Fritz Gezeiten des Lebens-Ebbe,Flut und Sturmfluten. Ernst-Otto Constantin

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Fritz Gezeiten des Lebens-Ebbe,Flut und Sturmfluten - Ernst-Otto Constantin

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orderte weitere 70 Postkarten und kaufte das entsprechende Porto. Wieder war alles in kurzer Zeit verkauft. Fritz leistete sich sein erstes Bier und eine Zigarre. Er kam sich wie ein König vor. Aber sonst blieb er bescheiden. Trotzdem, etwas stolz war er schon. Endlich mal Erfolg!

      14 Tage vor Ende der Ausbildung auf dem Schulschiff Deutschland bewarb er sich bei der Deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaft (DDG) „Hansa“ in Bremen. Die nahmen ihn auch. Sein erstes Schiff war die MS Lichtenstein. Gleich nach dem Ende der Vorausbildung konnte er in Bremen anmustern. Ihm standen 12 Monate als Moses (Schiffsjunge) bevor, 12 Monate Jungmann, 12 Monate Leichtmatrose und dann endlich die Matrosenprüfung.

      3 Tampen = Leinen-Ende

      4 Schäkel = Mit Bolzen verschließbarer, U-förmiger Haken zum Verbinden von Ketten, Seilen und Tauen

      5 Wanten = Taue zur seitlichen Abstützung der Masten eines Segelschiffs

      6 Coffeynagel = Belegnagel: ein durch ein Brett gesteckter Holz- oder Metallstift, an dem Leinen befestigt (belegt) werden.

      7 Gei = Flaschenzug zum Stellen („Aufgeien“) der Ladebäume

      8 Preventer = Starker Draht von der Ladebaumnock zu einer Klampe an Deck niederführend, um den Ladebaum in einer Stellung zu fixieren.

      9 Backschaft = Arbeiten in der Messe, Abwasch; zum Teil auch Küchendienst.

      10 Backen und Banken = Den Tisch (die Back) zum Essen decken, das Auftragen der Speisen, die Einnahme der Mahlzeit, das Abdecken des Tisches und die Reinigung des Essgeschirrs.

      11 Die Balkonen ähnelnden Nocken sind der offene Teil der Brücke zu beiden Seiten.

       Fritz fährt zur See

      Die MS Lichtenstein war brandneu. Sie machte erst ihre zweite Reise. Es ging in den Persischen Golf, unter anderem mit all den Geschenken, die der Schah von Persien und seine Frau Soraya bei ihrem Deutschlandbesuch erhalten hatten. Die Lichtenstein war ein ganz neuartiges Schwergutschiff. Sie konnte mit eigenem Ladegeschirr 150 t heben. Zwei große Lokomotiven und Güterwagons wurden mit unendlich viel anderem sperrigen Stückgut an Deck genommen.

      Fritz musste zuvor zum Seemannsamt, um in die Musterrolle und ins Seefahrtbuch eingetragen zu werden. Die Gesundheitskarte hatte er schon. Ohne sie keine Anmusterung.

      Mit allem ausgerüstet kaufte er sich einen Seesack und entsorgte seinen Koffer. Fritz sollte sich beim Bootsmann melden. Mit Herzklopfen stieg er mit seinem Zampel (Seesack) über eine lange Gangway an Bord. Einige finster aussehende Matrosen begegneten ihm, bis er endlich den Bootsmann fand.

      „So, du bist der neue Moses. Komm, ich zeig dir deine Kammer.“

      Auf dem Weg dahin fragte er: „Hauptschule oder Abitur?“

      „Hauptschule.“

      „Dann kriegst du die Unterkoje in einer Zweimannskammer, dann Koje bauen und Arbeitszeug an takeln.“

      Er zeigte Fritz die Mannschaftsmesse, in der er eine Woche lang „auf- und abbacken“12 müsse. Jeden Tag die Waschhäuser putzen samt Toiletten, die Mannschaftsmesse und den Betriebsgang sauber halten. Inzwischen war der zweite Moses eingetroffen. Er kam von einer anderen Schiffsjungenschule. Er musste sich für die Decksarbeit klar machen. Der Bootsmann stellte die beiden Neuen abends in der Messe der übrigen Decksbesatzung vor, die das schweigend zur Kenntnis nahm. Jedenfalls war das alles keine sonderlich freundliche Begrüßung. Schlussendlich ging er noch mit den beiden zum ersten Offizier. Der nahm die Jungen schweigend zur Kenntnis. Irgendwie hatte Fritz sich das alles anders vorgestellt. Sein Reich war für eine Woche die Pantry13, die zwischen Kombüse14 und Messe15 lag.

