch zu schade, wenn das Zeug verrottet.«
»Dein Magen ist ganz in Ordnung«, ging Saltillo auf das Geplänkel ein. »Er knurrt immer. Schlimm wird‘s erst, wenn er‘s mal nicht mehr tut. Denn dann hast du dich zu deinen Ahnen versammelt, Compañero. Also lass ihn knurren.«
Inzwischen waren auch die Vaqueros aufgerückt. Sie saßen in ihren Sätteln und hatten die Blicke auf den Patron gerichtet.
Da war Mateo mit dem pockennarbigen Gesicht. Noch nie hatte ihn jemand lachen sehen. Neben ihm hielt der einäugige Alonso mit seiner schwarzen Augenklappe, ein hagerer, sonnenverbrannter Mann.
El Toro hieß eigentlich Pedro, doch keiner nannte den Riesen so, der Fäuste von den Ausmaßen eines Männerkopfes besaß. Damit ersparte El Toro der Hazienda eine Ramme.
Paco Perez war klein und krummbeinig. Wieselflink huschten die Augen des Kochs dem »Busenfreund« von Buck Mercer. Die beiden stritten sich bei jeder Gelegenheit. Doch wenn‘s drauf ankam, gingen sie füreinander durchs Feuer.
Die kleine Mannschaft wurde von Modesto, dem Messerwerfer, und von Joaquin, dem Fährtenleser, komplettiert – und natürlich von Antonio mit seiner Gitarre, dem Benjamin unter den Vaqueros.
Schließlich hatte es sich auch Ramon Ruidosa, der eisgraue Mayordomo, nicht nehmen lassen, Saltillo zu begleiten. Der Haziendero sah in Ramon so etwas wie einen väterlichen Berater.
Die Gefährten waren von den Strapazen der letzten Tage gezeichnet. Dennoch verrieten die Mienen auch den Willen zum bedingungslosen Durchhalten. Es waren gute und ehrliche Gesichter.
Saltillo räusperte sich.
»Buck meint, dass wir gegen Abend in Sueco sind«, sagte er. »Eine knappe Meile davor gibt‘s ein Wasserloch. Dort werden wir das Camp aufbauen und eine Nacht Augenpflege betreiben. Abgekämpft, wie wir jetzt sind, möchte ich nicht auf Banditen stoßen. Außerdem wissen wir nicht, mit wie vielen Gegnern wir‘s zu tun bekommen.«
4
Die Leute von Sueco hätten sich wohl auch für den Rest des Tages in ihren Häusern verkrochen, wenn Sarto Singal nicht auf die Plaza getreten wäre und ein paar Schüsse in die Luft abgefeuert hätte.
»Kommt raus aus euren Löchern, ihr Ratten! Ihr habt nichts zu befürchten, solange ihr tut, was verlangt wird. Oder sollen wir euren Wirt vielleicht selbst unter die Erde bringen? Es war Notwehr, Leute.