Elefanten vergessen nie. Agatha Christie
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Читать онлайн книгу Elefanten vergessen nie - Agatha Christie страница 6
»Und Mrs Burton-Cox möchte nicht, dass ihr Sohn dieses Mädchen heiratet, weil ihr Vater ihre Mutter oder die Mutter den Vater umgebracht hat?«
»Vermutlich. Das ist der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann. Denn wieso spielt es für diese Ehe eine Rolle, wie es genau war? Wieso ist es der künftigen Schwiegermutter wichtig zu erfahren, wer wen umbrachte?«
»Darüber sollte man nachdenken«, sagte Poirot. »Es ist … Also, wissen Sie, das ist wirklich interessant. Ich meine nicht bezüglich Sir Alistair Ravenscroft oder Lady Ravenscroft. Ich glaube, ich kann mich vage erinnern – an den Fall, oder war es nicht derselbe? Aber diese Mrs Burton-Cox ist sehr merkwürdig. Vielleicht ist sie nicht ganz richtig im Kopf? Hat sie ihren Sohn gern?«
»Wahrscheinlich«, sagte Mrs Oliver. »Wahrscheinlich möchte sie einfach nicht, dass er dieses Mädchen heiratet.«
»Weil sie vielleicht die Veranlagung, den Ehemann zu ermorden, geerbt hat – oder so was?«
»Wie soll ich das wissen?«, rief Mrs Oliver. »Sie scheint anzunehmen, dass ich’s ihr verraten kann, aber sie hat mir wirklich nicht genug erzählt! Was steckt dahinter? Was bedeutet das alles?«
»Es wäre fast interessant, es herauszufinden«, stellte Poirot fest.
»Also, das ist der Grund, weshalb ich Sie besuche«, sagte Mrs Oliver. »Sie finden gern Sachen heraus. Sachen, deren Ursache Sie anfangs nicht erkennen können. Die niemand erkennen kann.«
»Glauben Sie, dass Mrs Burton-Cox eine bestimmte Lösung vorzöge?«, fragte Poirot.
»Sie meinen, dass der Mann seine Frau getötet hätte oder die Frau ihren Mann? Ich glaube nicht.«
»Tja«, meinte Poirot. »Ich begreife Ihr Dilemma. Es reizt mich. Sie kommen also von einer Party. Man hat Sie gebeten, etwas sehr Schwieriges, fast Unmögliches zu unternehmen – und Sie, Sie überlegen, wie man so eine Sache am besten angeht.«
»Na, und was wäre nun das Richtige?«
»Das ist für mich nicht so einfach zu entscheiden. Ich bin keine Frau. Eine Frau, die Sie nicht besonders gut kennen, die Sie nur auf einer Party getroffen haben, hat Sie mit diesem Problem konfrontiert, Sie gebeten, es zu lösen, ohne ein genaues Motiv zu nennen.«
»Jawohl«, sagte Mrs Oliver. »Und was tut Ariadne jetzt? In anderen Worten, was tut A, wenn Sie diesen Fall als Rätsel in einer Zeitung zu lösen hätten?«
»Hm. Man könnte das Problem von drei Seiten angehen. A schreibt Mrs Burton-Cox einen Brief, es täte einem leid, man könnte ihr in dieser Angelegenheit wirklich nicht behilflich sein oder ähnlich. Zweitens, Sie setzen sich mit Ihrer Patentochter in Verbindung und erzählen ihr, was die Mutter des jungen Mannes, den sie heiraten möchte, von Ihnen verlangt hat. Sie werden herausbekommen, ob sie wirklich daran denkt, diesen Mann zu heiraten, und ob sie eine Ahnung oder der junge Mann ihr erzählt hat, was seine Mutter eigentlich will. Da wären noch andere interessante Punkte: zum Beispiel, wie das Mädchen über seine künftige Schwiegermutter denkt. Und drittens könnten Sie«, schloss Poirot, »und dazu rate ich Ihnen …«
»Ich weiß«, unterbrach Mrs Oliver, »ein Wort!«
»Nichts tun«, beendete Poirot seinen Satz.
