Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland
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„Psst. Das sagt Annika auch. Ich lebe in permanenter Verteidigungsposition und in Erklärungszwang. Eine schwarze Französin aus dem Senegal habe sie sozusagen als Studentensünde zu den Akten genommen, aber dass die mir nun eine blonde Saarländerin als Platzhalterin oder so ähnlich schicken, gehe eigentlich zu weit.“
„Armer Mann.“
„Hat BB was mit dem Mord zu tun?“
„Sie hat das Opfer gekannt und mit ihm kochen geübt. Von Artischocken-Dips über Curry, Chutney und gefüllte Avocados bis zu ordinären Bratkartoffeln mit Zwiebeln und Speck.
„Alles will gelernt sein.“
„So hat sie es mir auch begründet.“
„Ich sagte doch, eine so hübsche wie lernfähige und intelligente Frau. Und auch sexy, was ich gar nicht leugne.“
„Grüß Annika von mir.“
„Mach ich, danke. Und wenn du was Neues von oder über BB erfährst, lass es mich bitte wissen.“
„Versprochen. Und noch ein schönes Wochenende für euch.“
Drittes Kapitel
Am nächsten Montag gab es große Aufregung bei der Tellheimer Tafel. Der Parkplatz hinter Cori und der LHB-Bankfiliale Bühler Markt war abgesperrt; die Polizei ließ sie nicht durch. Erst der Geschäftsführer des Supermarkts konnte es ihnen erklären: „Übers Wochenende hat jemand beide Tresore der Bank leer geräumt. Die Kripo sucht immer noch nach Spuren.“
Onko entschied, zuerst ihre anderen „Lieferanten“ zu besuchen. Vielleicht waren gegen Mittag der Parkplatz und damit der Platz an der Cori-Rampe wieder freigegeben.
Lene Schelm hatte nach der montäglichen Wochenbeginn-Konferenz der Referatsleiter Dr. Xaver Rupp besucht. Ihr Rechtsmediziner hatten sich Pekos Leiche schon vorgenommen. „Sie werden es nicht glauben, nach wie vor erschossen, Lungensteckschuss. Projektil zur KT unterwegs.“
„Todeszeit unverändert?“
„Ja. Schätzungsweise am Freitagabend gegen zweiundzwanzig Uhr.“
„Sofortiger Exitus?“
„Nein, er hat etwas gebraucht, um innerlich zu verbluten. Aber spätesten nach zwanzig Minuten war er mausetot.“
„Und die Waffe?“ Lene verstand sich nicht sehr gut mit Dr. Xaver Rupp und beschränkte deswegen selbst ihre Fragen auf ein unerlässliches Mindestmaß.
„Normales Kaliber, denke ich …“
Die Spurensicherung hat bis tief in die Nacht in der Wohnung gearbeitet und nichts Wichtiges entdeckt. Laut Nachbarin BB war die Wohnungstür nur angelehnt gewesen. Wollte der Täter/die Täterin, dass die Leiche möglichst früh gefunden wurde? Warum? BB hatte mehrfach bestritten, dass Korn ihr etwas von Feinden, Verfolgern oder Drohungen erzählt hatte und Lene war bereit, ihr das zu glauben.
