Das Labyrinth erwacht. Rainer Wekwerth

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth страница 14

Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth Labyrinth-Trilogie

Скачать книгу

sie unter sein Kinn. Bevor er reagieren konnte, beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Lippen. Zuerst sanft, dann immer fordernder. Er roch Kathys Haar. Es duftete nach Honig. Ihre Lippen und ihre Zunge spielten mit ihm. Dann wurde ihm schlagartig bewusst, was Kathy mit ihm anstellte, und erschrak so heftig, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte.

      »Was machst du da?«, fragte er verwirrt.

      »Sieh es als Belohnung für deinen Mut an, den Baum zu besteigen. Und für alles andere, was du für uns getan hast.«

      Kathys Augen ließen keinen Moment von ihm ab, sie beäugte ihn wie ein kostbares Insekt, das sie gerade gefangen und mit einer Nadel an den Baumstamm gepinnt hatte. Zorn und Erregung tobten in ihm. Am liebsten hätte er ihr deutlich seine Meinung über ihre unpassenden Verführungsversuche gesagt, gleichzeitig wünschte er sich, sie weiter zu küssen. Ihre Lippen waren weich gewesen. Und warm.

      Da hörte er ein Rascheln. Er blickte nach unten.

      Am Fuß des Baumes stand Jenna, den Kopf in den Nacken gelegt.

      Sie hatte alles gesehen.

      Jeb kletterte als Erster hinunter. Kurz darauf sprang Kathy neben ihm zu Boden. Sie sagte kein Wort zu Jenna, lächelte sie nur hochmütig an, warf die Fackel zurück ins Feuer und kroch dann in ihren Schlafsack. Jenna sah ihr nach, ohne eine Miene zu verziehen.

      »Kannst du nicht schlafen?«, fragte Jeb. Seine Lippen brannten noch von Kathys Kuss und er spürte, wie seine Wangen glühten. Innerlich verfluchte er Kathy.

      »Hast du ihn gesehen?«, fragte Jenna. Sie ließ sich nichts anmerken.

      »Ja«, antwortete Jeb.

      »Und du bist dir sicher, dass es der Stern ist?«

      »Es ist der einzige am Himmel.«

      »Der einzige? Wie kann das sein? Wieso stehen keine anderen Sterne am Himmel, wie sonst auch? All die Sterne… Heißt das, dass dann womöglich alles stimmt, was auf deinem Zettel steht?«

      »Vielleicht wird ja alles gut«, meinte Jeb schwach.

      »Jeb, nichts wird gut, hier läuft irgendetwas ziemlich schief. Wir sind hier gestrandet, haben keinen blassen Schimmer, wer wir sind. Wir sollen gegeneinander um unser Leben kämpfen! Und gejagt werden wir auch noch! – So sollte es nicht sein!«, sagte Jenna und es klang merkwürdig, wie sie es aussprach. Schluchzend kauerte sie am Boden und Jeb setzte sich neben sie, legte schweigend den Arm um ihre Schultern. Jenna flüsterte: »Verstehst du nicht, Jeb? Hier stimmt etwas nicht, so etwas darf einfach nicht wahr sein.«

      Jeb war verwundert über ihren Ausbruch. So hatte er sie nicht eingeschätzt, Mary – ja, aber nicht die so gefasst wirkende Jenna. »Sieh mich an, Jenna. Wir werden zusammenhalten. Ja, es sieht vielleicht nicht gut aus und es ist besser, wir stellen uns aufs Schlimmste ein, als schon jetzt zu verzweifeln.«

      Jenna schluckte merklich. Sie hob den Blick und sah ihm in die Augen. »Ich vertraue dir, Jeb, wir werden zusammenhalten.«

      »Wir gehen im Morgengrauen los.«

      »Dann solltest du dich auch noch ein wenig ausruhen.«

      Er nickte. »Du auch. Ich glaube, wir brauchen keine Wachablösung, es ist so ruhig. Die anderen sollen lieber schlafen.«

      Jenna ging zu ihrem Schlafsack hinüber, wickelte sich darin ein und drehte sich zum Feuer.

