Mit 10 Weinproben zum Kenner. Beat Koelliker
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Salz
Es harmoniert wunderbar mit Süße: Ein salziger Käse und ein süßer Dessertwein sind ein echtes Traumpaar.
Struktur und Körper
Wir nehmen Wein und Speisen im Mund auch mit unserm Tastsinn wahr. Am besten verstehen sie sich, wenn sich Gleiches mit Gleichem verbindet, also ein schlanker Wein mit einem schlanken Essen oder ein üppiger mit einem üppigen. Ein samtiger, feingliedriger Burgunder passt deshalb wunderbar zu einem zarten Rehmedaillon mit delikater Sahnesauce. Manchmal muss man allerdings auch bereit sein, Grenzen zu überschreiten: Die fleischähnliche Textur des Thunfischs hat eine Festigkeit, die die meisten Weißweine überfordern würde, hier passt ein frischer mittelschwerer Rotwein besser.
Intensität
Ein zu intensives Gericht kann einen delikaten Wein erschlagen und umgekehrt. Ihre geschmackliche Intensität sollte sich deshalb etwa entsprechen.
Regionale Verwandtschaft
Jeder Wein ist zutiefst mit der Kultur und dadurch mit den typischen Gerichten und Gewürzen seiner Heimat verbunden. Sie sind auf dem gleichen Boden gewachsen und wurden von der gleichen Sonne zur Reife gebracht. Zu einem Elsässer Sauerkrautgericht schmeckt nichts besser als ein einheimischer Riesling, zu einem Käsefondue muss es ein Fendant aus dem Wallis sein, und ein schönes Stück Fleisch vom Grill bekommt erst mit einem kalifornischen Zinfandel das richtige Cowboy-Feeling. Doch wie bei den Menschen gibt es auch beim Wein Anziehungskräfte, die weit über die engen Grenzen der eigenen Kultur hinaus zu ganz besonders glücklichen Ehen führen. So passen viele asiatische Gerichte hervorragend zu einem Riesling oder Muscat.
Harmonie und Kontrast
In der Regel heißt das Ziel in der Kombination von Wein und Speisen Harmonie; Harmonie der Aromen, des Geschmacks, der Struktur usw. Der Wein nimmt die »Melodie« der Gerichte auf seine Art auf und spielt sie weiter oder auch umgekehrt. Und dennoch hat die Harmonie ihre Grenzen: Einem süßen Dessert etwa kann ein Süßwein oft nicht mehr viel hinzufügen. Es braucht vielmehr den Kontrast, um aufs Neue Spannung aufbauen zu können.
Spektakulär und schlagend sind die Verbindungen von Süßweinen mit salzigen Gerichten, zum Beispiel einem Sauternes oder Portwein mit Blauschimmelkäse. Dieser Effekt ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel.
Disharmonie
Ebenso wichtig wie das Verständnis für Harmonie und Kontrast ist auch das Verständnis der Unverträglichkeit oder Disharmonie. Diese baut keine Spannung auf, sondern wirkt zerstörerisch. Beide Partner präsentieren sich in diesen Kombinationen weit unter ihrem Wert. In die gleiche Kategorie gehören auch Gerichte, deren Kombination mit Wein grundsätzlich problematisch ist, etwa Artischocken, Spargel, Eier, Essig, Räucherfisch, Schokolade. Oft passen zu ihnen nur ganz bestimmte Weine: zu Artischocken ein säurearmer Grauburgunder, zu Spargel ein Sauvignon blanc oder Silvaner, zu Eiern ein Müller-Thurgau oder Chasselas, zu Essig gar nichts (oder ein Bier), zu Räucherfisch ein rauchig-mineralischer Riesling vom Rhein und zu Schokolade ein Banyuls oder Portwein.
