9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006. Alfred Bekker
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„Aber wir sollen zur Hazienda reiten“, sagte der andere.
„Das werdet ihr auch tun. Ich reite allein!“ Ramirez schwang sich in den Sattel und ritt quer durch den Wald nach Süden.
17
Jiminez Spinola schaute nicht nach rechts und links. Als würde er verfolgt, so sprengte er auf der Piste dahin.
Hinter ihm blieb das letzte Waldstück zurück. Weit und breit war das Gelände vor den Hügeln.
Spinola sah den Mann im Westen vor den Bergen nicht, der zwischen Saguarokakteen auftauchte und sein Gewehr anschlug. Aber er hörte dafür den fernen Knall eines Schusses und spürte einen Schlag gegen den Körper. Seine Hände griffen in die Mähne des dahingaloppierenden Pferdes. Noch vermochte er sich daran festzuhalten. Da das Pferd aber nicht auslief, rutschte Jiminez Spinola im Sattel, verlor den Halt und stürzte zu Boden.
Das Pferd wieherte. Staub hüllte den Mann ein, der um seine Achse gerollt wurde und am Rande der Fahrstraße liegenblieb.
Das Pferd entfernte sich.
Im Westen stieg Pulverrauch über den Kakteen auf und verwehte wieder. Mario Ramirez verschwand hinter den Saguaros, stieg auf sein Pferd und ritt zufrieden mit sich und der Welt davon.
18
Die Freunde waren dem Fluss gefolgt, der einen Bogen nach Westen beschrieb und sie aus der Richtung brachte. Sie hielten jedoch noch immer vergebens nach einer Furt Ausschau.
Als der Schuss in der Ferne gefallen war, hatten sie kurz angehalten, waren dann jedoch in dem Glauben weitergeritten, sich geirrt zu haben. Eine Hütte mit einem kleinen Korral davor und zwei Maisfeldern dahinter am Fluss tauchte vor ihnen auf.
Eine Mexikanerin mit einem Gewehr in der Hand trat aus der Hütte. Ein kleines Kind, das ihr folgen wollte, schob sie zurück.
Die Freunde zügelten die Pferde, als sie die abweisende Miene der Frau und ihre drohende Haltung gewahrten. Das Gewehr war auf sie gerichtet.
„Entschuldigen Sie, wir wollen nur eine Auskunft“, sagte Carringo. „Wir suchen nach einem Japaner, der mit einem Kind zu Pferd unterwegs nach Südosten sein müsste. Kam ein solcher Mann vielleicht hier vorbei?“
„Hier war niemand“, sagte die Stimme eines Mannes schräg links hinter den Freunden.
Sie schauten hinüber und sahen den Campesino aus dem Maisfeld treten. Er trug einen Colt in der Hand, der wie das Gewehr der Frau auf die Reiter deutete.
„Sonst noch etwas?“, fragte der Mann.
„Nein.“
„Dann verschwindet. Wir wollen mit Fremden hier nichts zu tun haben. Wir haben genug eigene Sorgen.“
„Die reden offenbar auch von Don. Carlos und seinem Krieg gegen den Rancho“, sagte Chaco leise.
„Entschuldigen Sie.“ Carringo tippte an seinen Hut. „Wo finden wir eine Furt durch den Rio Verde?“
„Eine Meile weiter flussauf.“
„Danke.“ Carringo zog den Hengst herum und ritt an dem kleinen Korral vorbei.
Chaco kam an seine Seite. Schweigend entfernten sie sich von dem Anwesen und folgten dem Fluss in umgekehrter Richtung, als die Strömung lief.
Buschwerk tauchte vor ihnen auf und flankierte den Rio Verde auf den beiden Seiten.
„Hier haben alle Angst“, sagte Chaco nach geraumer Zeit. „Dieser Don Carlos wirft einen gewaltigen Schatten. Eigentlich würde ich den zu gern einmal kennenlernen.“
„Wir reiten weiter und suchen Marido“, sagte Carringo. Und um seine Worte zu unterstreichen, trieb er Fox zu einer schnelleren Gangart an.
Die Büsche blieben zurück. Dort, wo der Rio Verde breiter wurde, war deutlich der Sandstreifen zu sehen, der sich über den Grund zog und die Furt bildete. Und dort stand ein gesatteltes Pferd am Wasser und soff.
Carringo und Chaco hielten an und schauten sich um. Das Land war so karg, dass sie einen Mann hätten sehen müssen, wäre einer in der Nähe gewesen.
„Nichts“, sagte Chaco.
„Erinnerst du dich an den fernen Knall, der wie ein Schuss klang?“, fragte Carringo.
„Und ob ich mich daran erinnere!“
Sie schauten sich immer noch suchend um.
Das Pferd hatte den Kopf gehoben und schnaubte.
Die Freunde ritten weiter zur Furt hinunter. Chaco spähte dabei in nördlicher Richtung auf die Piste, die sich zwischen den Hügeln vor dem Wald in der Ferne verlor. Staub stand über der Straße. Ihn schienen die Pferdehufe aufgewirbelt zu haben.
„Es kam von dort.“ Chaco streckte den Arm nach Norden aus. „Und aus dieser Richtung hörten wir auch den Knall.“
„Und dieser Jiminez Spinola ritt auf dem Gaul dort, als er seinen Bruder Adolpho in dem versteckten Bergtal besuchte und uns quasi aus dem Loch befreite.“
„So ist es“, stimmte Chaco zu. „Dann liegt er jetzt vermutlich nördlich von hier. Bleibt nur die Frage offen, ob es noch Sinn hat, nach ihm zu suchen.“
„Das werden wir sehen, wenn wir ihn finden.“ Carringo ritt zu dem Pferd hinunter, nahm es am Zügel und folgte der Piste nach Norden.
„Jetzt reiten wir in den ganzen Schlamassel erst richtig hinein“, murmelte Chaco.
„Wollen wir ihn einfach seinem Schicksal überlassen, falls er noch am Leben ist?“
„Natürlich nicht. Aber falls er bereits jenseits des Jordan ist, sollten wir so schnell wie möglich verschwinden!“
Jiminez Spinola war noch im Diesseits. Als die Schatten der Reiter und Pferde auf ihn fielen, wälzte er sich stöhnend von der einen Seite auf die andere. Dabei sahen die Freunde den großen Blutfleck auf seinem Hemd.
Der Verletzte öffnete die Augen nicht.
Carringo saß ab. Chaco hielt die Zügel der Pferde. Carringo untersuchte den Liegenden rasch, während Chaco die Decke vom Sattel schnallte und dem Freund zuwarf, damit der sie dem Stöhnenden unter den Kopf schieben konnte.
Carringo schaute sich um. Überall Sand, spärliches Gras und trostlose Hitze. „Hier können wir nichts für ihn tun.“
„Es dürfte zu seinem Rancho nicht mehr weit sein“, erwiderte Chaco. „Sie sprachen davon, dass er in den Hügeln am Fuße der Sierra liegt. Das muss hinter der Furt sein.“
„Jetzt stecken wir wirklich schon fast bis zum Hals in der Geschichte.“ Chaco saß ab und kauerte sich an den Boden. „Liegenlassen können wir ihn nicht, denn dann