      Jeb aber fand keinen Schlaf. Noch immer spürte er Kathys Kuss auf seinen Lippen, glaubte, den Honigduft ihrer Haare zu riechen. Immer wieder dachte er auch an Jenna, an ihren Ausbruch. Sie wusste also auch, dass ein einziger Stern am Himmel etwas zu bedeuten hatte. Dass hier etwas nicht stimmte. Und doch drängte sich erneut Kathy in seine Gedanken. Mit jeder Minute, die er nicht einschlafen konnte, wuchs sein Zorn auf das rothaarige Mädchen.

      Verdammt, sie hätte ihn nicht küssen dürfen.

      Und er hätte diesen Kuss nicht genießen dürfen.

      Mit diesen Gedanken schlief er schließlich ein und sah nicht, wie sich León geräuschlos erhob.

      León hatte nicht verfolgen können, was auf dem Baum geschehen war. Er hatte sich schlafend gestellt, aber Kathys und Jennas Reaktionen reichten ihm. Wie ein Trottel hatte Jeb zwischen den beiden Mädchen gestanden und das bedeutete, etwas war geschehen.

      Danach hatte er angestrengt die Unterhaltung zwischen Jenna und Jeb belauscht. Es gab diesen beschissenen Stern also wirklich. Er hatte es nicht glauben wollen, aber was änderte das schon. Das Leben war ein Kampf. Er wusste, so war es schon immer gewesen, nur der Schauplatz und die Gegner hatten sich geändert.

      Er grinste siegessicher.

      Verdammt, er würde überleben. Er hatte das einzige Messer der Gruppe und würde es nicht hergeben. Sollten diese Idioten doch sehen, wie sie zurechtkamen. Er blickte in die schlafende Runde.

      Ich könnte mich allein durchschlagen, aber noch brauche ich euch. Wer weiß, was auf uns zukommt, und vielleicht muss man jemanden für die Jäger opfern, um die Tore zu erreichen. Dafür seid ihr hier.

      León bewegte sich wie eine Katze durch die Dunkelheit. Er hatte ein Messer, aber zum Überleben würde er auch Feuer brauchen. Jeb zu bestehlen, wagte er nicht, aber bei Mary sollte das kein Problem sein. Wie ein Schatten glitt er heran. Ohne ein Geräusch zu verursachen, zog er ihren Rucksack zu sich. Doch plötzlich spürte er etwas in seinem Rücken. Langsam wandte er den Kopf.

      Mischa.

      Er lag mit geöffneten Augen in seinem Schlafsack und blickte unverwandt zu ihm herüber. León konnte sein Gesicht kaum ausmachen, aber er war sich sicher, dass Mischa ahnte, was er vorhatte. Langsam ließ er Marys Rucksack sinken und schob ihn wieder neben das schlafende Mädchen.

      Dann erhob er sich geräuschlos und schlich zu seinem Nachtlager zurück. Mischas Blick verfolgte ihn noch immer, als er hineinkroch und die Augen schloss.

      11.

      Tian erwachte als Erster. Graues Morgenlicht schimmerte durch das Blätterdach der Bäume. Ein kühler Nebel war während der Nacht aufgezogen und hing über dem feuchten Boden. Tian blickte zum Feuer. Es war abgebrannt und erloschen. Nicht einmal mehr Glut war darin zu entdecken. Sie würden also aufbrechen, ohne sich davor aufwärmen zu können.

      Er streckte die steifen Glieder und beobachtete, wie die anderen sich müde erhoben, mit den Händen durch die Haare fuhren und sich den Schlaf aus den Augen rieben. Jeb sah übernächtigt aus. Kein Wunder, hatte er doch die halbe Nacht Wache geschoben. Kathy hingegen wirkte frisch und energiegeladen. Ihre roten Haare fielen auf ihre schmalen Schultern herab. In einer sinnlichen Bewegung fuhr sie mit der Hand durchs Haar und ließ sie wieder fallen. Kathy schien einfach nicht hierher zu gehören.

      Wie jemand, der sich auf eine Party vorbereitet und jeden Augenblick von seinem Date abgeholt wird.

      Mary hingegen war nur ein blasser Schatten. Tian hatte das Gefühl, durch sie hindurchschauen zu können, so wenig Präsenz zeigte sie. Ihr makelloses Gesicht, die schwarzen Haare und die vollen roten Lippen. Sie war schön. Aber durch ihre Blässe verschwamm sie fast mit dem Nebel.

      Jenna stand etwas abseits bei Mischa und unterhielt sich leise mit ihm. León war nirgends zu sehen.

      Plötzlich

Скачать книгу