7 Wichita Western Oktober 2019 - Wildwest Sammelband 7008: Sieben Romane um Cowboys, Killer, Gunfighter. Pete Hackett
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„Ach so", sagt Bill, „ja, ich verstehe."
„Ist vielleicht ganz gut, dass du nun da bist", fährt Bide fort. „Ich habe es immer gesagt: am Ende wartet dann unweigerlich irgendwann und irgendwo ein Strick!"
Die Tür fliegt auf, und Wade wuchtet ein langes Stück Fleisch herein, von dem noch Blut läuft.
„Das andere hab ich in den Schnee geschoben", meint er. „Neal, bewege dich! Bis zum Frühjahr halten wir es nun aus."
Als Bill am nächsten Morgen den Canyon nach Westen in Augenschein nimmt, weiß er, dass Bide recht hat. Der Weg ist versperrt. Er ist mit den anderen hier in der kleinen Hütte festgenagelt. Er hat sich den Stern ans Hemd gesteckt, weil er sieht, dass eine ihm selbst unbegreifliche Macht davon ausströmt und die drei stellungslosen Cowboys irgendwie bändigt.
*
Tage und Wochen vergehen. Seine Wolfsfelljacke hat er zusammengerollt und benutzt sie als Kopfkissen. Einmal, als die anderen unterwegs sind, um Holz zu suchen, schlitzt er die Jacke auf und schiebt das Geld ins Futter.
Die Tage werden wieder länger. Doch die schneidende Kälte hält an.
Bill fragt sich, ob von der Spur des Banditen noch etwas übrig sein kann, wenn er nach Hassel Junction kommt. Immer erwartungsvoller blickt er auf die Hohlwege, die ins Tal führen.
Endlich, es muss schon Mitte März sein, windet sich ein Rinnsal unter dem Schnee ins Tal. Zwei Tage später ist daraus ein breiter Bach geworden, dessen donnerndes Getöse die Hütte erfüllt. Die Sonne steht am blankgefegten Himmel. Es ist warm draußen.
„Wenn das Wetter anhält, ist der Canyon in drei Wochen frei", sagt Wade.
„Wird auch Zeit", brummt Bide. „Bei deinem Hunger müssten wir in vier Wochen noch ein Pferd schlachten. Und dann müssen zwei von uns auf einem Gaul nach Tombstone reiten."
Das Wetter hält an. Krachend bricht manchmal draußen das Eis. Die von den Bergen rauschenden Bäche füllen die Hohlwege aus und haben das halbe Tal in einen gurgelnden See verwandelt. Treibholz und tote Tiere schwimmen im Wasser, das sich einen Weg weiter in die Tiefe sucht.
Zwei Wochen später werden die reißenden Bäche niedriger. Das Wasser sieht nun schmutzig-braun aus. Geröllbrocken versperren die Wege.
Nach abermals zehn Tagen ist der Canyon frei. Die Männer schnüren ihre kargen Bündel. Zwei Tage reiten sie zusammen nach Westen. Dann hält Bide an einer Weggabelung an.
„Wir müssen nun weiter nach Süden", sagt er und hält Bill die Hand hin. „Und vielen Dank noch, Jackson. Verdammt, es war ein harter Winter. Und vielleicht würden wir nun doch nach einer Bank suchen, wenn du nicht gekommen, wärst."
Bill gibt allen die Hand und lächelt ihnen zu. Er weiß, dass diese Männer hart und gut sind. Aber die Ungerechtigkeit in diesem wilden Land, die die reichen Männer immer reicher gemacht hat und die armen immer ärmer, die kann ihnen irgendwann den Gedanken an die Bank zurückbringen. Vielleicht im nächsten Winter, wenn sie unten in Tombstone in Arizona Pech haben sollten:
Er wartet, bis sie hinter einer Biegung verschwunden sind und der klappernde Hufschlag ihrer Pferde verklingt. Dann tastet er nach dem Geld im Futterstoff der Wolfsfelljacke. Es knistert noch an seinem Platz.
Bill Jackson reitet weiter. Er hat ungefähr drei Monate verloren. Drei karge, harte Monate,. in denen die zwanzigtausend Dollar der Eisenbahn zerronnen sein können.