Gleiche Augenhöhe
Wein und Essen sollten sich nicht nur geschmacklich gut verstehen, sie sollten sich auch bezüglich des Stils auf einer Ebene befinden. Ein feiner, vornehmer Wein passt zu edlen Speisen, während ein robuster Wein nach einem rustikalen Gericht verlangt. Ein herzhaftes Backhendl versteht sich deshalb hervorragend mit einem bodenständigen Weißburgunder oder Grünen Veltliner. Doch auch in dieser Beziehung stellen wir keine sturen Regeln auf. Eine Flasche Champagner am Waldrand kann wunderbar schmecken.
Learning by tasting
Und jetzt fangen wir gleich an, 10 Weinproben und 40 Weine stehen bereit, es geht los: Learning by tasting!
Das Ziel dieses Buchs ist es, Sie auf eine Reise zu den verschiedenen Weinstilen – roten, weißen, prickelnden und süßen – mitzunehmen. Wir haben dafür 40 Weine ausgewählt, von denen jeder einen bestimmten Stil repräsentiert. Alle diese Weine werden jeweils auf einer Seite in einem umfassenden Porträt vorgestellt. Sie erfahren etwas über ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Rebsorte(n), ihre Persönlichkeit und eben ihren Stil. Ein einzelner Wein reicht allerdings nicht aus, um einen Stil kennenzulernen. Man braucht den Vergleich. Wir haben deshalb immer vier Weine so zusammengefasst, dass man beim Kennenlernen dieser Weinprobe verschiedene Stile besser unterscheiden oder einen bestimmten Stil besser verstehen lernt.
Wie Sie am besten vorgehen
Den Weg zum Ziel wählen Sie selbst. Sie können sehr systematisch vorgehen und nach der Reihenfolge in diesem Buch mit der ersten Weinprobe beginnen und die anderen folgen lassen. Sie können aber auch hin und her hüpfen, sich Ihre Lieblingsweine aussuchen und von dort aus Ausflüge in die Umgebung machen.
Das Prinzip ist ganz einfach: Sie suchen sich ein paar gleich gesinnte Freunde und Freundinnen und kaufen sich vier verschiedene Weine (bei den Weinproben steht, welche), Sie verkosten sie, und nach »getanem« Vergnügen beschließen Sie den Abend mit einem Essen (bei den Weinen steht, was passt) und trinken dabei die verkosteten Flaschen leer.
Sie können sich aber auch auf eigene Faust auf den Weg machen und mal die, mal jene Flasche ausprobieren, jeder soll und darf auf seine Weise selig werden.
Das Einkaufen
Lesen Sie vor dem Einkauf unsere Angaben genau durch oder nehmen Sie das Buch gleich mit zum Weinhändler, dann weiß er genau, was Sie brauchen. Wenn er einen Wein nicht führt, kann er Ihnen vielleicht sogar interessante Alternativen vorschlagen. Folgen Sie dem Geist dieses Buches, nicht seinem Buchstaben.
Die Verkostung
Die Weinbeschreibungen im mittleren Teil des Buchs sollen Ihnen als eine Art Leitfaden beim Verkosten dienen. Jeder Wein weicht jedoch als Individuum vom allgemeinen Typ, den wir beschreiben, etwas ab. Das darf Sie nicht stören, denn unsere Angaben meinen nicht: »Dieser Wein muss so schmecken.« Sondern: »Suchen Sie in diesem Wein nach den aufgeführten Merkmalen.«
Zu (fast) allen Ihren Fragen, die nicht einen Wein direkt betreffen, finden Sie entweder im ersten oder im hinteren Teil dieses Buches eine hoffentlich befriedigende Antwort.
Und jetzt viel Spaß!
Die vier großen Weinfamilien
Auf den ersten Blick scheint alles klar: Weißwein wird aus weißen Trauben gekeltert und Rotwein aus roten. Schaumwein bereichern feine Bläschen und Dessertweine sind süß. Stimmt alles, aber diese simple Definition erfasst den Charakter dieser vier großen Weinfamilien ebenso wenig wie die Feststellung: Wein ist vergorener Traubensaft.
Jede Weinfamilie hat ihre ganz eigene Persönlichkeit, mit einer besonderen Geschichte, spezifischen Herstellungsverfahren, Traditionen und in der Regel auch einer klar umrissenen geografischen Verbreitung.