      Zum Abendbrot war schon Aufbacken, Bedienen, Abbacken, Geschirrspülen, Pantry und Messe sau- bermachen angesagt. Jede Menge Kakerlaken gab es auch. Die Biester waren blitzschnell und verschwanden in unerreichbaren Ritzen, Ecken oder an anderen unzugänglichen Stellen. So wurde er mit mäßigem Erfolg zum Kakerlaken-Jäger. Er hatte nicht den Eindruck, dass die Viecher sich reduzieren ließen.

      Schließlich hieß es: „Klar vorne und achtern.“ Lotse und Schlepper kamen. Gangway an Bord, Leinen los, und los ging es weserabwärts.

      Sein Kollege Johnny wurde vorne, also am Bug, eingeteilt. Das sei auch sein zukünftiger Platz beim Ein- und Auslaufen Er bekam die 12/4 Seewache (12: 00 bis 16: 00 Uhr und 00: 00 bis 04: 00 Uhr).

      Auf der Revierfahrt auf der Weser bis Bremerhaven wurde seeklar gemacht. Das hieß Ladebäume zurren, Luken schließen, Trossen und Tampen verstauen und alles, was an Deck herumlag, in die Deckshäuser sauber aufräumen. Die Laschings16 der Deckslast wurden noch einmal geprüft und die Gangway verzurrt. Das sah alles nicht nach leichter Arbeit aus. Die Kammer der Jungen lag offenbar über einem Hilfsdiesel. Das musste dem Lärm nach zu urteilen eine gewaltige Maschine sein.

      Erschöpft, verunsichert und auch etwas verängstigt stieg Fritz in seine Koje und schlief bald ein. Morgens um halb sechs hieß es fortan „Reise, reise“ – aufstehen. Duschen, anziehen und um 6: 00 Uhr Kombüsendienst.

      Ach ja, die Heuer, 50 DM + 20 DM Überstundenpauschale pro Monat brutto bei einer 56-Stundenwoche. Aber es fielen meistens zusätzlich so 90 bis 110 Überstunden im Monat an. Dinge für den täglichen Bedarf konnte man beim Zahlmeister kaufen. Sie, die Schiffsjungen, wurden irgendwie nicht zur Kenntnis genommen, außer die Besatzung wollte irgendetwas von ihnen. Kaffee, Kammern aufräumen oder auch das Ergebnis überreichlichen Biergenusses der Matrosen (deren Kotze) beseitigen. – Übrigens, Bootsmann, Zimmermann, der Storekeeper und der Elektriker waren die sogenannten Unteroffiziere. Sie saßen zu viert an einer Back, von der sie die ganze Messe im Blick hatten.

      Rotterdam und Antwerpen waren die nächsten Ladehäfen. In Antwerpen war Fritz endlich diese eklige Backschaft los und kam nun an Deck. Beim Losmachen hieß es:

      „Moses, runter in die Vorpiek, hol einen Steertblock.“17

      Keine Ahnung, was das ist. Er griff sich einen Block und wuchtete ihn an Deck. Rumms, hatte er den Block im Kreuz.

      „Bist du blöd, einen Steertblock hab ich gesagt.“

      Mit schmerzverzerrter Miene wieder runter, jetzt ein Block mit einem Tampen dran und wieder rauf. „Na, geht doch.“

      Endlich ging die Reise Richtung Persischen Golf durch das Mittelmeer und den Suezkanal los. Schon in der Nordsee beschlich Fritz eine ihm unbekannte Übelkeit, die nicht verschwinden wollte. In der Biskaya kriegte er weiche Knie und kotzte ohne Ende.

      Die Kraft schien ihn zu verlassen. „Reiß dich zusammen.“ Alle machten sich auch noch lustig über sein Elend. Mitleid oder gar die Erlaubnis, die Koje aufzusuchen, kamen nicht in Frage. Fritz hoffte auf irgendein Ende, das sich aber auch nicht einstellen wollte. Endlich Feierabend. Nichts wie rein in die Koje. Nur ganz langsam beruhigte sich sein Magen, aus dem ohnehin schon längst nichts mehr rauskam. Ihm war schwindelig.

      Was wäre bloß passiert, wenn er mit der Backschaft dran gewesen wäre. Wenigstens das blieb ihm erspart. Wäre er doch nur zu Hause geblieben. Er wäre für sein Leben gerne wieder zur Schule gegangen. Hier ging er mal wieder durch die Hölle. Die Plage der Seekrankheit verschwand ganz langsam nach 3 Tagen.

      Johnny war wohl besser dran. Blass war er schon.

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