Elefanten vergessen nie. Agatha Christie

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Elefanten vergessen nie - Agatha Christie страница 8

Elefanten vergessen nie - Agatha Christie

Скачать книгу

Vergangenheit auftaucht, auch wenn sie sich nicht besonders gut an ihn erinnern. Dann unterhält man sich über alte Zeiten, was damals geschah, und an was man sich noch erinnert.«

      »Sehr aufschlussreich«, sagte Poirot. »Ich finde, Sie sind gut gerüstet für Ihr Vorhaben. Es geht also um Leute, die in der Gegend wohnten, wo sich das tragische Ereignis abspielte, oder die dort gelebt haben könnten. Schwieriger ist es wohl, auf das Thema selbst zu sprechen zu kommen. Man müsste verschiedene Taktiken probieren. Zum Beispiel ein kleines Gespräch anfangen über das Geschehene, über ihre Vermutungen und über das, was damals geredet wurde. Ob der Mann oder die Frau möglicherweise eine Liebesaffäre hatte. Über Geld, das jemand geerbt hat. Ich glaube, Sie könnten eine ganze Menge zusammenkratzen.«

      »Du meine Güte«, rief Mrs Oliver. »Ich habe wirklich Angst, dass ich eine Schnüfflerin bin!«

      »Sie haben einen Auftrag bekommen«, erklärte Poirot, »zwar nicht von jemandem, den Sie mögen oder dem Sie helfen wollen, sondern von jemandem, den Sie völlig ablehnen. Aber das spielt keine Rolle. Sie sind auf der Suche, der Suche nach Wissen. Sie gehen Ihren eigenen Weg. Es ist der Weg der Elefanten. Die Elefanten könnten sich erinnern. Bon voyage!«

      »Wie bitte?«, fragte Mrs Oliver.

      »Ich schicke Sie auf Ihre Entdeckungsreise«, erklärte Poirot. »À la recherche des éléphants.«

      »Ich glaube, ich bin verrückt«, sagte Mrs Oliver betrübt. Wieder fuhr sie sich mit den Händen durch das Haar, sie sah aus wie der Struwwelpeter persönlich. »Ich wollte gerade eine Geschichte über einen goldgelben Apportierhund schreiben. Aber es lief nicht richtig. Ich konnte einfach den Anfang nicht hinkriegen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

      »Ach, lassen Sie doch den goldgelben Apportierhund sein! Kümmern Sie sich nur um Elefanten!«

      3

      Würden Sie mir mein Adressenverzeichnis suchen, Miss Livingstone?«

      »Es liegt auf Ihrem Schreibtisch, Mrs Oliver, oben links.«

      »Das meine ich nicht«, antwortete Mrs Oliver. »Es ist das laufende. Ich will das andere, vom letzten Jahr, oder vielleicht vom Jahr davor.«

      »Ob es nicht weggeworfen wurde?«, schlug Miss Livingstone vor.

      »Nein, ich werfe kein Adressbuch weg, weil man so was immer wieder braucht. Ich meine die Adressen, die man nicht ins nächste überträgt. Vermutlich liegen sie in einer Kommodenschublade.«

      Miss Livingstone war noch ziemlich neu, Ersatz für Miss Sedgwick. Mrs Oliver vermisste Miss Sedgwick sehr. Miss Sedgwick hatte immer alles gewusst. Sie kannte die Orte, an die Mrs Oliver manchmal Sachen verlegte oder an denen sie etwas aufbewahrte. Sie erinnerte sich an die Leute, denen Mrs Oliver nette Briefe geschrieben hatte oder grobe, weil man sie geärgert hatte. Sie war unbezahlbar, oder besser, sie war unbezahlbar gewesen. »Sie war«, murmelte Mrs Oliver, »sie war wie dieses Buch – wie heißt es bloß noch –, das große braune Buch … Alle Leute um die Jahrhundertwende hatten es. Ach ja: Enquire Within Upon Everything. Ein Ratgeber für alles. Man konnte alles drin finden: wie man Rostflecken aus der Wäsche rauskriegt, geronnene Mayonnaise klar wird oder wie man einen Brief an einen Bischof anfängt. Viele, viele Ratschläge. Alles stand da drin im Enquire Within Upon Everything. Großtante Alice’ Hilfe und Stütze.«

      Miss Sedgwick war genauso nützlich gewesen wie Großtante Alice’ Buch. Miss Livingstone dagegen ganz und gar nicht. Immer stand sie bloß herum, mit langem Gesicht und bewusst tüchtigem Aussehen. Jeder Zug ihres Gesichts sagte: »Ich bin sehr tüchtig.« Aber sie war es nicht, dachte Mrs Oliver. Sie wusste nur, wo ihre früheren schriftstellernden Arbeitgeber ihre Sachen aufbewahrt hatten und wo Mrs Oliver ihrer Ansicht nach die ihren aufbewahren sollte.

