Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland
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Das war neu für Lausen, und das erschütterte ihn nun ehrlich. Lene dachte sich ihren Teil über die Erfolge solcher Bewährungshilfe, leierte Lausen eine alte Schuldenliste und Anschriften der Familie Korn aus dem Kreuz und verzog sich rasch.
Ihre nächste Station war das erste Geschäft, das BB auf ihrer „Besuchsliste“ notiert hatte, und hier wollte ein uniformierter Polizist sie nicht auf den Parkplatz lassen. Lene holte tief Luft, aber bevor sie explodieren konnte, kam ein älterer Polizist, der sie kannte zur Hilfe. „Tut mir leid, Frau Hauptkommissarin, aber der Kollege ist neu auf dem Revier und kennt Sie noch nicht.“
Lene besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Personen und Namen.
„Schon gut, Herr Michels. Was ist denn los?“
„Die Spusi arbeitet immer noch.“
„Die Spusi?“
„Der Kellertresor dieser Bank ist doch übers Wochenende ausgeräumt worden.“
Lene erinnerte sich. Der Supermarkt Cori, den der vorbestrafte Schlosser Peter Korn als Teta-Mitarbeiter oft besucht hatte, lag direkt neben einer ausgeraubten Bank. Zufall? Oder nicht? Schon eigenartig, dass Peko so kurz vor dem Einbruch in die Filiale der LHB getötet worden war? Hatte man da einen lästigen „Tippgeber“ vorsichtshalber beseitigt? Oder sah sie Gespenster?
Der Geschäftsführer von Cori hatte einen aufregenden Tag hinter sich und noch immer nicht organisiert, wo er über Nacht die Tageseinnahmen sicher lagern sollte. An Peko konnte er sich gut erinnern. „Ein sehr netter und hilfsbereiter Kerl, Frau Kommissarin. Wer soll so einen armen Mann ermorden? … Mit dem Einbruch nebenan was zu tun? … Unmöglich, ausgeschlossen, kann ich mir nicht vorstellen? Haben Sie mal mit seiner blonden Freundin gesprochen?“
BB hatte ihn, was er gar nicht leugnete, schwer beeindruckt; und als er registrierte, dass Peko und die Blonde sich noch siezten, hatte das seine Fantasie mächtig beflügelt. Gut verdienender Geschäftsführer in sicherer Position mit Aufstiegschancen, passabel aussehender Junggeselle, keine Alimenteverpflichtungen, bestens beleumdet, mit den Pfunden konnte man doch wuchern? Lene fuhr sehr nachdenklich ins Präsidium zurück. An diese Schiene hatte sie noch keinen Gedanken verschwendet, obwohl sie aus Erfahrung wusste, dass die Haarfarbe echtblond die Fantasie und die Begehrlichkeit bei Männern besonders anfeuerte. Was sie gar nicht verstand und stets konterte: „Die Brünetten halten doch, was die Blondinen bloß versprechen.“ Sie musste Harald und Annika Stierle befragen, ob denen ein potentieller und auf blond fixierter Liebeskranker aus der Uni bekannt war.
Das „Abendgebet“, die alltägliche Referatsbesprechung vor Dienstschluss, brachte nichts Neues in ihrem Mordfall Peko. Tine Dellbusch musste sich morgen darum kümmern, ob die Kontoauszüge tatsächlich bedeuteten, dass Peko seine Schulden zurückgezahlt hatte. Und woher kamen die regelmäßigen Überweisungen auf Pekos Konto ausgerechnet bei der LHB-Filiale Bühler Markt neben Cori.
„Wenn die Bank dir Schwierigkeiten macht, muss Dobbertin ran.“
Tine verzog das Gesicht, sie mochte den Staatsanwalt Frank Dobbertin nicht leiden, weil der versucht haben soll, ihr bei einem Fest in den Ausschnitt zu greifen, was Lene ihr nicht so recht glaubte. Zwar konnte Lene den Staatsanwalt Dobbertin auch nicht ausstehen, hielt ihn aber für ein Weichei, der sich krümmte und verbog, bis sein Rückgrat zu brechen drohte, nur um bei niemandem anzuecken. Auch eine kleine und junge Kommissarin konnte ihm im Zeitalter von „Me too“ viel Ärger bereiten, wenn sie behauptete, er habe sie sexuell belästigt. In einer zynischen gestimmten Minute hatte Lene allerdings auch überlegt, dass ein solcher Griff bei Tine Dellbusch sich eigentlich nicht lohnte. Aber das behielt sie lieber für sich. Manche Männer liebten halt solche knabenhaften Figuren. Vielleicht waren sie zu lange von ihren Müttern gestillt worden.