Zur Wochenbeginn-Konferenz der Referatsleiter war Oberkommissar Tom Bürger vom 8. (Einbruch) verspätet erschienen und sagte hastig nach einem strafenden Blick des Vizepräsidenten, der die Konferenz leitete: „Tut mir leid, der Chef musste vor einer Minute raus, wir haben gerade einen ganz dicken Hund hereinbekommen.“
„Und welchen Hund, Kollege?“
„Der Kellertresor der Filiale Bühler Markt der Leininger Handelsbank (LHB) ist gestern oder in der Nacht bis auf den letzten Cent und das letzte Kundenschließfach leergeräumt worden.“
„Hinweise? Spuren?“
„Nach Meldung des Reviers – keine. Auch keine Spuren eines gewaltsamen Aufbruchs. Oder Sprengung. Sieht fast so aus, als hätten die Täter Schlüssel für den Keller gehabt und die PIN-Zahlen der beiden Schließanlagen gekannt. Weil die Schließfachtüren aufgebrochen worden sind, was mächtig Lärm gemacht haben muss, denken wir, der Bruch hat in der Nacht vom Samstag auf Sonntag stattgefunden.“
Im Saal brach ein großes Gesumme aus. Bankeinbrüche waren immer spektakulär und beschäftigten die Spurensicherung und die K-Technik fast einen ganzen Tag lang. Und bald würden sich auch die Versicherungen und die Chefs der LHB einmischen. Unter Umständen noch ärgerlicher: Ab einer bestimmten Schadenshöhe stand zu befürchten, dass eine Sonderkommission eingerichtet würde, für die alle Referate vorübergehend Personal abstellen mussten. Und ausnahmslos alle Referate klagten schon jetzt über Personalmangel und die Urlaubszeit lag erst noch vor ihnen.
Der Vizepräsident spulte das Programm routiniert ab.
„Kollegin Schelm?“
„Am Freitagabend in der Bertoldstraße. Ein auf Rest-Bewährung vorzeitig entlassener Häftling durch einen Schuss in seiner Wohnung getötet … nein, noch kein Hinweis auf Täter oder Motiv. Aber zahlreiche Ansatzpunkte.“
„Brauchen Sie Hilfe?“
„Danke nein, im Moment nicht.“
Die Kurden hatten am Wochenende friedlich demonstriert, die befürchteten Schlägereien mit Erdogan-Anhängern waren ausgeblieben und die Zahl der nachträglichen Anzeigen wegen Diebstahl und sexueller Belästigung hielten sich im Rahmen des Üblichen. Großen Ärger und eine sehr schlechte Presse versprachen eine tote Radfahrerin, erfasst von einem nach rechts abbiegenden Brummi, und ein auf einem Zebrastreifen umgefahrener Behinderter in seinem Rollstuhl. Die schuldigen Fahrer hatten ein verbotenes Autorennen veranstaltet. Viele Bürger würden wieder mal härtere Strafen verlangen, sich aber dagegen aussprechen, zusätzliche Polizisten einzustellen oder den Beamten das Recht zu verleihen, solche Raser auch mit Schüssen zu stoppen. Bei der Bergung des Rollstuhlfahrers waren die Sanitäter von angetrunkenen Raufbolden zuerst beleidigt, dann bespuckt und schließlich tätlich angegriffen worden. Eine Kollegin (S) lag noch im Krankenhaus.
Fabian Lausen hatte sein Büro im Kercherhof und betrachtete seine Besucherin Lene Schelm ausgesprochen beunruhigt.
„Ja, Peter Korn, Peko, kenne ich. Kleiner Fisch, spielt und hat deswegen seinen Betrieb gegen die Wand gefahren, Betrug, Diebstahl, Unterschlagung und Urkundenfälschung – also das „Übliche“, um die Katastrophe noch abzuwenden. Machen große Händler auch so, aber die haben meist die besseren Anwälte oder mehr Vitamin B zur Verfügung.“
Lene lächelte düster. Die Schere zwischen Zynismus und Realismus schloss sich immer mehr, anders als bei den Gehältern.
„Aber gleich Lensen …“
„Ja, mir hat man gesagt, die Nachbarländer hätten ihre Übernahme-Kontingente erfüllt. Was ist mit ihm?“
„Jemand hat ihn am vergangenen Freitagabend in seiner Wohnung in der Bertoldstraße erschossen.“
„Peko? Warum denn das? Der war doch völlig harmlos.“ Lene musterte ihn scharf, Lausen schien ehrlich verblüfft, erstaunt, aber nicht erschüttert. Ob er oft „Kunden“ verlor?
„Herr Lausen, Peko hat einem Nachbarn erzählt, er lebe so bescheiden, weil er noch Schulden abstottern müsse. Stimmt das?“
„Ja, er hatte Schulden nach dem Knast, das ist richtig.