9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006 - Alfred Bekker страница 45
„Nein. So einen Mann habe ich nicht gesehen. So einer war nicht in Rio Verde.“
„Und das wissen Sie genau?“, fragte Chaco.
„Mir entgeht keiner, der in die Stadt reitet. Und bei mir schaut auch jeder Fremde herein.“ Der Wirt blickte zu den Fenstern hinaus. Auf der anderen Straßenseite war ein Mann in einer grauen Uniform aufgetaucht.
„Auch der noch“, sagte Georgio. „Sieht ihm aber ähnlich. Als er gebraucht wurde, hat er sich in seiner Hütte verkrochen.“
Die Freunde sahen den Sheriff, der die Straße überquerte, die Veranda vor der Cantina betrat und die Basttür aufschob.
Er war ein kleiner, bärbeißiger Mann. Mit leicht gespreizten Beinen, eine schwarze Revolvertasche vor dem Bauch und die Hände auf dem Rücken, so blieb er stehen.
Draußen führte der Stallmann die gesattelten Pferde der Freunde auf die Straße. Carringo und Chaco wussten sofort, dass der Sheriff das veranlasst haben musste. Es kam sonst kaum jemand in Rio Verde dafür in Frage.
„Unruhestifter können wir hier nicht gebrauchen“, sagte der Mann schroff.
Der Wirt schwieg mit zusammengepressten Lippen. Mit dem Sheriff schien er sich unter keinen Umständen anlegen zu wollen.
„Wir wollten sowieso gerade die Stadt verlassen“, sagte Carringo freundlich.
Der Blick des Sheriffs verfinsterte sich. „Mich auch noch auf den Arm nehmen wollen, was?“, fragte er.
„Nein, sie wollten wirklich gerade aufbrechen!“, sagte der Wirt hastig.
Ein vernichtender Blick traf ihn von dem kleinen Ordnungshüter. Der Wirt zog den Kopf ein und schob sich vom Tresen weg.
Draußen ließ der Stallmann die Pferde stehen und verschwand.
Der Sheriff trat zur Seite. „Auf was wartet ihr dann noch, wenn ihr sowieso verschwinden wollt?“
„Komisch ist das schon“, sagte Chaco.
„Was ist komisch?“, schnauzte der Sheriff mit böse funkelnden Augen.
„Dass Sie auch schon aufkreuzen.“
Chaco grinste den Mann an und tat, als bemerke er dessen Wut nicht. „Zumal doch der Rummel bereits vorbei ist und die wichtigsten Unruhestifter die Bühne sozusagen längst verlassen haben.“
„Vielleicht ist das gerade der Trick an seiner Arbeit“, sagte Carringo, während er hinter dem Freund vorbeiging und die Cantina verließ.
„Unverschämt!“, fauchte der Sheriff.
Chaco verließ die Cantina ebenfalls. Sie stiegen auf die Pferde und ritten die Straße hinunter nach Südosten. Hinter ihnen schimpfte der Sheriff in erwachtem Pflichtbewusst sein her, aber sie schauten nicht mehr zurück.
„Soll ich dir was sagen?“ Carringo schaute den Freund an.
„Na?“
„Ich bin froh, dass wir aus dieser Geschichte heraus sind.“
„Hoffentlich sind wir das auch wirklich. Mir wäre wohler, wenn wir schon fünfzig Meilen weiter geritten wären.“
15
Eingebettet in sattgrüne Wälder sah Jiminez Spinola die prächtige Hazienda des Don Carlos Falange vor sich am Fuße der Sierra Potosi liegen.
Er hatte sein Pferd gezügelt und betrachtete das großzügige und altehrwürdige Anwesen. Das Haus war doppelstöckig und sehr breit, und es hatte in jeder Etage ein rundes Dutzend Fenster allein auf der Spinola zugewandten Seite. Das große Bogentor zum Innenhof stand offen. Hinter dem Anwesen stieg Staub in die Höhe. Das Stampfen von Hufen, das Knallen von Peitschen und Schnauben von Pferden waren zu hören. Manchmal ertönte das Brüllen eines Mannes dazwischen.
Vor der Hazienda war niemand zu entdecken.
„Der fühlt sich hier sicher“, murmelte Jiminez Spinola und versuchte, jede Kleinigkeit in seinem Blickfeld zu erfassen.
Das schrille Wiehern eines Pferdes ertönte hinter den klotzigen Gebäuden.
Jiminez Spinola trieb sein Pferd an und ritt dem Fahrweg folgend auf das große Tor zu. Das letzte Wegstück war gepflastert. Die Hufe klirrten auf dem Gestein.
Erst als Spinola durch das offene Bogentor ritt und den Innenhof erreichte, trat ihm ein Peon entgegen, ergriff das Kopfgeschirr des Pferdes und hielt es an.
„Was soll das? Wo wollen Sie hin?“
„Lass das Pferd los!“, befahl Jiminez Spinola scharf.
Der Peon dachte nicht daran.
Spinola blickte sich um.
Im Hof war niemand. Die Tür des Haupthauses stand offen. Auch auf der Freitreppe war kein Mensch zu sehen.
„Sie sind doch Spinola?“, rief der Peon. „Was wollen Sie hier, zum Teufel?“
„Was ich will, werde ich deinem Patron selbst sagen. Lass das Pferd los!“
Der Peon riss den Kopf des Tieres nach unten.
Jiminez Spinola sprang aus dem Sattel, packte den Peon und schleuderte ihn auf die Treppe, bevor der an Gegenwehr denken konnte. Doch der junge Bursche sprang fluchend in die Höhe und griff an. Spinola blockte seine Faust ab und knallte ihm einen Schwinger ans Kinn. Der Kerl schrie auf und flog wieder auf die Treppe. Er rutschte zur Seite und rollte herunter.
Jiminez Spinola stieg über die Gestalt weg und die breite Freitreppe hinauf. Er sah, wie sich eine dunkle Gardine links der Treppe hinter einem der hohen Fenster bewegte.
In der nächsten Minute stand er bereits in dem großen hallenartigen Raum, zu dem das Fenster gehörte, an dem sich die Gardine bewegt hatte.
An einem langen Tisch mit zwanzig geschnitzten Stühlen darum stand Don Carlos und schaute dem unerwarteten Besucher entgegen.
Falange war ein sechs Fuß großer Mann, schlank, breitschultrig und mit einem grauen Backenbart, der sein schmales Gesicht besonders betonte. Eisig blickten seine Augen auf Spinola. Die dünnen Lippen standen zusammengepresst wie ein schmaler Strich in seinem Gesicht.
Don Carlos war sehr gepflegt gekleidet, und zwar mit einem weißen Hemd, in das feine Silberstreifen gewebt waren, einer Lincolnschleife am Kragen und goldenen kleinen Knöpfen auf der Leiste. Er trug gestreifte Röhrenhosen, eine rote, bestickte Weste und darüber eine doppelreihige schwarze Jacke, als wäre es ein kalter Tag. Eine Waffe konnte Jiminez Spinola nicht an ihm entdecken.
„Welche Ehre“, sagte Don Carlos und mühte sich um ein Lächeln. „Entschuldigen Sie den Peon, Señor Spinola. Er wird Sie nicht gekannt und für einen Fremden gehalten haben.“
„Er kannte mich sehr wohl,