Hat es überhaupt noch Sinn, dieser Fährte zu folgen? Hassel Junction und der Vorname eines Mannes, den vielleicht viele tragen können, sind alles, was er weiß.
Und doch reitet er immer weiter, bis sich eines Tages die Berge vor ihm lichten, und bis er in einer langen Senke, mit Hügeln und Gras dahinter eine Stadt sehen kann. Eine kleine Stadt aus Kistenholzhäusern. Vielleicht sind es gerade zwei Dutzend Häuser. Er kommt an einer Farm vorbei, sieht einen krummen Mann, eine verarbeitet aussehende Frau und drei halbwüchsige Kinder, die von den Bergen geschwemmten Schlamm aus einem Kanal schaufeln.
Bill hält an und blickt zu dem Siedler hinüber. Das Haus im Hintergrund sieht schief und ärmlich aus. Er muss daran denken, dass ihm nach dem Überfall und dem brutalen Mord der Gedanke kam, ein armer Mann könnte eine Verzweiflungstat begangen haben. Vielleicht hatte dieser Mann einen auch im Winter gangbaren Weg über die Berge gewusst. Sicher hatte er den sogar gewusst. Und vielleicht war der Mann da drüben ...
Er wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu spinnen, weil er auf die Kinder schauen muss, deren Lebensnerv ihr Vater ist.
Bill greift nach seinem Stern in der Hosentasche und fährt mit der Hand über das blanke Metall. Ein Schaffner ist ermordet worden. Vielleicht auch ein Mann, der eine Frau und Kinder zurückließ, für die jäh alle Hoffnung zerstört wurde.
Er sieht, wie eines der Kinder erschöpft den Spaten sinken lässt und zu ihm herüberschaut. Es ruft etwas. Da richtet sich auch der Mann auf, und die Frau beschattet die Augen mit der flach ausgestreckten Hand.
Bill treibt das Pferd vorwärts. Es ist ganz gleichgültig, ob es dieser Mann war, ein anderer Siedler oder sonst irgend jemand. Er hat von Tetley den Stern genommen und ein Versprechen gegeben. Ein Mann ist ermordet worden. Er wird den Killer stellen und nach Reno oder irgendeine andere Stadt an der Bahnlinie bringen. Am besten nach Cheyenne. Vielleicht ist der dortige County-Sheriff für den Bereich, in dem der Mord geschah, verantwortlich und zuständig.
Der Siedler hat beide Hände auf den Stiel der Hacke gestützt, als Bill vor ihm anhält. Er murmelt einen mürrischen Gruß, den Bill zurückgibt. Er weiß nicht, wie er anfangen soll. Zugleich hofft er, dass dieser Mann anders als Dale heißen möge.
„Suchen Sie Arbeit, Fremder?", fragt die Frau mit tiefer, brüchiger Stimme.
„Ja", gibt Jackson erleichtert zurück.
„Dann müssen Sie zu Hassel weiterreiten", brummt der Siedler. „Er hat eine große Ranch und stellte in den letzten beiden Wochen schon viele Männer ein. Seine Ranch liegt von hier aus hinter der Stadt."
Bill blickt zu den Häusern in der Senke.
„Das ist also Hassel Junction?", fragt er, obwohl er weiß, dass es keine andere Stadt sein kann.
„Ja. Wir würden Ihnen etwas zu essen anbieten. Aber jetzt nach dem Winter ..."
„Ich habe keinen Hunger", unterbricht Bill die Frau freundlich. Er reibt über seine knisternden Bartstoppeln. Wie lange ist es eigentlich her, seit er sich das letzte Mal mit Wades Messer rasierte? Er kommt nicht darauf. Es fällt ilhm auch nichts ein, das er noch anbringen könnte, um den Vornamen des Mannes zu erfahren.
„Sind Sie der einzige Siedler hier in den Hügeln?", erkundigt er sich schließlich wieder an den Mann gewandt.
„Nein. Es gibt noch ein paar. Wenn Sie zu Hassel kommen, wird er Ihnen das alles erzählen. Sie werden dann auch erfahren, dass er nicht unser Freund ist. Das ist überall so gewesen, wohin wir bis jetzt kamen. Nicht wahr, Martha?"
Die Frau nickt.
Sie heißt also Martha. Das nützt ihm gar nichts. Und hier ist der gleiche Kampf wie