»Genau! Das wäre das Einfachste und Vernünftigste. Nichts zu unternehmen. Ein starkes Stück, einfach hinzugehen und einem Mädchen, das noch dazu mein Patenkind ist, zu berichten, was seine künftige Schwiegermutter herumerzählt und worüber sie die Leute ausfragt. Aber …«
»Ich weiß«, warf Poirot ein, »es ist die menschliche Neugier.«
»Ich möchte wissen, warum dieses abscheuliche Weib zu mir kam und das sagte«, antwortete Mrs Oliver. »So lange …«
»Ja«, sagte Poirot, »so lange können Sie nicht ruhig schlafen. Sie würden nachts aufwachen und – wie ich Sie kenne – auf die verrücktesten und seltsamsten Ideen kommen, die Sie wahrscheinlich kurz darauf zu einer hochinteressanten Kriminalgeschichte verarbeiten würden. Zu einem Kriminalroman, zu einem Thriller. Zu allem Möglichen.«
»So betrachtet, könnten Sie recht haben.« Mrs Olivers Augen begannen zu blitzen.
»Lassen Sie es sein«, mahnte Poirot. »Es wäre ein sehr schwieriges Unternehmen. Es scheint mir keinen triftigen Grund dafür zu geben.«
»Aber ich würde mich gern überzeugen, dass es keinen triftigen Grund gibt!«
»Menschliche Neugierde«, sagte Poirot. »Ein interessantes Gebiet.« Er seufzte. »Wenn ich denke, was wir ihr im Lauf der Geschichte verdanken. Neugier! Ich weiß nicht, wer sie erfunden hat. Man sagt sie gewöhnlich den Katzen nach. Aber ich möchte behaupten, dass in Wirklichkeit die Griechen die Neugier erfanden. Sie wollten wissen. Vor ihnen wollte, soweit ich informiert bin, keiner viel wissen. Man wollte nur wissen, wie man sich in dem Lande, in dem man lebte, verhalten musste, um nicht geköpft oder gerädert zu werden oder sonst etwas Unerfreuliches zu erleben. Aber man gehorchte, oder man gehorchte nicht. Sie wollten nicht wissen, warum. Seit damals wollen so viele Leute das Warum wissen, und deshalb ist so viel passiert. Heute gibt es Schiffe, Flugzeuge, Eisenbahnen und Atombomben, Penicillin und Mittel gegen alle möglichen Krankheiten. Ein kleiner Junge schaut zu, wie der Dampf den Deckel eines Wasserkessels auf dem Herd hebt, und schon haben wir die Eisenbahn, die in direkter Linie zu Eisenbahnerstreiks und Ähnlichem führt. Und so weiter und so weiter.«
»Sagen Sie mir nur eins«, sagte Mrs Oliver, »finden Sie, dass ich eine schreckliche Schnüfflerin bin?«
»Nein«, antwortete Poirot. »Im Großen und Ganzen halte ich Sie nicht für eine sehr neugierige Frau. Aber ich kann Sie mir gut vorstellen, wie Sie bei einer literarischen Party in Panik geraten, weil Sie sich gegen zu viel Liebenswürdigkeiten und Lob zur Wehr setzen müssen. Deshalb gerieten Sie in dieses Dilemma und entwickelten eine starke Abneigung gegen die Person, die Sie da hineinriss.«
»Ja. Ein schreckliches Weib. Sehr unangenehm!«
»Dieser lang zurückliegende Mord an einem Ehepaar, das angeblich gut miteinander auskam und sich nie stritt – man hat nie den Grund erfahren, sagen Sie?«
»Sie wurden erschossen. Ja, sie wurden erschossen. Es könnte ein Selbstmordabkommen gewesen sein. Ich glaube, die Polizei nahm das zunächst auch an. Natürlich kann man so viele Jahre danach nichts mehr feststellen.«
»O doch!«, behauptete Poirot. »Ich meine, ich könnte was rausfinden.«
»Wirklich? Mit Hilfe all der aufregenden Freunde, die Sie haben?«
»Nun, ich würde nicht gerade sagen, durch sie. Natürlich gibt es Freunde, die etwas wissen, die bestimmte Berichte beschaffen könnten, die Niederschriften, die damals über den Fall gemacht wurden. Ich könnte Zutritt zu bestimmten Protokollen bekommen.«
»Sie finden was heraus«, rief Mrs Oliver hoffnungsvoll, »und erzählen es mir dann.«
»Ja«, sagte Poirot, »jedenfalls könnte ich Ihnen alle Fakten zu dem Fall beschaffen. Allerdings wird das ein bisschen Zeit beanspruchen.«
»Wenn Sie das tun – ich hätte