      »Was ich brauche«, erklärte Mrs Oliver mit der Entschiedenheit eines verzogenen Kindes, »ist mein Adressbuch von 1970. Und das von 1969 auch. Bitte suchen Sie es schleunigst!«

      »Natürlich, natürlich«, rief Miss Livingstone.

      Mit leerem Blick sah sie sich um wie jemand, der nach etwas suchen soll, wovon er noch nie gehört hat, das er aber dank seiner Tüchtigkeit und mit etwas Glück finden wird.

      Wenn die Sedgwick nicht wiederkommt, werde ich verrückt, dachte Mrs Oliver. Ich schaff es nicht ohne Miss Sedgwick. Miss Livingstone begann, verschiedene Schubladen in Mrs Olivers sogenanntem Studier- und Arbeitszimmer aufzuziehen.

      »Hier ist das letzte Jahr«, rief sie plötzlich beglückt. »Das dürfte viel aktueller sein, nicht? 1971.«

      »1971 will ich nicht«, antwortete Mrs Oliver. Vage Erinnerungen kamen ihr. »Sehen Sie mal im Teewagen dort nach!«

      Sichtlich beunruhigt sah sich Miss Livingstone um.

      »Der Tisch dort«, sagte Mrs Oliver.

      »Ein Büroartikel dürfte sich kaum in einem Teewagen befinden«, bemerkte Miss Livingstone und wies damit ihre Arbeitgeberin auf die allgemeinen Tatsachen des Lebens hin.

      »Doch!«, beharrte Mrs Oliver. »Ich glaube, ja.«

      Sie schob Miss Livingstone zur Seite, ging zum Teewagen, hob den Deckel von einem runden Behälter aus Papiermaché, der ursprünglich Lapsang-Souchon-Tee enthalten hatte, und nahm ein zusammengerolltes, braunes Notizbuch heraus.

      »Das ist es!«

      »Nur von 1968, Mrs Oliver. Vier Jahre her.«

      »Es könnte passen«, sagte Mrs Oliver, nahm es und trug es zum Schreibtisch. »Das wäre im Moment alles, Miss Livingstone, aber Sie könnten nachsehen, ob Sie mein Geburtstagsverzeichnis irgendwo finden.«

      »Ich wusste nicht …«

      »Ich benutze es jetzt nicht mehr«, sagte Mrs Oliver, »aber ich habe eines. Ein ziemlich großes, wissen Sie. Ich fing es an, als ich noch ein Kind war, und habe es jahrelang geführt. Vermutlich liegt es irgendwo in der Mansarde im Fremdenzimmer. In dem Ding neben dem Bett.«

      »Oh! Soll ich nachsehen?«

      »Das habe ich mir so vorgestellt«, sagte Mrs Oliver.

      Sie wurde ein bisschen munterer, als Miss Livingstone das Zimmer verlassen hatte, schloss die Tür nachdrücklich hinter ihr, ging zum Schreibtisch zurück und begann, die nach Tee riechenden Adressen in verblichener Tinte durchzusehen.

      »Ravenscroft – Celia Ravenscroft. Aha! 14, Fishacre Mews, SW3. Das ist die Adresse in Chelsea. Damals wohnte sie dort. Aber danach noch woanders. So ähnlich wie Strand-on-the-Green bei Kew Bridge.«

      Sie blätterte ein paar Seiten weiter.

      »Ach ja, dies ist scheint’s eine spätere. Mardyke Grove. Eine Querstraße von der Fulham Road, glaube ich. Jedenfalls da irgendwo. Hat sie Telefon? Ja, ich glaube, die stimmt. Flaxman … Jedenfalls probier ich sie.«

      Sie ging zum Telefon hinüber. Die Tür öffnete sich, und Miss Livingstone sah herein.

      »Glauben Sie, dass vielleicht …«

      »Ich habe die Adresse, die ich brauche, gefunden«, rief ihr Mrs Oliver zu. »Suchen Sie weiter nach dem Geburtstagsverzeichnis. Es ist wichtig.« Als sich die Tür schloss,

Скачать книгу