Ferien Lesefutter Juni 2019 - 5 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland
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Peter Werding lächelte. „Ist ja nicht Weihnachten.“ Er gab sich einen Ruck. „He, was lassen wir denn da für traurige Töne aufkommen?“ Er griff nach ihren Schultern. Sie zuckte wie elektrisiert zusammen. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wunderschöne Augen hast?“
„Nein“, krächzte sie.
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du überhaupt wunderschön bist?“
Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken.
„Ich bin nicht wunderschön.“
„Doch, das bist du“, insistierte Peter. „Und ich muss dir ein Geständnis machen: Ich habe mich in dich verliebt.“ Ehe sie sich’s versah, brannten seine Lippen auf ihrem Mund.
Doch sie wehrte ihn nicht ab. Sie ließ es aber auch nicht bloß geschehen, sondern legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn ebenso leidenschaftlich.
Sie standen auf der Straße, küssten sich vor allen Leuten und nahmen diese überhaupt nicht wahr.
14
Von da an schwebte Claudia auf Wolken. Dana Härtling rief mehrmals an und wollte sich mit ihr verabreden, doch die Freundin hatte keine Zeit für sie. Jede freie Minute gehörte Peter Werding. Sie erzählte der Sportsfreundin von ihrer neuen Liebe, und Dana sagte am Telefon lachend: „He, du hast gesagt, du würdest dir nach dem Fiasko mit Hermann Tengg nie wieder erlauben, so sehr den Kopf zu verlieren. Erinnerst du dich?“
„Natürlich“, gab Claudia Meeles unumwunden zu. „Du hast erwidert, mit siebzehn solle man nicht ‘nie wieder’ sagen. Es könne noch so vieles passieren. Vielleicht würde mir das Schicksal schon morgen einen anderen jungen Mann bescheren, der viel netter ist als Hermann Tengg, der es ehrlich mit dir meint, und dem es niemals einfallen würde, mich zu betrügen. Ich konnte mir das damals nicht vorstellen. Aber genauso ist es gekommen. O Dana, ich habe Peter Werding so wahnsinnig lieb, dass es fast schon wehtut.“
„Und du hast im Augenblick logischerweise keine Zeit für irgendwelche Freundinnen.“
„Du musst das verstehen.“
„Ich verstehe es ja. Ich rufe in ein paar Tagen wieder an. Vielleicht habe ich dann bessere Karten.“
Am Abend dieses Tages nahmen sie eine große Pizza in Peters kleine, gemütliche Wohnung mit und verspeisten sie gemeinsam. Sie tranken dunkelroten Valpolicella dazu und tanzten anschließend nach leisen, einschmeichelnden Schmusesongs. Dass sie irgendwann im Bett landen würden, war Claudia klar, doch sie tat nichts, um es zu verhindern. Im Gegenteil. Sie leistete dieser prickelnden Entwicklung sogar noch eifrig Vorschub.
Peter überstürzte nichts. Er war geduldig, zärtlich und einfühlsam. Und die körperliche Liebe war für Claudia noch nie schöner und erfüllender gewesen. Sehr viel Erfahrung hatte sie in diesen Dingen freilich noch nicht, aber sie gab sich Mühe, und sie enttäuschte Peter, der ihre Unerfahrenheit zu schätzen wusste, nicht.
Mitternacht war vorbei, als sie überglücklich nach Hause kam. Sie schlüpfte aus den Schuhen, sobald sie die Haustür geschlossen hatte, und wollte die Treppe hinaufschleichen.
„Guten Abend.“ Die Stimme des Großvaters kam aus dem dunklen Wohnzimmer, an dessen offener Tür sie gerade vorbeiging. Sie blieb überrascht stehen.
„Großvater. Wieso sitzt du hier unten im Dunkeln?“
„Ich konnte nicht schlafen.“
„Meinetwegen?“ Sie sah seine Silhouette vor dem Fenster. Er saß in seinem Lieblingssessel, hatte seinen Pyjama und seinen Schlafrock an. Seine Füße steckten in den Lederpantoffeln, die sie ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatte.
„Das hat nichts mit dir zu tun“, sagte er. „In meinem Alter kommt das hin und wieder vor.“
„Warum machst du das Licht nicht an?“
„Ich brauche keines.“ Er deutete mit dem Daumen aus dem Fenster. „War das eben Peter Werding?“
„Ja.“ Sie betrat das Wohnzimmer.
„Ist ein netter junger Mann“, befand Ludwig Brauneder, „zuverlässig und tüchtig.“
„Wir lieben uns.“
„Das ging aber schnell.“ Es klang nicht nach einem Vorwurf. „Er ist ja noch nicht lange in der Firma.“
Claudia blieb vor dem Sessel stehen, in dem ihr Großvater saß.
„Du wirst ihm deshalb doch keine Schwierigkeiten machen, oder?“
„Es ist kein Verbrechen, jemanden zu lieben.“ Er war so gütig und verständnisvoll, dass sie ihn innig umarmen und küssen musste.
„Ich kann dir nicht sagen, wie glücklich ich bin, Großvater.“
„Nun, dann wünsche ich mir für dich, dass dieses Glück dir ewig treu bleibt.“
„Wirst du Großmutter erzählen, dass ich so spät heimgekommen bin?“
„Soll es unser kleines Geheimnis bleiben?“ Ludwig Brauneder erhob sich.
„Ich glaube, dass das besser wäre. Sie denkt, ich bin noch immer ein Kind, das früh ins Bett gehört.“
Claudias Großvater lachte leise.
„Es ist gleich halb eins. Das ist früh.“
15
Als Claudia Meeles am Morgen nach dem Zähneputzen ihren Mund ausspülte, war das Wasser, das sie ausspuckte, ziemlich rot. Sie maß dem jedoch keine allzu große Bedeutung bei. Sie nahm sich lediglich vor, beim nächsten Mal nicht so kräftig aufzudrücken, und wenn das nicht helfen sollte, würde sie sich eine Zahnbürste mit Schwingkopf kaufen, denn der übertrug den Druck, den man auf den Stiel ausübte, angeblich nicht auf das Zahnfleisch.
Mehr denn je freute sie sich, ins Büro zu kommen, weil sie da Peter wiedersah. An diesem märchenhaften Morgen lag eine rote Rose auf ihrem Schreibtisch.
Claudia roch mit geschlossenen Augen daran und rief sich selig ins Gedächtnis, wie wunderschön die vergangene Nacht mit Peter gewesen war.
Das Telefon läutete. Sie hob ab.
„Zeitschriftenvertrieb Brauneder. Claudia Meeles. Guten Morgen.“
„Guten Morgen, Liebling.“ Seine Stimme kam warm und zärtlich durch die Leitung.
„Peter.“ Ein verklärtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Wie hast du geschlafen?“
„Fantastisch.“
„Hast du meine Rose gefunden?“
„Ich halte sie in der Hand.“