Viertes Kapitel
Lene hatte sich mit dem Kollegen Tom Bürger vom Achten immer gut verstanden und deswegen zog sie ihn ins Vertrauen. „Wenn ich jetzt mit den möglichen Querverbindungen Peter Korn und der LHB-Filiale Bühler Markt herausrücke, lege ich doch unfreiwillig en masse falsche Spuren.“
Bürger hörte die Glocken läuten: „Okay, fragen Sie, Kollegin.“
Nein, es gab noch keinen Hinweis auf den oder die Täter.
„Ein Einzeltäter ist möglich?“
„Durchaus. Das setzt allerdings voraus, dass der die PIN-Zahlen der beiden Tresortürenschlösser kannte … nein, die kann man nicht durch Ausprobieren herausfinden. Beim vierten Fehlversuch schaltet sich die gesamte Elektronik aus, die Türen sind nicht mehr zu öffnen und Sie müssen den Hersteller anrufen.“
Bürger hatte sich auch in eine schwierige Materie einarbeiten müssen, er nahm sich Zeit, zu erklären und Details aufzuzeichnen, wie mithilfe zweier kleiner, handelsüblicher elektronischer Bausteine eine einbruchsichere Tresortür-Schließanlage entstand. Für Lene, die nicht wusste, was ein Transistor oder ein Relais ist und den Unterschied zwischen Wechsel- und Gleichstrom nicht hätte erklären können, servierte er schwere Kost, wenn auch freundlich, geduldig und keine Spur überheblich.
„Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Kollege, musste der Täter die beiden PIN-Zahlen kennen, weil er sich beim Versuch, sie durch Ausprobieren herauszufinden, selbst ins Knie geschossen hätte.“
„Ja, genau so. Er hätte weder den Geldtresor noch die Tür zu den Schließfächern öffnen können.“
„Und wenn man die PIN-Zahlen ändern möchte?“
„Muss man bei unserem Fall die Tastaturen herausnehmen und dahinter neue Verbindungen löten. Das Herausnehmen der Tastaturen ist aber nur möglich, wenn beide Türflügel geöffnet sind.“
„Da biss sich also die Katze schmerzhaft in den Schwanz.“ Bürger nickte fröhlich: „Richtig, es bleibt dabei, der Täter musste zwei Mal die richtigen Zahlen in der richtigen Reihenfolge eingeben. Hinter einer Tür lacht Bargeld Sie an und hinter der anderen liegen Schließfächer, für die jeder Mieter noch einen separaten Schüssel besitzt. Und diese Fächer sind alle aufgebrochen und geleert. Die Bank weiß natürlich nicht, was sich in den einzelnen Schließfächern befunden hat. Der Mann hat sich Zeit genommen und alle Fächer entweder mit einer Brechstange oder einem Wagenheber aufgebrochen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag gibt es keinen Wächter in dem Gebäude, der Einbrecher konnte sich also ruhig Zeit nehmen und Krach machen.“
„Ist es möglich, dass er das Öffnen der Tresortüren über eine Kamera oder ein Loch, einen Spalt im Beton oder so, mal beobachtet hat?“
„Unwahrscheinlich. Aber Sie wissen ja, der Teufel ist ein Eichhörnchen. So genau weiß man ja nie, wo es sich gerade aufhält und zuschaut.“
„Kannten alle Bankangestellte die Funktionsweise der Tresortüren?“
„Nein. Aber die sind keine Staatsgeheimnisse. Ein Bastler kann sie jederzeit in einem frei verkäuflichen Buch mit elektronischen Schaltungen nachlesen und einen elektronischen Verschluss für seinen Barschrank basteln. Um Ehefrau, Kinder und einen durstigen Schwager fernzuhalten.“
„Ach nee. Verstehe ich Sie richtig? Der wirkliche Schutz besteht nur in der Kenntnis der geheimen PIN-Zahlen und ihrer Reihenfolge bei der Eingabe?“
„So ist es. Fast wie bei einem klassischen Tresor – ohne Zahlenkenntnisse kein Hereinkommen. Schlüssel kann man verlieren und